zu verschlagen

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Re: zu verschlagen

Beitragvon marcus03 » Sa 7. Sep 2019, 07:47

Prudentius hat geschrieben: "Künde mir, Muse, den Mann, der gar viel verschlagen wurde ...!".


polytropos heißt aber nicht "verschlagen werden", sondern "verschlagen sein" und "viel gereist". :?
https://en.wiktionary.org/wiki/%CF%80%C ... E%BF%CF%82
Dass es O. dabei auch an Orte verschlagen hat, ist hier nicht gemeint.

vgl:
https://gutenberg.spiegel.de/buch/odyssee-1822/2
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Re: zu verschlagen

Beitragvon sinemetu » Sa 7. Sep 2019, 07:52

marcus03 hat geschrieben:polytropos heißt aber nicht "verschlagen werden", sondern "verschlagen sein" und "viel gereist". :?

Wolle wir doch mal festhalten: "Verschlagen sein" meint etwas völlig anderes als "wohin verschlagen werden".
https://www.dwds.de/wb/verschlagen#2
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Re: zu verschlagen

Beitragvon marcus03 » Sa 7. Sep 2019, 08:01

sinemetu hat geschrieben:: "Verschlagen sein" meint etwas völlig anderes als "wohin verschlagen werden".

Sehe ich auch so.
Dennoch könnte ein Zusammenhang bestehen:
Wen es oft irgendwohin verschlägt und er sich durchkämpfen muss, wird dadurch verschlagen/listig. :)
Er muss sich ständig etwas einfallen lassen, wie er überlebt.
Was denkt der Furchtfreie darüber? :)
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Re: zu verschlagen

Beitragvon medicus » Sa 7. Sep 2019, 08:18

sinemetu hat geschrieben:3. Es braucht ein "Wohin", eine Ablativ-Ergänzung.

Auf die Frage "Wohin" steht der Akkusativ! :prof2:
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Re: zu verschlagen

Beitragvon sinemetu » Sa 7. Sep 2019, 08:22

marcus03 hat geschrieben:Dennoch könnte ein Zusammenhang bestehen:

Möglich ist es...

marcus03 hat geschrieben:Wen es oft irgendwohin verschlägt und er sich durchkämpfen muss, wird dadurch verschlagen/listig. :)
Er muss sich ständig etwas einfallen lassen, wie er überlebt.

Da Deutschland in den letzten beiden Kriegen auch geschlagen worden ist, ist es verschlagen geworden (siehe Trickser- und Trietzer-Staat) Im Zuge des verlustreichen Rückzuges, bzw. Frontzusammenbruches hat es viele "Flüchtlinge", so Ostpreußen, Pommern, Schlesier, Böhmen, Balkandeutsche, Österreicher anderswohin verschlagen. Das war für alle, die das erdulden mußten, ein echter Schicksalsschlag.

Allerdings sind solche Vertreibungen in der Masse weitgehend erst eine Errungenschaft der allerneusten Moderne. Zwar haben die Imperien früher (Eine Begründung fand sich immer) auch Völkerschaften umgesiedelt, aber die Vertriebenen blieben dann oft beieinander. So ein Phänomen, daß es jeden woandershin verschlägt, ist relativ neu. Noch in den 50-iger Jahre war allerdings der Sterbeort der allermeisten Deutschen keine 50 km von seinem Geburtsort entfernt. Darüber gibts Statistik.

Was die Wendungen angeht. Sie sind beide älter als die jüngste, eben zitierte Vergangenheit. Ich sehe durchaus den von Dir zitierten Zusammenhang, Marcus03, allerdings würde ich, wenn dort eine Übertragung besteht, die Verhältnisse umdrehen, und zwar so: Wenn jemand viel Schläge in der Jugend erhält, wird er verschlagen, und aufgrund seines so ausgebildeten Verhaltens, hält er es dann nicht lange an einem Ort aus. Gab es in Österreich eigentlich auch den Spießrutenlauf?

Andererseits, daß es jemanden wohin verschlägt, wohin er gar nicht beabsichtigte zu reisen, daß ist ursprünglich wohl doch eher ein Phänomen der mobilen Branche, der Seefahrt und deshalb halte ich ein klassisches Vorbild in L. o. G. nicht für ausgeschlossen. Es bleiben für diese Trope also die Taubezüchterthese und die Seefahrtthese aktuell.

Allgemein möchte ich bemerken, daß eine Trope, um in einer Sprache heimisch zu werden, entweder einen häufig vorkommenden Sitz im Leben benötigt, oder einen Multiplikator, z. B. die Literatur, um zum geflügelten Wort zu werden. In D. gibt es heute allein 64000 Brieftaubenzüchter, dabei sind die viel häufigeren Freunde der gesottenen Taubenbrust überhaupt nicht mitgezählt. Das es eine Taube woandershin "verschlägt", wird wohl ein täglich mehrfach anzutreffendes "Ver"halten sein.
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Re: zu verschlagen

Beitragvon marcus03 » Sa 7. Sep 2019, 09:49

Eine gute Brieftaube verschlägt es nicht in falsche Taubenschläge, außer sie hat ein Schlag weg oder ist so verschlagen, dass sie im Liebeskummer gezielt=hormongesteuert immer zum lover in fremden Schlägen findet.
Von den Problemen mit dem Erdmagnetfeld wollen wir mal absehen, die in falsche Schläge verschlagen können.

