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Beitragvon sinemetu » So 22. Mär 2020, 11:44

Problem: Sind Anser und Ansa heterorhiz oder nicht?

https://de.dreamstime.com/stockfoto-kan ... ge68819232

Unser Henkel stellt sich zum Verbum Hängen. Das lat. Ansa hat kein Verbum. Es hat aber dasselbe lange initiale A, wie Anser.

Es gibt auch eine Schwanensossiere. Einfach mal das Wort googeln und auf Bilder drücken.

Ich vermute, Henkel hieß auf lateinisch einfach übersetzt "Ganser". Die Funktion des Hängens war noch nicht namensgebend, sondern eher der lange gebogene Hals. Warum aber nicht Schwan. Die Gans war stadtweit präsent (anseres iunonis monetae non fefellerunt), Schwäne als scheue Vögel eher nicht. Der Hals wurde als ringförmiger Griff gesehen und begriffen.

Bei solchen wichtigen Dingen, ist es immer wahrscheinlich, daß die Namen aus der "bekannten" täglichen Umgebung abstrahiert werden, wie etwa der deutsche Name des Werkzeuges Kuhfuss. Nur präsente Sachen wirken auf die Sprache!

Auch der Namen der ägyptischen crux ansata, des Anch weist darauf hin, daß Ansae nicht notwendigerweise paarweise vorhanden sein müssen.

Was meint Ihr dazu?
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Re: Ansa

Beitragvon marcus03 » So 22. Mär 2020, 11:54

Etymology
From Proto-Finnic *ansa (compare Estonian aas), borrowed from Proto-Baltic [Term?] (compare Old Prussian ansis (“hook, latch”), Latvian osa), from Proto-Indo-European *h₂emseh₂ (compare Latin ānsa (“handle”

https://en.wiktionary.org/wiki/ansa#Etymology

ānser, seris, m. (eig. *hanser, altind. hạsa-ḥ, ein Wasservogel, griech. χήν, dor. χάν),

http://www.zeno.org/Georges-1913/A/anse ... D?hl=anser
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Re: Ansa

Beitragvon sinemetu » So 22. Mär 2020, 12:37

Ich muß gestehen, die Frage nach Heterorhizität ist hier nicht korrekt. Die Frage muß lauten, inwieweit haben sich "der Henkel" als Bild und der "Gänsehals" als Bild gegenseitig sprachlich beeinflußt und das dialingual.

Wenn im Deutschen Bett und Beet nur durch eine Vokallänge verschieden, und im Ungarischen Ágy und Ágy nicht mal orthografisch unterschieden wird, kann das heißen, das es die beiden Institutionen (Bett und Beet) schon zu den Zeiten gab, als diese beiden Sprachen noch nicht getrennt waren (Pro-IE + Porto-Ural.), es kann aber auch heißen, daß diese beiden Institutionen sachlich so eng beieinander stehen, daß die einzelnen Sprachen die beiden Worte dafür immer lautlich eng nebeneinanderstellen werden, oder sogar ein Homonym nutzen.

Ich wollte noch auf das lautmalerische des Gänsenamens, übrigens auch des deutschen, hinweisen. Habt ihr mal dieses nasale Ans des Ganters gehört, oder wenn er "hasst", also jemandem mit ausgestrecktem Hals angreift und vertreibt, dann passt da gr. " χήν"

Im Deutschen spricht man nur vom Kannenhals. Paarige Henkel heißen im Ungarischen Ohren. Mann müsste mal vergleichen, welche Sprachen zu was "Hals" und "Ohren" sagen.

Man braucht ein Tool, welches die Worte der einzelnen Sprachen von Henkel nebeneinanderstellt, und dann die jeweiligen Synonyme durchschollt, ob es dort Ohr oder Gans oder Hals findet.

