Amen

Beiträge zu Themen, die in keine andere Kategorie passen

Moderatoren: Zythophilus, marcus03, Tiberis, ille ego qui, consus, e-latein: Team

Re: Amen

Beitragvon marcus03 » Mo 9. Mär 2020, 15:02

Erlösung wovon? Wovon will das Christentum den Menschen erlösen?
Wie kann durch Leid Erlösung geschehen? Musste Jesus unbedingt am Kreuz sterben?
Das sehen heute viele Theologen anders. Eine langeTradition ist da revisionsbedürftig!
Satisfaktion ist pervers, absurd und undiskutabel geworden. Das Zauberwort heißt heute Solidarisierung
Gottes mit dem Menschen in Jesus Christus. Und auch das lässt noch viele Fragen offen wie die
nach der Grausamkeit der Evolution, dem Leid und dem Sinn der Welt in ihrem Sosein generell.
Der Zufall scheint immer noch die plausibelste Erklärung zu sein. Alles andere ist theologisches
Wunschdenken, der Verzweiflung geschuldet, und voller unbefriedigender Erklärungsmodelle,
die am status rerum z.T. total vorbeigehen oder diesen mit schwammiger Verbalakrobatik ausblenden.
marcus03
Pater patriae
 
Beiträge: 11475
Registriert: Mi 30. Mai 2012, 06:57

Re: Amen

Beitragvon Sapientius » Di 10. Mär 2020, 20:15

marcus03 hat geschrieben:Musste Jesus unbedingt am Kreuz sterben?


Die Frage steht geschichtslos im Raum, so dass sich schwer etwas sagen lässt; sie kam wohl in der kritischen Zeit der Jesusanhänger nach Kreuzigung (und Auferstehung?) Jesu auf, als niemand wusste, ob und wie es weitergehen sollte; die Atmosphäre wird in der Emmaus- und Thomasepisode greifbar, es ist die Paulus-Zeit, es musste auf einmal eine neue Religion aus dem Boden gestampft werden; es war unklar, ob man judaisieren (Petrus) oder hellenisieren (Paulus) sollte. Das Christentum ist eine synkretistische Religion, sagt die Religionsgeschte, also aus mehreren anderen Religionen übernommen. Eine der Quellen ist die Gnosis, die starke Jenseitsbezogenheit und Leibfeindlichkeit.

Marce, du bist ein Religionspessimist, bei dir ist alles grau in grau; man müsste jetzt die leuchtenderen Farben des Christentum hervorheben, "Frohe, frohmachende Botschaft".
Sapientius
Censor
 
Beiträge: 915
Registriert: Mi 8. Jan 2020, 09:00

Re: Amen

Beitragvon marcus03 » Mi 11. Mär 2020, 07:59

Sapientius hat geschrieben: "Frohe, frohmachende Botschaft".

In der Theorie ja, in der Praxis war sie bis weit ins 20.Jhdt. hinein überwiegend eine Drohbotschaft mit verheerenden Folgen -physisch und v.a. psychisch (vgl. z.B. E. Drewermann, Kleriker/ F. Buggle , Denn sie wissen nicht, was die glauben)
Unter ekklesiogenen und anderen religiösen Neurosen leiden auch heute noch viele Menschen.
Religion kann Teufelszeug sein, wenn sie in falsche Hände gerät oder von psychisch gestörten,
inkompetenten Leuten an den Mann/Frau gebracht wird, wie sie in Kirchen oft anzutreffen sind.
Nicht ohne Grund zählen die "Glaubenkrieger" zu den übelsten Kriegern in der Menschheitgeschichte.
Sie haben mitgeholfen, ganze Völker auszurotten im Namen ihres Gottes.
Religion entspringt der Angst (Metus facit deos). Mit diesem Wissen haben raffinierte, von Eigennutz
und Streben nach Privilegien getriebene Menschen unsägliches Leid verursacht.
"An den Früchten werdet ihr sie erkennen". Nach diesen Früchten sucht man weitgehend vergeblich
gerade in den an Bürokratie und Selbstinszenierung erstickenden Kirchen, denen es mehr um sich
selbst zu gehen scheint als um das, wofür sie stehen sollten. Man (zer)redet viel, wenns ans
Eingemachte geht, es passiert wenig. Business as usual. Im Zweifel gilt: Aussitzen und warten, bis
Gras über die Sache gewachsen ist. Hauptsache der cashflow wird nicht unterbrochen. :(
marcus03
Pater patriae
 
