stund

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stund

Beitragvon sinemetu » Do 7. Mai 2020, 12:37

Johann Wolfgang Goethe

Willkommen und Abschied
Es schlug mein Herz. Geschwind, zu Pferde!
Und fort, wild wie ein Held zur Schlacht.
Der Abend wiegte schon die Erde,
Und an den Bergen hing die Nacht.
Schon stund im Nebelkleid die Eiche
Wie ein getürmter Riese da,
Wo Finsternis aus dem Gesträuche
Mit hundert schwarzen Augen sah.

(1775)


Zweifellos ist stand gemeint, also Präteritum von stehen. Können wir jetzt draus schließen, daß zur Goethezeit in Thüringen stund noch die geläufige Präteritum-Form war? Er wird doch nicht altertümlich geschrieben haben? Dann ist die Stunde die Zeit, in der die Sonne da und da steht, wie ich immer interpretiert haben.
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Re: stund

Beitragvon medicus » Do 7. Mai 2020, 12:49

In diesem Verslein Übergang von stund zu stand besonders schön zu sehen ( anno 1544)

http://www3.cpdl.org/wiki/index.php/Ich ... rich_Isaac)

Ich stund an einem Morgen
(gar) heimlich an einem Ort.
Da hätt ich mich verborgen,
ich hört klägliche Wort
von einem Fräulein, war hübsch und fein.
Es stand bei seinem Buhlen,
es muß geschieden sein.
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Re: stund

Beitragvon sinemetu » Do 7. Mai 2020, 12:53

Also mindestens 200 Jahre Parallelformen.
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Re: stund

Beitragvon marcus03 » Do 7. Mai 2020, 13:58

sinemetu hat geschrieben:Dann ist die Stunde die Zeit, in der die Sonne da und da steht, wie ich immer interpretiert haben.

vgl.
Stunde f. ‘Zeitmaß von 60 Minuten, Zeitpunkt’, ahd. stunta ‘Stunde, Zeit, Zeitpunkt’ (8. Jh.), mhd. mnd. stunde, stunt ‘Zeitabschnitt, Zeit(punkt), Gelegenheit’, asächs. stunda ‘Stunde, Zeit, Weile’, mnl. stonde ‘Zeit(punkt)’, nl. stonde ‘Stunde’, afries. stunde, stonde, aengl. stund ‘Zeitpunkt, Augenblick, Stunde’, anord. stund ‘Weile, Zeit, Stunde’, schwed. stund ‘Weile, Augenblick, Stunde’ (germ. *stundō) gilt allgemein als Bildung (mit Ablautentgleisung) zu dem unter ↗stehen (s. d.) dargestellten nasalierten Präsensstamm germ. *stand- mit einer Ausgangsbedeutung ‘stehender Punkt, Haltepunkt’ (im Zeitverlauf), dann ‘feststehende, festgesetzte Zeit, bestimmter Zeitraum’. Etwa vom 15. Jh. an bezeichnet Stunde den festgesetzten, an der Uhr markierten Zeitraum (des 24stündigen Tages), bald darauf auch den Inhalt dieses Zeitraumes, z. B. ‘Andacht, Versammlung’ (16. Jh.; vgl. in die Stunde kommen) und besonders (seit dem 18. Jh.) ‘Unterricht’.
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