Anfügen möchte ich noch, daß auch der ägyptische Name der Gans 'smn, das ist ein Sibilant + 2 Sonanten, lautet. Das ist nur eine Umstellung ie-Lautfolgen. Auch wenn es seltsam aussieht wegen der hieroglyphenartigen phonetischen Umschrift der Ägyptologen :lol: Man wird das Wort schon haben aussprechen können, und es wird an die Laute der Gans angeklungen haben.
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Re: Ansa

Beitragvon medicus » So 22. Mär 2020, 14:01

sinemetu hat geschrieben:Wenn im Deutschen Bett und Beet nur durch eine Vokallänge verschieden

Da gibt es noch mehr Verwandtschaft:
Beet- ist verwandt mit Französisch betterave, was Rübe oder Beete bedeutet (wie in "Rote Beete").
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Beitragvon sinemetu » So 22. Mär 2020, 14:09

medicus hat geschrieben:
sinemetu hat geschrieben:Wenn im Deutschen Bett und Beet nur durch eine Vokallänge verschieden

Da gibt es noch mehr Verwandtschaft:
Beet- ist verwandt mit Französisch betterave, was Rübe oder Beete bedeutet (wie in "Rote Beete").

Sprechen wir nicht von Verwandtschaft, sondern von Bezogenheit. Rote Beete, wächst auf Beeten. Warum die OrthoGrafen ein zweites e in das Wort gedrückt haben, entzieht sich meiner Kenntnis. Sie wollten doch hoffentlich nicht eine rhiz.. Abhängigkeit konstruieren. In Hering schreibt man auch keine 2 E's, obwohl das E genauso lang ist. Übrigens: la bête, ist das nicht homophon zu unserem Beet?
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Beitragvon Tiberis » Mo 23. Mär 2020, 01:51

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Beitragvon sinemetu » Mo 23. Mär 2020, 08:41

Engl.: handle (Hand)
Ital.: manico (manus)
Russ.: ручка (рука)
Ung.: fogó (Zahn) und fül (fül) - nehmen Zahn bei einem und Ohr bei 2.
Ägyptisch: Drt (D3t, dt) Hand - aber nur ein Beleg!
Altgr.: το ους und η λαβη, also Ohr und Griff, ich tippe auf Αbhängigkeit von λαμβανω
Türk.: kulp und sap - (kulak - Ohr, saplamak - hineinstoßen, sapiklik - Perversität, ev. Stiel (Penis??))
Ivrit: ידית (Hand - יד)
Pol.: Uchwyt (Ucho - Ohr)
Schwed.: handtag - handen
Kin.: 提手 Tí shǒu von 手 shǒu - Hand - Wie schön sich das nachweisen läßt an diesem Rebus-System
Sesotho: Tšoara - Tsebe (Ohr) - Ich kenn die Sprache nicht. - ???
Nl.: Greep - Hand, die Bezogenheit von Greifen und Hand ist deutlich.



Das Körperglieder (Hand und Ohr) zum Bilde, also als TC genommen werden, ist älter und funktionale Bezeichnungen, wie Griff, Henkel, welche immerhin schon für ihre Existenz erhebliches technisches Können voraussetzen. Ich vermute auch im Germ. hinter Hängen assoziativ die Hand. Die Gans findet sich bislang nicht unter den TC-Lieferanten. Das mag - ich habe hier 13 von ca. 6 Tsd Sprachen untersuchte - an der geringen Zahl liegen. Hand und Ohr liegen einfach näher. Vllt hat ital. manuca ja auch einen lat. Vorläufer?
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Beitragvon Medicus domesticus » Mo 23. Mär 2020, 09:10

sinemetu hat geschrieben:Vllt hat ital. manuca ja auch einen lat. Vorläufer?

manubrium -> mlat. manicum -> ital. manico
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Re: Ansa

Beitragvon sinemetu » Mo 23. Mär 2020, 09:22

Medicus domesticus hat geschrieben:
sinemetu hat geschrieben:Vllt hat ital. manuca ja auch einen lat. Vorläufer?

manubrium -> mlat. manicum -> ital. manico

Danke Modomesticus - es wäre auch seltsam, wenn so eine entwickelte Kultur, wie die römische nicht mehrer Begriffe für die Sache hätte.

