pflegen - pflügen

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pflegen - pflügen

Beitragvon sinemetu » Mo 9. Sep 2019, 08:11

Weiss jemand eigentlich, ob es eine Liste von klassischen Redewendungen gibt, die so in's Deutsche gekommen sind? Ich sprechen jetzt nicht von geflügelten Worten, Proverbien, und anderem Spruchgut, sondern von Wendungen, die man so auch im Deutschen sagte, wie im Latein etwa; agrum colere = Acker pflügen (hinter dem Pflügen verbirgt sich natürlich pflegen = colere)

Und dann noch eine grundlegende Bemerkung zu etymologischen Wörterbüchern. Wenn ein Ableitungsgedanke sich in einem etymologischen WB findet und zitiert wird, ist daß noch lange kein Beweis für dessen ausschließliche Richtigkeit, oder ein Beweis für die Unrichtigkeit eines anderen. Es ist aber auf jeden Fall immer ein Hinweis. Ich hatte es schon einmal betont, wir verkünden hier keine philosophischen Wahrheiten, sondern machen Ableitungen wahrscheinlich. Mehr nicht!
Auf jeden Fall gilt: Wir wollen selber denken, und nicht nur nachdenken, was andere vorgedacht haben. Kritisch sein heißt, auch mal was andres sagen und feststellen, wofern es uns plausibler scheint!

marcus03 hat geschrieben:
sinemetu hat geschrieben: agrum colere = Acker pflügen (hinter dem Pflügen verbirgt sich natürlich pflegen = colere)

Ein etymologischer Zusammenhang besteht hier nicht.
colo, coluī, cultum, ere (aus *quelō, vgl. inquilinus ›Insasse‹, indogerm. Wz. *quel ›sich drehend herumbewegen‹; griech. πέλομαι, ich bin in Bewegung),
(Georges)
vgl:
https://www.heinrich-tischner.de/22-sp/ ... alten1.htm

Ich möchte dazu nur zitieren:
https://www.dwds.de/wb/pflügen
Herkunft ungewiß

https://www.dwds.de/wb/pflegen#2
Die weitere Herkunft .... ist ungeklärt


Ganz unbedarft leite ich pflegen/pflügen aus lat. colere ab. Pflügen ist ein "umdrehen" des Bodens. Man muß es jedes Jahr machen! Wird es nicht gemacht, wächst nach der Ernte die Pionierkräuter und Gras, dann im Herbst koten die Zugvögel die Buschsamen auf das Land und 12 Monat später steht der Holunder, Rotdorn, etc. 1,5 Meter hoch auf dem Land. In 5 Jahren ist es undurchdringliches Buschland, welches gerodet werden muß, um wieder als Acker bezeichnet werden zu können. Das Pflügen ist die Pflege, die der Mensch dem Acker zusammen lassen muß, und zwar unbedingt, sonst hat er keinen Acker mehr. Der Wert des Ackers war früher nicht so sehr, wie heute, der rein spekulative Bodenwert, sondern, die Tatsache, daß es kultivierter, gepflügter Boden war, der nicht gerodet werden mußte. Übrigens war das Agrum colere bzw. Acker pflügen eine der häufigsten Tätigkeiten, mit der die weitesten Kreise der Manneswelt jährlich erhebliche Zeit beschäftigt waren.

Übrigens ein Lautwechsel Guttural zu Labial, wie hier von colere zu pflügen, den gab es zwischen Griechisch und Latein auch, ich erinnere an die Fragewörter. Oder an Kana-an - Punier.

eventuelle verhält es sich sogar so, daß die Germ. Völker den Ackerbau insgesamt erst von den Römern übernommen haben und bis dato als fischende Halbnomaden quasiseßhaft subsistenzwirtschaftlich in Wassernähe kampierten. Wenn sie das Wort ager übernahmen, warum dann nicht colere?
Zuletzt geändert von sinemetu am Mo 9. Sep 2019, 10:53, insgesamt 4-mal geändert.
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Re: pflegen - pflügen

Beitragvon Willimox » Mo 9. Sep 2019, 10:35

Zur grundlegenden furchtlosen Bemerkung zu etymologischen Wörterbüchern und ihrem Stellenwert.

Nun ja, verschiedene Meinungen zu einer wünschenswerten Therapie holt sich der Patient halt doch besser von Ärzten als von Schamanen und dörflichen Geistheilern.
Analogie: Semantische Analysen mögen bei unterschiedlichen Experten unterschiedlich ausfallen. Aber ihre Deutungen sind meist erheblich präziser als die von fröhlich schwadronierenden Kreuz- und Querlesern mit krude Fahrlässigkeit gegenüber Regeln einfacher Art bei der Lektüre von Texten und bei logischen Minimalforderungen.

