de nyctalo ruboque

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de nyctalo ruboque

Beitragvon sinemetu » Sa 6. Jun 2020, 09:49

Der Klatschmohn säumte heute morgen meinen Spazierweg. Und zwar in mehreren Exemplaren, und zwar in soviel mehreren Exemplaren, daß das Wort viel eigentlich die Szene präziser beschreiben würde.
Die Ungarn kennen kein rot, wie wir. Sie haben zwei verschieden Worte dafür. Das eine ist vörös, welches sich zu vér (Blut) stellt, das andere ist piros, welches zum Verbum piritani (rösten) gehört. Aber rösten gehört, wie verrotten, im Deutschen auch zu rot. Auf jeden Fall ist Ersteres in tiefes Blutrot, das Zweite ein helleres Rot. Rotkäppchen heißt Piroska, nicht Vöröske, weil die Farbe ihre Kopftuches etwas ausgeblichen. So ist das ung. Piros immer viel heller als vörös.

Mir fiel auf, daß Pipacs, das Vater-Blut (papa-vér), wenn sie aufblüht ein richtiges Wörösch hat, aber schon nach einem Tag in voller Sonne hat sich dieses in Pirosch gewandelt. Wahrscheinlich ist es das Schicksal des Wörösch, in Pirosch verwandelt zu werden. Im gleichen Sinn unterscheiden sich auch arterielles und venöses Blut im Lungenkreislauf. Wahrscheinlich sind die Stoffe, die den Vöros-Eindruck in meinem Hirn hervorrufen, sehr lichtempfindlich.

Dazu, daß ich vörös wahrnehme, bedarf es des Stoffes, der Lichtwellen dieser Frequenz aussendet, eines Rezeptors, der diese Lichtwellen empfangen kann, eines Gehirnes, welches dieses Signal nicht als Rauschen abtut, sondern registriert, speichert und erinnert.

Rot ist die Farbe des Mars, mit all dem, was ihm angehört, da wären zuerst der Bürzel und der Hinterkopf des Hammertieres zu nennen. Und dann der Krieg im weitesten Sinne. Martins Metier!

Das Rot ist übrigens ein rein optisches Phänomen. Akustisch ist ihm das Schrille und der Schrei zugeordnet, oder entsprechen ihm. Daß die beiden Wort bezogen sind, merkt man an solchen Bildungen, wie schreiend rot. Ein schreiendes Schwarz gibt es nicht, jedenfalls ist es mir nicht bekannt. Darüber hinaus sind rot und schrill selten. Im Winter ist es nur an ein paar Vögeln zu sehen, oder bei der Jagt. Im Sommer ist es öfter zu sehen, der blühenden Vegetation wegen, im Herbst wird es, - entartet - im Braun zur dominanten Farbe. Da stirbt das Rot und zieht sich ins Blut zurück.
Es gibt auch kein adultes Tier, welches unbedrängt schrille Schreie von sich gibt. Jedes in seiner Art äußert sich leicht gedeckt. Nur im Frühjahr, da lässt sich Schrilles vernehmen. Es sind die Jungtiere, die noch nicht wissen, daß man das Schrille meidet, weil es immer schlafende Hunde weckt. Das Schrille wirkt abschreckend, weil es allgemein als unangemessen empfunden wird, und es nutzt sich daher auch leicht ab. Manche Jungtiere nutzen es, um sich interessant zu machen.
Es gibt aber eine Tiergattung, die zum Schreien verdammt ist. Sie, ein Höhlentier, hat sich so entwickelt, weil die Vorfahren auf jedes und alles mit einem schrillen Schrei regiert hat. Dabei wurde ihre Frequenz mit der Zeit immer höher und höher, daß wir sie heute kaum noch vernehmen. Interessant ist, daß es unter ihnen Spezialisten gibt, die nur vom Blutsaugen leben. Das Schreien haben sie perfektioniert, mittels ihrer schrillen Äußerungen orten sie ihre Beute. Wenn man mal so ein Tierchen in der Hand hält, weiß man, daß sie nichts sind als flatternde Angst. Ihr Herz rast, und sie zittern ständig am ganzen Leib. Dafür sind ihre Zähne rasierklingenscharf. Was für mitleidserregende Kreaturen sind sie doch! Dieser Typus ist übrigens in jeder Gruppe zu finden. Riesengroße Ohren, ganz kleine Augen, und schrill. Sie hinterlassen den Eindruck eines stillen Wesens, aber nur, weil ihr ständiges Schreien so hoch ist, daß es kaum noch jemand wahrnimmt. Die Manifestationen dieses Entartungen nennt man heute mit solchen phantastischen Namen wie Nyctalus, Myotis, Pipistella etc. etc. Fahren sie in einen Menschen, können sie bewirken, daß dieser vollkommen seinen Charakter verändert. Heißt einer Tacitus, wird er plötzlich zum Furius. Eine Vorliebe für Rot und Schwarz lässt sich erkennen. Seine Sprache verändert sich, anstelle einer einen kühlen analytischen Geist verratenden Prosa tritt plötzlich das formelerstarrte Stottern eines Parteifunktionärs. Statt, daß sich die Sprache in Richtung Dichtung bewegt, beginnen sich die Satzstrukturen zu lösen. Und - der Ton wird schrill. (Man erinnere den Ton Honeckers) Der Mensch sinkt rapide unter seine Möglichkeiten.
Soviel zur Anatomie der Fledermäuse. Ihr Biotop ist die Höhle, ihre Zeit die Nacht, ihre Sphäre der Krieg, ihr Wahn die Macht. Mir kam es immer so vor, daß Licht und Aufklärung liebende Menschen die Sonne lieben, die alles an den Tag bringt.
Zuletzt geändert von sinemetu am Sa 6. Jun 2020, 10:42, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: de nyctalo ruboque