Der Schritt von manubrium zu manicum ist interessant. Weißt Du Näheres?
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Re: Ansa

Beitragvon Medicus domesticus » Mo 23. Mär 2020, 09:28

Du Change schreibt nur unter Manicum 1. und 2.:

1. MANICUM, Manubrium, Gall. Manche. Papias : "Manubrium, dictum quod manu teneatur, vulgo Manicum dicitur." Vita S. Angeli Carmel. tom. 3. Maii pag. 813 : ...
2. MANICUM, Ansa. Inventar. MS. thes. Sedis Apost. ann. 1295 :
Invenimus unum urceum de auro cum Manico et rostro et coperculo, etc.

http://ducange.enc.sorbonne.fr/mANICUM
siehe auch Manicum 2.
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Re: Ansa

Beitragvon sinemetu » Mo 23. Mär 2020, 09:39

Ist das TC zu manicum en form- oder funktionsTC?

Hier mal antike ohrförmige Henkel:
https://de.m.wiktionary.org/wiki/Datei: ... cat._5.JPG

handförmiger Henkel, (Herendi)
https://www.google.com/imgres?imgurl=ht ... =1&q=Handförmige%20Henkel&client=safari&ved=2ahUKEwiA7sPQjLDoAhXQ0YUKHcJ0B5AQMygEegUIARDaAQ

Ich finde jetzt kein Bild, wo zwei Topfhenkel als Hände dargestellt sind, hab sowas aber schon gesehen. Vielleicht findet Ihr irgendwo so ein Bild, auch wo die Henkel als Gänsehals geformt sind. In Neapel soll es sowas geben: Wo? In Schrank 17: https://books.google.de/books?id=WihXAA ... nkel+als+Gänsehals&source=bl&ots=CJxx5uyMhT&sig=ACfU3U2E3mRMZ83Y_ZzdBnsq3okRje24jA&hl=de&sa=X&ved=2ahUKEwi7mfaxj7DoAhWwQUEAHSyiAlwQ6AEwAnoECAcQAQ#v=onepage&q=Henkel%20als%20Gänsehals&f=false

Sowas in etwa meine ich:
https://www.dhd24.com/azl/index.php?anz_id=66706867
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Re: Ansa

Beitragvon sinemetu » Mo 23. Mär 2020, 11:23

5 ANALYSE DER BILDTHEMEN 5.1 VÖGEL, VOGELKÖPFE UND BARKEN Vögel und die damit verwandten Motive sind während der Endbronze- und Früheisenzeit auf der Apenninhalbinsel das am vielfältigsten verwendete Bildthema. In Frankreich dagegen werden Vögel nur sporadisch ab- oder plastisch ausgebildet. Der geographische Schwerpunkt der folgenden Betrachtungen liegt somit auf den Bildwerken der Apenninhalbinsel.


Warum die Apenninenhalbinsel? Unter anderem, weil bei ansae unser assoziativ präsent ist.

https://docplayer.org/66039509-5-1-voeg ... arken.html
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Re: Ansa

Beitragvon sinemetu » Mo 23. Mär 2020, 11:44

Jetzt hab ich endlich Bilder zu Ansa - Anser gefunden, zwar nicht antik, aber antikisierend, was heißt, daß es antike Vorbilder gibt.

Phantasievogel:
https://www.ebay.de/itm/Franzosische-Va ... SwiI1eal1y

Schwan:
https://www.ebay.de/itm/Porzellan-Ampho ... SwygFeWS3I

Gans:

Ohrentopf: https://www.my-gads.com/1001696

Arsch mit Ohren:
https://www.ebay.de/itm/254511610251
(gehört woanders hin das Bild!)

Gesetz der Bildung lautet: Jede sprachlich gebildete Figur strebt in die technische Verwirklichung.
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