2 dt. Sätze

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2 dt. Sätze

Beitragvon sinemetu » So 29. Dez 2019, 20:24

1. Bringst du mir bitte ein Glas sauberes Wasser?
2. Bringst du mir bitte ein Glas sauberen Wassers?

Beschreibe bitte den Unterschied in grammatischen Termini.
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Re: 2 dt. Sätze

Beitragvon medicus » So 29. Dez 2019, 21:08

sinemetu hat geschrieben:1. Bringst du mir bitte ein Glas sauberes Wasser?
2. Bringst du mir bitte ein Glas sauberen Wassers?

Beschreibe bitte den Unterschied in grammatischen Termini.


Satz 1--> Akkusativobjekt (sauberes Wasser)
Satz 2--> Genitivus partitivus ( sauberen Wassers)
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Re: 2 dt. Sätze

Beitragvon sinemetu » So 29. Dez 2019, 21:13

Kann man bei 2. sagen: Akkusativobjekt mit Genitiv Attribut? Denn Glas ist ja noch Akkusativobjekt.
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Re: 2 dt. Sätze

Beitragvon medicus » So 29. Dez 2019, 21:19

Für solche grammatischen Feinheiten ist der medicus nicht zuständig. :x
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Re: 2 dt. Sätze

Beitragvon Tiberis » Mo 30. Dez 2019, 01:39

sinemetu hat geschrieben:1. Bringst du mir bitte ein Glas sauberes Wasser?2. Bringst du mir bitte ein Glas sauberen Wassers?

ad 1) Wasser = Apposition zu "Glas" (ein Glas Wasser statt einem Glas Wein o.ä.)

ad 2) Wassers = Teilungsgenetiv (ein Glas Wasser als Teilmenge der Gesamtheit "sauberes Wasser")

In beiden Fällen bezeichnet "Glas" nicht den Gegenstand, sondern die Volumeneinheit, vgl. ein Glas Bier (statt "ein Krügerl Bier")
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Re: 2 dt. Sätze

Beitragvon sinemetu » Mo 30. Dez 2019, 11:27

Ja und ist der Teilungsgenitiv nun Teil des Objektes oder nicht?
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Re: 2 dt. Sätze

Beitragvon marcus03 » Mo 30. Dez 2019, 11:41

Ja, "ein Glas sauberen Wassers" ist das Akk.objekt zu bringen.
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Re: 2 dt. Sätze

Beitragvon Prudentius » So 5. Jan 2020, 09:57

Beschreibe bitte den Unterschied in grammatischen Termini.


Ich versuche es mal so: um den Unterschied herauszuarbeiten, muss ich zuerst die Gemeinsamkeit hervorheben; das ist: "erweitertes Akkusativobjekt" oder "Objektsblock".

Der Block besteht aus zwei Substantiven, Glas, Wasser, die verbunden sind.

Um zum Unterschied zu kommen: der Unterschied besteht in unterschiedlichen Bindungen der beiden Substantive des Blocks; bei 1. haben wir Apposition, also Kasuskongruenz, bei 2. Attribut im Gen., also Kasusrektion.

Dass es "Teilungsgenitiv" ist, ist eigentlich nicht direkt gefragt.
Die erste Antwort oben war nicht sehr klar, denn es kam noch eine Nachfrage.

Ob es wirklich Apposition ist, da bin ich nicht ganz sicher.
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Re: 2 dt. Sätze

Beitragvon ille ego qui » Mo 6. Jan 2020, 12:50

Tiberis hat geschrieben:ad 1) Wasser = Apposition zu "Glas" (ein Glas Wasser statt einem Glas Wein o.ä.)


Lässt sich eigentlich immer zweifelsfrei klären, welcher Bestandteil eines solchen Ausdrucks die Apposition zum anderen ist? Ist im Satz "Der Konsul Cicero betrat die Rednerbühne" ebenso "Cicero" die Apposition zu "der Konsul"?
Und wie ist es im Lateinischen? Dort würde doch wohl, vermute ich, in einer "appositiven" Verbindung aus "Cicero" und "consul" immer "consul" als Apposition angesehen, oder?
Danke im Voraus!

P.S.: Von der germanistische Linguistik her kann ich sagen, dass wir uns hier in einem Bereich bewegen, der hinsichtlich grammatischer Begrifflichkeit durchaus schon sehr umstritten ist.
Nebenbei: Ein Latinistik(!)dozent lehrte eine Unterscheidung, wonach in "Tiberis amicus / Tiberis, der Freund" eine Apposition, in - lateinisch seltener, aber nicht unmöglich - "amicus Tiberis / der Freund Tiberis" ein Attribut verliege, jeweils ebenso im Deutschen wie im Lateinischen. Woher er diese Benennungsweise hatte, weiß ich nicht; erfunden wird er sie nicht haben.

