Kő und Stein

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Kő und Stein

Beitragvon sinemetu » Mo 16. Nov 2020, 10:02

Kő ist ungarisch der Stein. Der Stein ist hart. Hart ist ung. kemény. Dieses Wort konnte sich gut etablieren für den Begriff des Harten, weil es mit einem harten Konsonanten beginnt. Das Wort ist aber laut EWHU slawisch. Dahinter verbirgt sich Camien, ein slv. slawisches Wort für Stein, Grundlage unzähliger Ortsnamen in Deutschland, Kemnitz, Kamien etc. Hier hergehört auch der Kamin (Schornstein). Den

Kümmel haben die Ungarn angeglichen zu Kömény, weil er hart ist.

Mich interessiert gerade sehr, ob Kő eine Abschleifung eines längeren slav. Wortes ist, oder urungarisch, weil langvokaliger Einsilber.


Das germ. Wort für Stein, erfahrbar etwa im Namen Torsten (Thor sein Stein), ist schon zusammengesetzt. Als Wurzel vermute ich tan/ten (Zahn/Tanne), denn der Zahn ist der erste erfahrbare Stein, der noch vor der Entdeckung der außenkörperlichen Objektivität seine Bezeichnung erfahren hat.

Es sollte schon aufmerksam machen, daß bis heute Knochen (hart) mit K beginnt, einem Guttural und das andere Harte am Körper der Zahn mit T (Z=TS), dem harten Dental. Daß die Wampe, der Wanst und überhaupt die Weichteile mit einem W-Laut, dem Laut der Weichheit beginnen. Fleisch dagegen, mit einem F, das F ist ein wenig verfestetes W, es hat eben Muskeln.

Ich möchte hier noch einmal als Fuzzy-Regel fixieren. Die Klangkörper für unsere polaren Grundbegriffe, wie weich-hart, leicht-schwer, locker-fest, oben-unten haben die Tendenz, den Begriff zu imitieren. Also Hart wird (tunlichst) so klingen, wie Gehirn sich hart ausdrücken kann, wie die Idee Hart eben vorgestellt wird - und zwar in allen Sprachen. Dieses Bestreben kann im Laufe der Zeit überdeckt werden, wird sich aber immer wieder Ausdruck zu verschaffen suchen, weil das Imitationsbestreben eine der Urintentionen der Sprache ist.
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Re: Kő und Stein

Beitragvon medicus » Do 19. Nov 2020, 14:15

Ich versuche, deine Theorie anzuwenden und stoße auf dick-dünn, laut-leise. Das sind doch Gegensätze, die aber mit dem gleichen Klang beginnen, an erro? :help:
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Re: Kő und Stein

Beitragvon sinemetu » Do 19. Nov 2020, 15:58

medicus hat geschrieben:Ich versuche, deine Theorie anzuwenden und stoße auf dick-dünn, laut-leise. Das sind doch Gegensätze, die aber mit dem gleichen Klang beginnen, an erro? :help:


ad Me2cum. Ich hatte Tendenzaussagen gemacht, das sind Vermutungen zu einer Tendenz. Um diese als nicht begründet darzustellen, recht es nicht, zwei Gegenbeispiel aus einer Sprache zu bringen...

Die Idee ist, daß Begriffe über die geweckten Vorstellungen auf das Muskelsystem unseres Körpers wirken, und daß die Sprache quasi nur ein betonter Reflex alteingesessener, vorkultureller, quasianimalischer Haltungen und Bewegungen desselben ist. Angst und Freude etwa bewirken Öffnungen. ... (Wendungen: Schiß haben, Arsch offen haben)
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Re: Kő und Stein

Beitragvon medicus » Do 19. Nov 2020, 16:27

sinemetu hat geschrieben: Angst und Freude etwa bewirken Öffnungen. ...

Angst bewirkt auch sich verschließen, sich ducken, verkriechen, an erro?
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Re: Kő und Stein

Beitragvon Tiberis » Fr 20. Nov 2020, 02:14

sinemetu hat geschrieben:Es sollte schon aufmerksam machen, daß bis heute Knochen (hart) mit K beginnt, einem Guttural und das andere Harte am Körper der Zahn mit T (Z=TS), dem harten Dental. Daß die Wampe, der Wanst und überhaupt die Weichteile mit einem W-Laut, dem Laut der Weichheit beginnen. Fleisch dagegen, mit einem F, das F ist ein wenig verfestetes W, es hat eben Muskeln.

