Columba

Beiträge zu Themen, die in keine andere Kategorie passen

Moderatoren: Zythophilus, marcus03, Tiberis, ille ego qui, consus, e-latein: Team

Columba

Beitragvon sinemetu » Sa 19. Sep 2020, 06:46

From Ancient Greek κόλυμβος (kólumbos, “a diver”), from κολυμβάω (kolumbáō, “dive, plunge headlong, swim”). (Aristophanes [Birds, 304] and others use the word κολυμβίς (kolumbís, “diver, sea-bird”))

Quelle: https://en.wiktionary.org/wiki/columba

Das müsste auch erläutert bzw. richtiggestellt werden, denn ich habe noch nie eine Taube tauchen sehen ..... so, wie es da steht, glaube ich es nicht. Es gibt Vögel, die Tauchen, oder die ins Wasser langen (Eisvögel, Seeschwalben, Möven, Gaviiformes, Podicepiformes etc), aber aus der Ordnung der Tauben (Columbiformes) gehört ganz einfach keine Art dazu...

Hie ist es z.B der reine Anklang, der einen "wissenschaftlichen" Etymologen irgendwann veranlaßt hat, Columba und κόλυμβος zusammenzustellen. Der wissenschaftliche Anteil besteht jetzt darin, daß es wahrscheinlich in einem Aufsatz steht und in einem etymologischen. WB. Das ist die gesamte Wissenschaftlichkeit. Das ganze nenne ich mittelalterliches (scholastisches) Tradieren von Autoritätsmeinungen und hat mit aufgeklärtem kritischen Lesen nichts zu tun.

Ich assoziiere zu Columba viel eher lat. Colonus / griech. Κολωνός weil gewisse Taubenarten, z. B. die mittelmeerische Felsentaube, in Colonien leben. Meine Ad-hoc-Vermutung: Colonia -> *Colonba -> Columba. Aber, wie gesagt: Vermutung eines Laien!

Frag doch mal, warum der Haubentaucher Haubentaucher heißt? Weil er eine Haube hat, und taucht! Ein Name ist immer motiviert! Warum heißt er aber Podiceps? Wahrscheinlich, weil irgendeine Altgriechische Autorität irgendwann mal einen Haubentaucher mit dem Fuß einen Schilfhalm hat bewegen sehen. Ich habe bestimmt schon 1000 Haubentaucher beobachtet, aber dass er mit dem Fuß etwas greift, hab ich noch nicht gesehen. Vllt machen sie es in Griechenland ja anders als bei uns?
Quaestor sum, quaerere quaerique possum ...
sinemetu
Senator
 
Beiträge: 4476
Registriert: Mo 2. Apr 2012, 18:02

Re: Columba

Beitragvon marcus03 » Sa 19. Sep 2020, 08:29

κολυμβάω, schwimmen, nach Moeris hellenistisch für νήχομαι; untertauchen

(Pape, Wörterbuch Griechisch)

Die Primärbedeutung ist also SCHWIMMEN.
Auch wenn Schwimmen wohl nicht typisch täubisch ist, sie können es.
Warum das zur Namensbildung geführt hat, wäre nun zu überlegen bzw.
darüber könnte man jetzt spekulieren.
Wenn eine Taube schwimmt, wir sie sicher auch ab und zu den Kopf unter Wasser halten.

colonia < colere (bebauen): mW bauen Tauben nichts an.
In Kolonien zu leben ist zudem nichts ausschließlich Täubisches.
Viele Tiere leben in Gruppen oder Kolonien.

Das Ziel von Sprachwissenschaft ist primär die Wortherleitung, nicht die
(absolute) Sinnhaftigkeit zu klären.
Mit neuen Erkenntnissen wird der Ursprungssinn oft fraglich.
Doch wäre es verfehlt, heutige Maßstäbe/Wissen anzulegen. Man muss versuchen, die Dinge aus dem
(vermuteten) historischen Kontext heraus zu verstehen, um ihnen gerecht zu werden.
Vieles, was wir heute für seltsam, absurd, verrückt, grausam, ... halten, war einst völlig "normal".
Auch über uns und unsere Sprache werden zukünftige Generationen sich wundern, lachen, entsetzen, ...
Das gehört zum Verlauf der Evolution/Geschichte genauso wie die Wandlung von Begriffen und
deren Bedeutung(en).
marcus03
Pater patriae
 
Beiträge: 11488
Registriert: Mi 30. Mai 2012, 06:57

Re: Columba

Beitragvon sinemetu » Sa 19. Sep 2020, 08:45

marcus03 hat geschrieben:Wenn eine Taube schwimmt, wir sie sicher auch ab und zu den Kopf unter Wasser halten.