Beitragvon medicus » Sa 6. Jun 2020, 10:02

Genial wie du den Bogen vom Rotkäppchen zu Honecker gespannt hast. :klatsch:
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Re: de nyctalo ruboque

Beitragvon sinemetu » Sa 6. Jun 2020, 10:10

medicus hat geschrieben:Genial wie du den Bogen vom Rotkäppchen zu Honecker gespannt hast.
Danke! Kommt nach Genial nicht ein Komma? Übrigens wird Rotkäppchen nun vom Wolf gefressen, oder nur bedroht? Auf jeden Fall hat es immer mit dem Wolf zu tun. Normale Menschen nicht ... Wir sehen, Rotkäppchen gehört in die Sphäre des Schrillen.
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Re: de nyctalo ruboque

Beitragvon medicus » Sa 6. Jun 2020, 10:38

sinemetu hat geschrieben:Danke! Kommt nach Genial nicht ein Komma?

Da muss ich dir zustimmen; aber als Retourkutsche tische ich dies von dir auf:
sinemetu hat geschrieben: Honnekers

--> Er wird sich im Grabe umdrehen!
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Re: de nyctalo ruboque

Beitragvon sinemetu » Sa 6. Jun 2020, 10:42

Oh, tatsächlich, 2 x sogar, emendabo ...
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Re: de nyctalo ruboque

Beitragvon medicus » Sa 6. Jun 2020, 10:55

sinemetu hat geschrieben: Übrigens wird Rotkäppchen nun vom Wolf gefressen, oder nur bedroht?

Kaum hatte der Wolf das gesagt, so tat er einen Satz aus dem Bette und verschlang das arme Rotkäppchen.

https://www.grimmstories.com/de/grimm_m ... tkaeppchen
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Re: de nyctalo ruboque

Beitragvon sinemetu » Sa 6. Jun 2020, 10:58

medicus hat geschrieben:Kaum hatte der Wolf das gesagt, so tat er einen Satz aus dem Bette und verschlang das arme Rotkäppchen.

Was für ein Glück, Happy End ;-) - deswegen ist es aber auch ein Märchen!

und verschlang das arme Rotkäppchen

Das ist nur die geglättete Kinderzimmerform. In Wirklichkeit hat er sie erst vergewaltigt, dann zerrissen und zum Schluss heruntergewürgt. Wie es Wölfe nun mal tun...
Zuletzt geändert von sinemetu am Sa 6. Jun 2020, 11:06, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: de nyctalo ruboque

Beitragvon medicus » Sa 6. Jun 2020, 11:04

sinemetu hat geschrieben:Was für ein Glück, Happy End

Ich hoffe, deine Kontroverse mit mystica wird auch ein Happy End haben. :-D
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Re: de nyctalo ruboque

Beitragvon medicus » Sa 6. Jun 2020, 12:06

Ich komme nochmal zur Überschrift
"de nyctalo ruboque"
, mit der ich nichts anfangen kann.
Der Klatschmohn heißt:Papaver rhoeas
:help:
Zuletzt geändert von medicus am Sa 6. Jun 2020, 13:13, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: de nyctalo ruboque

Beitragvon sinemetu » Sa 6. Jun 2020, 12:15

Mich dünkt, Nyctalus ist ein Nachtwesen ....
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Re: de nyctalo ruboque

Beitragvon marcus03 » Sa 6. Jun 2020, 12:28

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Re: de nyctalo ruboque

Beitragvon medicus » Sa 6. Jun 2020, 13:17

So langsam kommt Klarheit; aber warum die Fledermaus und di Brombeere (rubus) als Überschrift?
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Re: de nyctalo ruboque

Beitragvon sinemetu » Sa 6. Jun 2020, 16:17

medicus hat geschrieben:So langsam kommt Klarheit; aber warum die Fledermaus und die Brombeere (rubus) als Überschrift?

kukk Dir mal die Farbentwicklung bei Rubus an ...
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Re: de nyctalo ruboque

Beitragvon medicus » Sa 6. Jun 2020, 17:19

sinemetu hat geschrieben:kukk Dir mal die Farbentwicklung bei Rubus an ...


Zwischendurch haben die Brombeeren auch die Farbe von Erich H. :cry: :o :x :hairy: :(
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