PS:
Lieber eine gesottene Taubenbrust auf dem Teller als eine ungesottene Brieftaube im falschen Taubenschlag. Denn um diese auf den Teller zu bekommen müsste man wohl lange suchen und bei der Suche könnte es einen an Orte verschlagen, an denen zu verweilen es schlagkräftige Argumente geben
könnte, statt zu der Taubenschlachtschüssel zurückzukehren, nicht nur weil sie längst kalt geworden ist, wobei kalte Taube immer noch besser schmeckt als kalter Kaffee mit oder ohne Schlagobers. ;-)

Tauben haben ihren Schlag, der Autor wohl einen solchen weg. :lol:
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Re: zu verschlagen

Beitragvon sinemetu » Sa 7. Sep 2019, 10:01

marcus03 hat geschrieben:Eine gute Brieftaube verschlägt es nicht in falsche Taubenschläge,

Daran sieht man, daß Du noch nie Tauben gehalten hast ...
marcus03 hat geschrieben:....n, dass sie im Liebeskummer gezielt=hormongesteuert immer zum lover in fremden Schlägen findet.

Tauben gelten als monogam...
marcus03 hat geschrieben:Von den Problemen mit dem Erdmagnetfeld wollen wir mal absehen, die in falsche Schläge verschlagen können..

einzeln fliegende Taube, wofern einen Schwarm erblickend, gesellen sich sehr gern dazu und fliegen dann auch mal mit diesem weiter. Es sind Schwarmtiere! Die Qualität einer Brieftaube bemißt sich genau dran, inwieweit sie dieses natürliche Bedürfnis unterdrückt, bzw. unterdrücken kann.
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Re: zu verschlagen

Beitragvon marcus03 » Sa 7. Sep 2019, 10:05

sinemetu hat geschrieben:Daran sieht man, daß Du noch nie Tauben gehalten hast ...

Stimmt.
Ich lerne gern dazu. Danke für die Infos. :)

Der ironische Unterton sollte dennoch hörbar gewesen sein. ;-)
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Re: zu verschlagen

Beitragvon medicus » Sa 7. Sep 2019, 11:38

Aber sind Tauben eigentlich taub? Wo ist das Tertium Comparationis :?
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Re: zu verschlagen

Beitragvon sinemetu » Sa 7. Sep 2019, 11:41

medicus hat geschrieben:Aber sind Tauben eigentlich taub? Wo ist das Tertium Comparationis :?

Darüber handelte ich hier: viewtopic.php?f=11&t=45450
Sie sind nicht akustisch taub, aber sie scheinen dem Betrachter so zu tun...auch sind sie quasi stimmlos, vom Gurren des Täubers abgesehen... davon schloß man wohl auf Taubheit ... übrigens können Sie mit den Flügeln klatschen...

Wir machen die ganze Übung hier, um Phantasie-TC von wirklichen, aus der gelebten Umwelt erkannten, trennen zu können. TC sind konkret!
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Re: zu verschlagen

Beitragvon Prudentius » Sa 7. Sep 2019, 16:25

marcus03 hat geschrieben:polytropos heißt aber nicht "verschlagen werden", sondern "verschlagen sein" und "viel gereist". :?


Ich spreche nicht von polytropos, sondern von planchthe, von plazo.

Er wurde nicht nur viel verschlagen, sondern er war auch verschlagen, hinterlistig, indem er nämlich das hölzerne Pferd erfand.
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Re: zu verschlagen

Beitragvon marcus03 » Sa 7. Sep 2019, 16:50

Prudentius hat geschrieben:ch spreche nicht von polytropos, sondern von planchthe, von plazo.

herumirren ist nicht gleich verschlagen werden.
Letzteres kann Teil von ersterem sein.
Herumirren ist aktives Handeln, verschlagen werden ein Widerfahrnis.
Nicht jeder, den es irgendwohin verschlägt, irrt zwangläufig herum.
Oder sieht das unser Cheflogiker anders? :)
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Re: zu verschlagen

Beitragvon medicus » Sa 7. Sep 2019, 17:45

marcus03 hat geschrieben: Widerfahrnis.

Auf meine alten Tage lerne ich immer noch neue Wörter meiner Muttersprache. :D
Widerfahrnis. Bedeutungen: [1] veraltet, gehoben, sonst fachsprachlich, Psychologie: dasjenige (nicht Beeinflussbare), was (einem, jemandem) widerfährt.
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Re: zu verschlagen

Beitragvon marcus03 » Sa 7. Sep 2019, 18:19

Auch die Auferstehung Jesu von den Toten wird als Widerfahrnis verstanden und ist damit wohl das
spektakulärste In der Weltgeschichte:

" Zunächst geht er von dem aus, was man mit großer Sicherheit weiß. Das ist, wie es Marxsen ausdrückt: „…dass Zeugen ein Sehen des Gekreuzigten widerfuhr“. (d.h. Zeugen behaupten Jesus nach seinem Tod gesehen zu haben.) Welcher Art dieses Widerfahrnis jedoch war, beschreibt er nicht."

http://www.fischer-welt.de/religion/jes ... erweckung/
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Re: zu verschlagen

Beitragvon Prudentius » So 8. Sep 2019, 07:25

marcus03 hat geschrieben:herumirren ist nicht gleich verschlagen werden. ...
Herumirren ist aktives Handeln, verschlagen werden ein Widerfahrnis.
Nicht jeder, den es irgendwohin verschlägt, irrt zwangläufig herum.


Marce, planchthe kommt nicht von planao umherirren, sondern von plazo schlagen, damit verwandt l. plango schlagen!
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