medicus hat geschrieben:Wenn du mir die assoziative Präsenz so erklärst, wie du den Ausdruck einem Schüler der Mittelstufe Gymnasium erklären würdest, dann hätte ich kein Problem mehr, ihn zu verstehen.
Lies dies nochmals:
viewtopic.php?f=11&t=46030&p=353993#p353993Dann lies bitte:
https://de.wikipedia.org/wiki/Freudscher_VersprecherDer Unterschied zwischen den diversen psych. Fehlleistungen ist nur die "Größe" bzw. "Mächtigkeit"* der störenden Assoziation. Während beim Freudschen Versprecher ein fertiger, naheliegender Gedanke, den man aus höflichkeitshalber- oder ähnlichen Rücksichten so nicht laut werden lassen würde - sich an einer Stelle in die Formulierung einmischt und durchbricht und sich damit verrät, werden beim Formelbruch nur zwei Formulierungen miteinander rangeln, die ansonsten nicht weiter anstößig. Auf Wort- und Silbenebene passiert das nämliche.
1. Act Sprechen wir vom Pool sch-Vokal-ss. Darin gibt es die Worte scheißen, schießen, er schoß, der Schoß. Der Unterschied zwischen dem Präteritum von schießen und dem Schoß besteht in der Länge des Vokals. Möchte der Sprecher jetzt von einem Trieb reden, der aus der Erde geschossen ist, wird er den Vokal kurz wählen, weil er schoß kurzes o hat. Er wird also von Schössling reden. Will er aber von einem Kind reden, welches dauernd auf dem Schoß der Mutter sitzt, dann wird er das lange o Wählern und vom Schőssling reden. Schőssling ist im Deutschen ein Homograph, deswegen hab ich hier aushilfsweise mal zum langen ungarischen ő gegriffen. Dieser Wechsel findet unter dem Druck der assoziativen Präsenz der leitenden Idee statt. Einmal steht Mutterschoß in assoziativer Präsenz, andermal schießen. Der Lautpool ist derselbe, die nötige lautliche Variation bewirkt die präsente Assoziation. Dieses findet auf vorbewußter Ebene statt, weil es so schnell geht.
2. Act Beim Hören passiert folgendes: Jemand sagte nach einem Theaterbesuch: Der Acteur machte ein gute Geste, er machte eine gute Mime. Der Hörer, das griech. Wort Mime nicht kennend, eventuelle im Bergbau beheimatet, hört: Er machte eine gute Miene. Warum hörte er das? 1. Weil seinem Gehirn die deutsche Endung -ime noch nicht vorgekommen ist und er 2. das griech. Wort Mime nicht kennt. Sei Gehirn kennt aber Miene. Er stutzt zwar, sein Gehirn schiebt aber die Bedeutung (Silbermine) beiseite, - nachzufragen und Unbildung zu offenbaren traute er sich auch nicht - und verankert, daß Miene auch Gesichtsausdruck heißt, denn er gibt die Wendung weiter unter seinen Bergleuten, die fortan gute Miene machen zum bösen Spiel.
3. Akt Die Wortesammler beobachten das Wort Miene mit der Bedeutung Gesichtsausdruck. Sie fragen sich, äh, wie kommt diese Bedeutung zu dem Wort, und dann auch noch im Bergbaumilljö. Sie scannen die Sprachen, in welcher Sprache eine ähnlich klingende Silbe eine ähnliche Bedeutung hat und werden im Bretonischen fündig. Der Rest steht im Etymologischen WB.
*Mächtigkeit meint die Anzahl der damit Vernetzten ebenfalls gereizten Muster.
Quaestor sum, quaerere quaerique possum ...