sedet ad dexteram dei....

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sedet ad dexteram dei....

Beitragvon sinemetu » So 30. Aug 2020, 12:37

Wenn man eine Sache unendlich of wiederholt sagen läßt, wird sie dann wahrer? Ich zähle mich zwar zu denjenigen, die von einer Existenz Gottes ausgehen, und sich auch bemühen seine relativ wenigen Forderungen an uns umzusetzen in reales Leben, bezweifle aber speziell diese Aussage. Erst mal bin ich mir ziemlich sicher, daß Gott nicht sitzt. Und wenn er schon realiter nicht sitzt, dann auch im übertragenen Sinne nicht. Selbst die Aussage, daß wir nach seinem Bilde geschaffen seien, bezieht sich nicht zwingend auf unseren Körper. Sicherlich wird Gott, unter unseren Bedingungen lebend, die Körperform angenommen haben und insofern auch über sämtliche unserer Glieder, Körperteile etc. verfügt haben. Er wird in historischer Zeit auch gesessen haben. Aber ich behaupte, er sitzt nicht mehr, weil er nicht mehr unter unseren Bedingungen lebt. Er hat ja nicht mal auf seinen Vorrechten gesessen, sondern sich entäußert bis zum Letzten.

Dieses Sitzen auf einem Thron oder einem Richterstuhl ist ein dermaßen grober archaischer bis antiker Anthropomorphismus, der - offen gesunden - weder in unsere Zeit noch in eine differenziertere Gottesvorstellung passt. Es ist ein Anspielung auf den Stuhl Cäsars, Ramses oder irgendwelcher anderer altorientalischer Potentaten. Wenn Götter sässen, dann wären sie Sitzenbleiber. Es gilt also: Götter sitzen nicht. Diese Aussage hat also im Credo nichts mehr zu suchen. Was haben wir Heutigen eigentlich mit den Vorstellungen der damaligen Konzilsväter noch gemein? Wollen wir unser Denken über Gott nach wie vor von den Mosaiken der Hagia Sophia bestimmen lassen. Vielleicht ist es nicht ohne Grund, daß er diese Bildnisse von den Türken verhängen lässt. Für mich wäre die Aussage, daß Gott tätig ist, zwar auch ein Anthropomorphismus, aber ein ungleich adäquaterer, wenn dieser Komparativ erlaubt ist.

Hinzu tritt die Trinität in negativer Weise. Es ist ja gültige Lehre, daß Jesus Gottes Sohn ist. Diese Gottessohnschaft gibt es ja nur, weil die Juden einen Gott auf Erden sich nicht vorstellen konnten. Zu sagen, man sei Gott, wäre Gotteslästerung gewesen. Also sagte er von sich Gottes Sohn zu sein. Wenn wir die Vorstellung der Metamorphose uns zu eigen machen, kann man also durchaus sagen, daß Jesus Gott unter der Bedingung Erde sei. Es ist also die hier auf Erden notwendige Differenz zwischen Gott und Jesus aufrechterhalten. Was aber im Jenseits? Dort gibt es doch keine notwendige Differenz mehr zwischen den beiden Entitäten der Trinität. Warum sollte also Gott rechts neben sich selbst sitzen? Kuckt er sich bei dieser Übung auch noch an? Spielt er Vater und Sohn mit sich selbst?
Quaestor sum, quaerere quaerique possum ...
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