:-)
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Re: 2 dt. Sätze

Beitragvon Tiberis » Mo 6. Jan 2020, 15:01

ille ego qui hat geschrieben:Und wie ist es im Lateinischen? Dort würde doch wohl, vermute ich, in einer "appositiven" Verbindung aus "Cicero" und "consul" immer "consul" als Apposition angesehen, oder?

so ist es. :) Der Gattungsname (consul) ist die Apposition, die den Eigennamen (Cicero) näher bestimmt. Siehe MBS S.334.
Ein Beispiel: Padus flumen longissimum in mare Adriaticum influit. Der Po - näher bestimmt als "langer Fluss" - mündet in die Adria.
Meist wird ein Eigenname durch eine Apposition näher bestimmt, aber eben nicht immer. So ist z.B. in "ein Stück Brot" "Brot" der Gattungsbegriff und somit die Apposition, die den Begriff "Stück" näher bestimmt.
ille ego qui hat geschrieben: Ein Latinistik(!)dozent lehrte eine Unterscheidung, wonach in "Tiberis amicus / Tiberis, der Freund" eine Apposition, in - lateinisch seltener, aber nicht unmöglich - "amicus Tiberis / der Freund Tiberis" ein Attribut verliege, jeweils ebenso im Deutschen wie im Lateinischen. Woher er diese Benennungsweise hatte, weiß ich nicht; erfunden wird er sie nicht haben.

diese Unterscheidung kann ich nicht nachvollziehen. Ein Attribut läge nur dann vor, wenn man "amicus" als Adjektiv sehen würde, was aber hier wohl nicht gemeint ist.
Bei MBS (a.a.O.) heißt es: "Die Apposition ist die nähere Bestimmung eines Satzteils, die nicht auf ihr Bezugswort angewiesen ist." (im Gegensatz zum Attribut, das sehr wohl auf sein Bezugswort angewiesen ist).
Beispiel: Ich lebe in der Stadt Graz (Stadt = Apposition, Graz= Bezugswort).
(ohne Bezugswort : Ich lebe in der Stadt)
hingegen:
Ich lebe in einer schönen Stadt (schönen= Attribut)
(ohne Bezugswort gibt es keinen Sinn: Ich lebe in einer schönen. - ? )

somit liegt also Apposition vor, egal ob ich sage Christianus amicus oder amicus Christianus :-D , solange amicus als Substantiv verstanden wird.
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Re: 2 dt. Sätze

Beitragvon ille ego qui » Mo 6. Jan 2020, 15:19

so ist es. :)


Und im Deutschen bei "der Konsul Cicero"?
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Re: 2 dt. Sätze

Beitragvon ille ego qui » Mo 6. Jan 2020, 15:23

"ein Glas Wasser"

"Wasser" = Apposition zu "Glas"

Siehst du es im Deutschen bei "viel Wasser" genauso?
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Re: 2 dt. Sätze

Beitragvon ille ego qui » Mo 6. Jan 2020, 15:27

Danke für deine Erklärungen! :-)

somit liegt also Apposition vor, egal ob ich sage Christianus amicus oder amicus Christianus :-D , solange amicus als Substantiv verstanden wird.


Allerdings darf man an der Stelle erwähnen, dass die Grenze zwischen Substantiv und Adjektiv - die antiken Grammatiker nannten ja beides Nomen - fließend ist, vgl. Ausdrücke wie "homo novator" (ich weiß nicht, ob diese Fügung belegt ist, aber Ausdrücke in der Art sind nicht selten). Ich vermute, die Grenze Substantiv-Adjektiv wurde auch etwas weniger stark empfunden als im Deutschen.
Zuletzt geändert von ille ego qui am Mo 6. Jan 2020, 17:35, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: 2 dt. Sätze

Beitragvon marcus03 » Mo 6. Jan 2020, 15:49

ille ego qui hat geschrieben:Ausdrücke wie "homo novator" (ich weiß nicht, ob diese Fügung belegt ist,

Nein.
https://latin.packhum.org/concordance?q=novator
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Re: 2 dt. Sätze

Beitragvon sinemetu » Mo 6. Jan 2020, 16:48

Das ist ein gute Merkrichtlinie von Tiberis, Apposition ist etwas "Dazugestelltes"! Es kann weggenommen werden, und trotzdem bleibt der Satz erhalten.

Bei dem Attribut dagegen nicht. Tribut ist etwas, was jemand jemandem schuldet. Wenn der Schuldner weg (dod) ist, entfällt auch die Schuld, also der Satz macht keinen Sinn mehr, weil der Bezug des Attributes weg ist.

Die Apposition ist ein eigenes Satzglied, das Attribut, ist nur einen Beifügung zu einem Satzglied, gewissermassen eine Satzgliedergänzung. Die Apposition ist höherer Ordnung, das Attribut grammatikalisch niederer Ordnung.
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