Beiträge: 11475
Registriert: Mi 30. Mai 2012, 06:57

Re: Amen

Beitragvon sinemetu » Mi 11. Mär 2020, 08:44

@Marcus03
Gomez Davila schrieb einmal sinngemäß. Die meisten übertragen ihren Streit mit dem Messner auf Gott. Und zwar sage ich das, weil Du ständig bei von mir gestellten konkreten Themen, hier das älteste Amen, auf Gott rekurrierst. Was hat Gott mit dem ältesten Amen zu tun? Man sollte irgendwann seinen Frieden mit Gott machen, sich eine der tausend angebotenen Formen akzeptieren, oder sich selber einen basteln, "un dann lass ma gut sein"! Und man sollte nie selbst fabriziertes Ungemach auf den Alten projizieren ...
Quaestor sum, quaerere quaerique possum ...
sinemetu
Senator
 
Beiträge: 4476
Registriert: Mo 2. Apr 2012, 18:02

Re: Amen

Beitragvon marcus03 » Mi 11. Mär 2020, 10:29

@sinemetu:
Du musst genauer lesen. Es geht nicht um den Alten, sondern um das, was Menschen mit ihm angestellt
haben und immer noch anstellen.
Diese Leute haben das Evangelium pervertiert, instrumentalisiert und die Botschaft Jesu
mit Füßen getreten. Spätestens als aus den Verfolgten Verfolger wurden, ging das Maleur los.
Intoleranz, Macht- und Besitzstreben und Arroganz bestimmen die Kirchengeschichte.
Ob es Gott gibt oder nicht, kann man weder beweisen noch widerlegen. Man kann ihn plausibel oder
unplausibel machen, wobei Letzteres leichter ist.
Im Übrigen wollte ich nur Sapientius antworten, der m.E. Wunsch/Anspruch und Wirklichkeit
verwechselt bzw. nicht klar differenziert.
Gott an sich ist schon ein Problem, das weit größere jedoch sind die, die in seinem Namen auftreten
oder sich auf ihn berufen, um Eigeninteressen und Machtansprüche durchzusetzen und Menschen mit obsoleten, sinnfreien (aber bequemen, monotonen) Riten und theologischen Leerformeln an sich zu binden wohl wissend, dass man im real life damit nicht weiterkommt.

PS:
So richtig scheint nicht einmal der Papst seinem Gott zu vertrauen. Er schützt sich genauso
vor dem Virus ab wie jeder andere auch. Und gleichzeitig soll derselbe Gott per Gebet helfen den Virus
zu besiegen. Gott wird hier genauso wenig eingreifen wie bei der Pest im Mittelalter oder
in Ausschwitz. Die Scheiße müssen wir alleine ausbaden. Beten hat da einen rein psychologischen#
Effekt: Es schützt manchen vor der Verzweiflung, auch der an der Welt an sich, die vor Problemen
steht wie noch noch in der Geschichte des genus humanum.
Nach Corona1 kommt Corona2, das ist so sicher wie das AMEM in der Kirche.
Die von Jesue geforderte METANOIA kann keiner ernsthaft wollen: Sie stellt wie illo tempore
das System, heute v.a. das ökonomische infrage. Sie wäre ein Konjunkturkiller.
Wachstum beruht auf "Immer mehr", nicht auf "was ist wirklich notwendig", denkt erst über seinen
wahren Preis nach, wenn seine negativen Folgen kaum noch beherrschbar sind.
Auch das ist dem Alten, sofern existent, wurscht. Denn gegen Unvernunft kämpfen bekanntlich
Götter respektive der Deus trinus vergeblich. Es gilt: "Ich habe nur euere Hände":

Christus hat keine Hände, nur unsere Hände, um seine Arbeit heute zu tun. Er hat keine Füße, nur unsere Füße, um Menschen auf seinen Weg zu führen. Christus hat keine Lippen, nur unsere Lippen, um Menschen von ihm zu erzählen. Er hat keine Hilfe, nur unsere Hilfe, um Menschen an seine Seite zu bringen. Gebet aus dem 14. Jahrhundert


Sorry für diesen weiteren Exkurs. Doch wir sind in "Sonstige Themen". Hier kann man schon etwas
weiter ausholen, wenns um interessante Fragen geht, zu denen es unterschiedliche Meinungen gibt, die
zu hören ich spannend finde. AMEN. ;-)

PPS:
Gott hat immer was mit AMEN zu tun: Es kommt von aman = sich festmachen in = glauben an Gott.
marcus03
Pater patriae
 
Beiträge: 11475
Registriert: Mi 30. Mai 2012, 06:57

Vorherige

Zurück zu Sonstige Diskussionen



Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 12 Gäste