Sie haben doch überhaupt kein Füße zum Schwimmen, also mit irgendwelchen Lappen, Schwimmhäuten ...!

marcus03 hat geschrieben:colonia < colere (bebauen): mW bauen Tauben nichts an.
In Kolonien zu leben ist zudem nichts ausschließlich Täubisches.

imho ist Colonia ein griech. Wort. Eine Verbindung zu colere hab ich zwar noch nicht gesehen, klingt aber nicht schlecht... im Übrigen bestehe ich nicht auf meiner Vermutung, bestreite aber nach wie vor die angegebene zu altgr. Taucher

marcus03 hat geschrieben:Viele Tiere leben in Gruppen oder Kolonien.

aber nur Tauben in (wirklichen) menschlichen Kolonien, etwa den griechischen in Magna Graecia, wenn wir von Ratten, die es wohl damals dort noch nicht gab, und Insekten absehen.

marcus03 hat geschrieben:Das Ziel von Sprachwissenschaft ist primär die Wortherleitung, nicht die (absolute) Sinnhaftigkeit zu klären.

Es gibt keine unmotivierte Benennung! Beim Lautmalen ist der Klang selber das Motiv. Ziel eines Wortes ist, beim Perzipierten eine (die richtige) Assoziation auszulösen.

marcus03 hat geschrieben:Mit neuen Erkenntnissen wird der Ursprungssinn oft fraglich.

??? ein Beispiel

marcus03 hat geschrieben:Doch wäre es verfehlt, heutige Maßstäbe/Wissen anzulegen. Man muss versuchen, die Dinge aus dem (vermuteten) historischen Kontext heraus zu verstehen, um ihnen gerecht zu werden....Vieles, was wir heute für seltsam, absurd, verrückt, grausam, ... halten, war einst völlig "normal".

Unwidersprochen, aber einen historischen Kontext zu einer tauchenden Taube gibt es nicht! Google doch einfach mal Tauchen und Taube. Man findet maximal am Wasser nippende und im seichten Wasser badende, also mit der Brust eintauchende und das Wasser abschüttelnde Tauben. Das ist nicht das, was wir mit Tauchen verbinden, nämlich 100 % unter Wasser und sich dort fortbewegen. Auch das Baden in Sand und Wasser machen alle Vögel. Es ist somit kein Alleinstellung-Merkmal. Hier kannst Du sehen, was Tauben maximal am Wasser machen:

https://www.youtube.com/watch?v=mv3bdb_fTsI

marcus03 hat geschrieben:Auch über uns und unsere Sprache werden zukünftige Generationen sich wundern, lachen, entsetzen, ... Das gehört zum Verlauf der Evolution/Geschichte genauso wie die Wandlung von Begriffen und deren Bedeutung(en).

vermutlich... ;-)
Zuletzt geändert von sinemetu am Sa 19. Sep 2020, 09:08, insgesamt 2-mal geändert.
Quaestor sum, quaerere quaerique possum ...
sinemetu
Senator
 
Beiträge: 4476
Registriert: Mo 2. Apr 2012, 18:02

Re: Columba

Beitragvon medicus » Sa 19. Sep 2020, 09:02

medicus
Augustus
 
Beiträge: 6623
Registriert: Do 9. Dez 2010, 11:39

Re: Columba

Beitragvon marcus03 » Sa 19. Sep 2020, 09:10

colōnus, ī, m. (colo), I) der Bebauer, a) der Landwirt, Bauer


sinemetu hat geschrieben:Es gibt keine unmotivierte Benennung!

Das kann man pauschal nicht sagen.
Was heißt motiviert? Wo/Wann fängt die Motivation an, wo endet sie?

Was motiviert eine Sprache ein Ding, Tun, Eigenschaft usw. so oder so nennen?
Warum sagt z.B. der Hebräer sus zum Pferd, der Römer es aber zum Schwein und der Chinese wieder was ganz anderes?
Mist ist bei uns etwas Unangenehmes, in Englischen ("Nebel") völlig geschmacksneutral
und was ganz anderes
Er gäbe zig ähnlich Bespiele.
Sprache beruht primär auf Konvention, nicht Motivation, wie Platon im Kratylos aufzeigt.
Dort macht er sich übrigens über das Assoziieren lustig.
Manches erinnert an deine Form des Etymologisierens.
Hast du ihn gelesen?