:hairy:
Folgt man dieser "Logik", haben die Engländer offenbar ziemlich weiche Knochen (bone), auch bei den Italienern (osso), Spaniern (hueso), Rumänen (os) usw. sind sie dann alles andere als hart.
Noch schlimmer sieht es bei den Zähnen aus: Weiche Zähne findet man nicht nur im gesamten romanischen Sprachraum (vielleicht ein Grund, warum die Italiener so gern Spaghetti essen?), sondern auch in Griechenland (δοντι) , Slowenien (zab), Serbien etc.etc. Die Ungarn haben möglicherweise gar keine Zähne mehr, sondern nur "Muskeln" (fog).
:shock:
quousque tandem tantis ineptiis nos onerabis? :cry:
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Re: Kő und Stein

Beitragvon marcus03 » Fr 20. Nov 2020, 09:08

sinemetu hat geschrieben:Kő ist ungarisch der Stein.

Tiberis hat geschrieben:quousque tandem tantis ineptiis nos onerabis?

Wer kö, der kö! ;-)
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Re: Kő und Stein

Beitragvon Zythophilus » So 22. Nov 2020, 18:19

Es ist vorstellbar, dass das Wort für "Stein" mit dem für "hart" im Ungarischen zusammenhängt. Dieses Thema ist sicher in einem Ungarisch-Forum gut aufgehoben, hier hat es, weil kein Zusammenhang mit Latein besteht, nichts verloren. Eine "sonstige Diskussion" passt eben in keines der vorhandenen Unterforum, muss aber auch einen Bezug zum Grundthema haben. Wenn du auf anderem Wege die Zusammengehörigkeit klärst und dann eine Parallele zum Lateinischen findest, können wir weitermachen.
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Re: Kő und Stein

Beitragvon sinemetu » Di 24. Nov 2020, 12:50

Tiberis hat geschrieben:
sinemetu hat geschrieben:Es sollte schon aufmerksam machen, daß bis heute Knochen (hart) mit K beginnt, einem Guttural und das andere Harte am Körper der Zahn mit T (Z=TS), dem harten Dental. Daß die Wampe, der Wanst und überhaupt die Weichteile mit einem W-Laut, dem Laut der Weichheit beginnen. Fleisch dagegen, mit einem F, das F ist ein wenig verfestetes W, es hat eben Muskeln.

:hairy:
Folgt man dieser "Logik"...
quousque tandem tantis ineptiis nos onerabis? :cry:


Hallo Tiberis, manchmal erhebt sich leider der Eindruck in mir, Du willst mich mißverstehen. Ich schrieb ausdrücklich "Fuzzy-Regel" und wir sprechen von einer untersten Schicht von Kräften, die auf die Lautbildung entstehender Worte Einfluß genommen haben können. Ausdrücklich erwähne ich, daß grammatisch motivierte Lautveränderungen und semantische Prozesse, Angleichungen und dgl. diese Grundlage noch überlagern.
Da dürfte es sich doch von selbst ergeben, daß die paar Beispiele aus Sprachen einer Familie meine These nicht widerlegen. Etwas anderes wäre es, wenn Du hier tausend Worte samt Synomymen aus tausend Sprachen statistisch analysiert als Befund dagegen aufgefahren hättest. Aber das habe ich nicht erwartet, ist auch in diesem Rahmen nicht zu leisten. Man muß auch verstehen wollen!

Die Beispiele, die ich gebracht hab, sind nicht dazu da, meine These zu "beweisen", sondern zu verdeutlichen, was gemeint ist. Es sind quasi "Determinative". Sie sind nicht anders zu lesen als solche im Ägyptischen oder Chinesischen.

Meine eigene Erwartungshaltung bezüglich des von mir behaupteten Effektes ist, daß bei sagen wir tausend untersuchten Sprachen sich eine leicht positive Kontur für diese These ergibt, da die überlagernden Prozesse bei weitem aktueller und kräftiger sind.
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Re: Kő und Stein

Beitragvon cometes » Fr 27. Nov 2020, 01:35

Vieles von sinemetus wunderlich anmutender Theoriebildung im Spannungsfeld von Laut und Sinn einer Bezeichnung hat tatsächlich eine lange Tradition, in der Platons Kratylos ebenso zu finden ist wie die Kabbalistik, Wilhelm von Humboldt, Lomonossow oder Roman Jakobson und die trotz der Dominanz der von Saussure behaupteten Arbitrarität dieser Beziehung in der Linguistik nicht ausgestorben ist und u.a durch die Neurowissenschaften neue Impulse erhalten hat. Diskutiert wird derlei auf wissenschaftlichem Niveau allerdings vorwiegend in der englischsprachigen Welt und zwar unter dem Begriff sound symbolism.
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