Ein Beleg für diese Skepsis?
Thrasybulus erinnert sich mit einigem Entsetzen an die Deutung eines religionsfeindlichen Gedichtes des jungen Marx. Ein Morgenstern ist da im Vergleich zum methodischen Instrumentarium des Furchtlosen ein feinstgestimmtes Operationsbesteck.

Reaktionen auf eine solche Kritik?
a) punktuelles Reinlesen und aufgeregt freudiges Losblöken.
b) mythologisch-hymnische Selbsterhöhung durch Einpflegen der eigenen Person in ein Goethegedicht
c)Abqualifizieren des Diskurskontrahenten als eines stasiverwandten, roten Krakenkopfes mit allerlei Saugnäpfen
d) bockstarke Selbststilisierung zum Opfer von Explorations- und Wahrheitsunterdrückern oder scheuklappentragenden Prawdalinguisten
e) weitgehend tölpelhafte Indienstnahme von dwds und Googleviewer
f) voller Stolz darüber, dass seine venti mente capti in einem sprachorientierten Forum ihren Echoraum finden
g) hält weder ein noch inne.
h) Wetten?

Fadenscheinige Grüße an den, der sich für den Heinrich Schliemann lexikographischer Ausgrabungen samt Forschungshypothesen hält
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Re: pflegen - pflügen

Beitragvon sinemetu » Mo 9. Sep 2019, 13:36

Erstaunlich ist, Willibald, - entdeck' es grad,
Mein ich heißt wirklich: "der kühne Rat"!
Nun zwar nicht griechisch, wie du denkst ...

Ob der Name Kurz patronymisch ist, das heisst die genetivische Form zu Kurt - die wiederum Kurzform zu Konrad ist - oder ob es sich um einen Eigenschaftsnamen handelt, lässt sich nachträglich nicht mehr entscheiden. Denn beide Formen sind in eine zusammengeflossen.

Quote: https://www.e-periodica.ch/cntmng?pid=j ... 58:31::316
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Re: pflegen - pflügen

Beitragvon Willimox » Mo 9. Sep 2019, 18:39

Was waffelst du da Wirres, Sinemetubold?
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Re: pflegen - pflügen

Beitragvon sinemetu » Mo 9. Sep 2019, 18:44

Willimox hat geschrieben:Was waffelst du da Wirres, Sinemetubold?


um es Dir zu entwirren:
Sie behalfen sich mit Rufnamen, von denen sich die meisten aus zwei ursprünglich bedeutungsschweren Stämmen zusammensetzten, wie Dietrich aus ahd. diet (Volk) und rîchi (mächtig); oder Adalbert (verkürzt Albert) aus adal (aus edelm Geschlecht) und beraht (glänzen). Diese Zweiggliedrigkeit ist auch in andern indogermanischen Sprachgemeinschaften festzustellen. So entspricht der griechische Name Thrasybulos genau dem deutschen Konrad aus ahd. kuoni (=kühn) und rät (=Rat); Demosthenes bedeutet dasselbe wie Dietrich, und Nikophanes findet
seine deutsche Entsprechung in Sigibert (der Siegprangende).

Quelle: Siehe oben
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Re: pflegen - pflügen

Beitragvon Willimox » Mo 9. Sep 2019, 21:09

Das Gewaffel bleibt weiter beharrlich wirr.

Aber wie auch immer dem sei, als Geschenk und Hommage hier weitere Fundstücke
für den scharfen Deuter
semantisch-etymologischer Befindlichkeiten (graviditas/gravitas und all dieses Brakbekl-Zeugs).

Omega
Brakbekl deutet Wörter fein
Omega anderswo gedeihn.

Madrid
O, Brakbekl, merke dir
Madrid nicht auf den toten Stier.

Riesling
David (der von diesem I. Sittenkomplex)
war ein rechter Fiesling,
sprach zu Goliath: Na, Du Riesling.

Suffix
Weil des Panduren Leber halb zerstört,
hat er mit dem Suffix nun aufgehört.

Märklin
"Firlefanz, Larifari; hax, pax, max, deus adimax; etepetete, holterdipolter, hickhack, zickezacke, pillepalle, kladderadatsch, pipapo, rambazamba, larifari, remmidemmi, ruckizucki, pipifax, heckmeck, schwuppdiwupp, klimbim, wischiwaschi, eiapopeia, papperlapapp, hoc est enim corpus meum ....."

Mensch, Brekli, lauter Homonym'!
Mir scheint, Du bist gar nicht Märklin.

Nichts zu danken!
Θρασύβουλος

p.s.

Und: Lass zur Nikolauszeit die Finger von männlichen oder weiblichen Rentieren. Sie verstehen weder deinen Ernst noch deine Späße.

Ganz im Ernst, lass die Finger von den Tieren, sie haben alles hier gelesen und auch verstanden! Die Führungstiere starten bei deiner Annäherung eine Stampede. Niko ist eingeweiht, er wird sie nicht stoppen.
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