Hier eine sehr wörtliche ÜS von Schleiermacher:
http://www.opera-platonis.de/Kratylos.pdf
marcus03
Pater patriae
 
Beiträge: 11488
Registriert: Mi 30. Mai 2012, 06:57

Re: Columba

Beitragvon sinemetu » Sa 19. Sep 2020, 09:26

marcus03 hat geschrieben:c
Sprache beruht primär auf Konvention, nicht Motivation, wie Platon im Kratylos aufzeigt.

Weitergabe per Konvention, Benennung per Motivation. Das sind doch zwei verschiedene Dinge, die du hier in Sprache zusammenfasst.
Wort werden motiviert geschaffen und konventionell weitergegeben. Benennungen passieren andauernd, auch während der Zeit, wo es schon längst etablierte Worte gibt. Wird eine Bezeichnung unter anderen Bedingungen treffend, wird sie oft ummontiert. So wird aus dem Vogelnamen Rotkehlchen ein komm. Parteiagitator.

Es scheint auch ein ewiger Kampf zwischen Konvention und Motivation zu bestehen. Die Werbung etwa ist nur (Um)-Motivation, der ganze PC-Karm ist nur Ummotivation!
Zuletzt geändert von sinemetu am Sa 19. Sep 2020, 09:39, insgesamt 1-mal geändert.
Quaestor sum, quaerere quaerique possum ...
sinemetu
Senator
 
Beiträge: 4476
Registriert: Mo 2. Apr 2012, 18:02

Re: Columba

Beitragvon marcus03 » Sa 19. Sep 2020, 09:37

Was soll die Urwörter motiviert haben?
Warum heißt sus hie Schwein, da Pferd? Warum Mist hie Mist, da Nebel?

sinemetu hat geschrieben:Wort werden motiviert geschaffen und konventionell weitergegeben.

Was heißt "motiviert schaffen"? Bei Onomatopoesie ist das klar.
Aber bei anderen Wörtern?
Wie kommt das Pferd, der Mensch etc. zu seinen diversen Namen? :?
marcus03
Pater patriae
 
Beiträge: 11488
Registriert: Mi 30. Mai 2012, 06:57

Re: Columba

Beitragvon sinemetu » Sa 19. Sep 2020, 09:51

marcus03 hat geschrieben:Was soll die Urwörter motiviert haben?
Warum heißt sus hie Schwein, da Pferd? Warum Mist hie Mist, da Nebel?

Das Herauszufinden ist Aufgabe der Rhizologie, wobei ich den Terminus "Urwort" nicht mag. Es gibt einen anderen zusammenfassenden Begriff für die solche Worte, die uralt sein müssen, wie ich, Du, Vater, Bruder etc.. mir fällt er momentan nicht ein, hat auch in Wiki einen Artikel... Urwort im Zusammenhang mit Sprachgeschichte assoziiert ein baumartiges Entwicklungsmodell. In der Psychologie ist es übrigens ein fest belegter Begriff.
https://de.wikipedia.org/wiki/Tiefenpsychologie

marcus03 hat geschrieben: Warum Mist hie Mist, da Nebel?

....weil dt. Mist evntll. zu engl. Mist heterorhriz ist -> misty tast (konnotiert von: mystic)
https://www.etymonline.com/word/mist


marcus03 hat geschrieben:
sinemetu hat geschrieben:Wort werden motiviert geschaffen und konventionell weitergegeben.
Was heißt "motiviert schaffen"? Bei Onomatopoesie ist das klar. Aber bei anderen Wörtern? Wie kommt das Pferd, der Mensch etc. zu seinen diversen Namen? :?

Offensichtlich sind Motivationen nicht besonders stabil. Auf jeden Fall weniger stabil als die Lautformen, die dann als unverstandene Konvention tradiert werden. Paraveredus kann nicht mal ich stante pede angeben.. manisk grade noch.
Quaestor sum, quaerere quaerique possum ...
sinemetu
Senator
 
Beiträge: 4476
Registriert: Mo 2. Apr 2012, 18:02

Re: Columba

Beitragvon marcus03 » Sa 19. Sep 2020, 10:38

sinemetu hat geschrieben:misty tast (konnotiert von: mystic)

mystic < myo

μύω (μῦ), sich schließen, zuschließen, bes. von den Lippen u. den Augen;

Was soll da konnotiert sein? :?
marcus03
Pater patriae
 
Beiträge: 11488
Registriert: Mi 30. Mai 2012, 06:57

Re: Columba

Beitragvon sinemetu » Sa 19. Sep 2020, 11:51

marcus03 hat geschrieben:
sinemetu hat geschrieben:misty tast (konnotiert von: mystic)

mystic < myo -> μύω (μῦ), sich schließen, zuschließen, bes. von den Lippen u. den Augen;
Was soll da konnotiert sein? :?


Auch im Deutschen konnotiert Nebel zu mystisch, obwohl keinerlei Anklang besteht, im Gegensatz zu English.
https://www.dwds.de/wp?q=mystisch&comp- ... view=table
Die beiden Dinge haben weder sachlich noch spirituell meiner geringen Meinung nach miteinander zu tun, aber viele empfinden offensichtlich Nebel also mystisch...

Google findet ungefähr 1.730.000 Ergebnisse in (0,58 Sekunden) und einen Haufen Bilder... Richtung New Romantik, Gothik

Vielleicht hat das damit zu tun, daß mystisch -> Zahlenmystik, als unklar, verworren, geheimnisvoll im Gegensatz zu Rationalität und Klarheit verstanden und gedacht wird. ... richtig, und weil Nebel und klare Sicht Gegensätze sind, wird Mystik und misty klanglich aufeinanderzugewandert sein.

"Misty taste of moonshine, teardrops in my eyes"
https://www.youtube.com/watch?v=oTeUdJky9rY
Zuletzt geändert von sinemetu am Sa 19. Sep 2020, 12:35, insgesamt 1-mal geändert.
Quaestor sum, quaerere quaerique possum ...
sinemetu
Senator
 
Beiträge: 4476
Registriert: Mo 2. Apr 2012, 18:02

Re: Columba

Beitragvon marcus03 » Sa 19. Sep 2020, 12:20

sinemetu hat geschrieben:weil Nabel und klare Sicht Gegensätze sind, wird Mystik und misty klanglich aufeinanderzugewandert sein.

a) Du meinst NEBEL.

b) Das ist wieder eine seltsame Spekulation, weil du diese Assoziation hast und manch anderer vlt.
auch. Fakt ist: Beide Begriffe haben etymologisch nichts miteinander zu tun.

PS:
Ich sehe im Nebel nichts Mystisches. In Filmen steht er oft für eine unheimliche, gefahrvolle,
bedrohliche Atmosphäre.
Ich glaube du verwechselt da etwas.

Wie sagte Karl Rahner: Der Christ von morgen muss ein Mystiker sein oder er wird nicht mehr sein.
marcus03
Pater patriae
 
Beiträge: 11488
Registriert: Mi 30. Mai 2012, 06:57

Re: Columba

Beitragvon sinemetu » Sa 19. Sep 2020, 12:38

marcus03 hat geschrieben:Ich sehe im Nebel nichts Mystisches. ...Ich glaube du verwechselt da etwas.

Liest du denn nicht, was ich schreibe?
Die beiden Dinge (Nebel und Mystik) haben weder sachlich noch spirituell meiner geringen Meinung nach miteinander zu tun,


aber viele empfinden offensichtlich Nebel also mystisch.

Das meint eben die assoziative Präsens des einen im Andern. Im Englischen kommt eben zu der sachlichen Überlagerung Mystik->Unklarheit=Undurchsichtigkeit noch der Anklang dazu! Beide Worte sind heterorhiz, bewegen sich aber im Englischen stark aufeinander zu.
Quaestor sum, quaerere quaerique possum ...
sinemetu
Senator
 
Beiträge: 4476
Registriert: Mo 2. Apr 2012, 18:02

Re: Columba

Beitragvon sinemetu » Mo 9. Nov 2020, 16:56

Möchte hier noch anfügen die vielen Ortsnamen Duvenbeck und Taubenbach, die auf Verhalten des Dümpeln der Taube anzuspielen scheinen. Insofern scheint mir kolymbos doch Stichhaltung, nur ist die Übersetzung von kolymbao dann nicht tauchen, sondern dümpeln.
Quaestor sum, quaerere quaerique possum ...
sinemetu
Senator
 
Beiträge: 4476
Registriert: Mo 2. Apr 2012, 18:02


Zurück zu Sonstige Diskussionen



Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 22 Gäste