Zum Nutzen der Kranken - Kräuterbücher aus dem 16 Jhd.

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Zum Nutzen der Kranken - Kräuterbücher aus dem 16 Jhd.

Beitragvon Medicus domesticus » Do 28. Jun 2012, 10:33

Ich habe den Hinweis auf eine Sonderausstellung im Römischen Museum Augsburg mal hier platziert, weil ja die Tradition der Pflanzenheilkunde weit in die Antike zurückreicht. Ich beschäftige mich schon länger nicht nur mit der Antike, sondern mit alten auf Latein verfassten Kräuterbüchern aus dem 15./16.Jhd und prompt ist dazu endlich mal eine Sonderausstellung in Augsburg. Dort kann man auch die Originale anschauen. (26.Mai-30.September):
Die Ausstellung zeigt neben vollständigen Originalausgaben auch einzelne Stiche aus den faszinierend illustrierten Werken dieser Epoche. Medizinische Instrumente der Römerzeit, Apothekergefäße aus Augsburg und anderen Fundorten ergänzen diese Sonderausstellung.

http://www.kunstsammlungen-museen.augsb ... p?id=19773

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Re: Zum Nutzen der Kranken - Kräuterbücher aus dem 16 Jhd.

Beitragvon consus » Do 28. Jun 2012, 10:50

"Herbarum vivae eicones..." O librum mirificum!
Qui cupis ingenitas Herbarum noscere vires
Scireque diversis nomina nota plagis
Quaeque sit unius facies cuiusque doceri,
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Re: Zum Nutzen der Kranken - Kräuterbücher aus dem 16 Jhd.

Beitragvon Medicus domesticus » Do 28. Jun 2012, 17:20

Ja, sogar mit einführenden Gedichten ... :-D
Es gibt wirklich schöne Exemplare aus dem 16.Jahrhundert, auch z.T. bunt illustriert. Bücher waren damals noch richtige Kunstwerke. So ein Kräuterbuch muß man direkt in der Hand halten. Ich habe schon desöfteren solche Bücher durchgeblättert und erforscht und jedesmal befällt mich eine Ehrfurcht und man bekommt richtig Gänsehaut. Es ist auch nur wenig übersetzt, aber das macht mir nichts aus, da ich Original - Latein viel lieber lese....Und man findet immer wieder wahre "Schätze", die in Regalen schlummern mit einem unheimlichen pflanzenheilkundlichen Wissen, gesammelt in der damaligen Zeit. :book:
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Re: Zum Nutzen der Kranken - Kräuterbücher aus dem 16 Jhd.

Beitragvon consus » Fr 29. Jun 2012, 10:35

Medicus domesticus hat geschrieben:... pflanzenheilkundlichen Wissen, gesammelt in der damaligen Zeit. ...
Libri quidem pulchri venustique, sed quaerendum mihi videtur esse, quem fructum ex eis nostra aetate percipiant medici pharmacopolaeque... :roll:
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Re: Zum Nutzen der Kranken - Kräuterbücher aus dem 16 Jhd.

Beitragvon Medicus domesticus » Fr 29. Jun 2012, 10:49

Welchen Nutzen man daraus zieht? Es gibt Hinweise, welche Pflanzen in der langen Geschichte der Erfahrungsheilkunde angewendet wurden und für welche Diagnosen/Krankheiten. Man kann natürlich nicht immer alles für voll nehmen, aber einiges beruht auf langer Erfahrung. Daraus ergeben sich Hinweise auf wichtige Inhaltsstoffe ,auch für die Pharmakologie. Gerade die Commission E hat da einige Pflanzen monographiert. Ich bin auch deswegen daran interessiert, da ich die Zusatzbezeichnung Naturheilverfahren habe und pflanzenheilkundliche standardisierte Verfahren für die Patienten (neben der Schulmedizin) zur Verfügung stelle.
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Re: Zum Nutzen der Kranken - Kräuterbücher aus dem 16 Jhd.

Beitragvon Laptop » Fr 29. Jun 2012, 11:47

Mich würde mal interessieren, aus welchem Grund die Krankheit Krebs in alten Büchern keine Erwähnung findet, gab es sie damals nicht?
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Re: Zum Nutzen der Kranken - Kräuterbücher aus dem 16 Jhd.

Beitragvon consus » Fr 29. Jun 2012, 12:21

cancer (Ov. met. 2, 825: malum immedicabile cancer)] cf. (ut alia omittam) Celsus 5, 26, 31 B. Apud Celsum* hoc verbum tres diversos habet intellectus:
1. Septic and foul ulcerations, 2. Erysipelas and Ignis Sacer, 3. Gangrene. Cf. etiam LSJ καρκίνος, καρκίνωμα.
Sed quod ad reliqua pertinet, videant medici...

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Re: Zum Nutzen der Kranken - Kräuterbücher aus dem 16 Jhd.

Beitragvon KalleKlein » Mo 9. Jul 2012, 09:50

Ich nehme an das es damals auch schon Krebs gab.
Allerdings sterben ja die Menschen nicht am Krebs selbst sondern an den Auswirkungen. Somit hatte eine geschwächte Person halt einfach ein Nirenversagen oder Ähnliches. Die Menschen sind halt eben an den Auswirkungen von Tumoren gestorben.
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Re: Zum Nutzen der Kranken - Kräuterbücher aus dem 16 Jhd.

Beitragvon Medicus domesticus » Mo 9. Jul 2012, 09:59

Genau so ist es. Man sah die Kachexie, die Auswirkung des Tumors u.a. Die systematische Anatomie und Pathologie begann erst richtig im Zeitalter der Aufklärung und führte zum Verständnis von Krankheitsabläufen im Körper. Für die Studenten wurden sogenannte Anatomische Theater (anatomische Hörsäle) errichtet (z.B. in Ingolstadt, heute Deutsches Medizinhistorisches Museum: https://www.ingolstadt.de/dmm/):
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Re: Zum Nutzen der Kranken - Kräuterbücher aus dem 16 Jhd.

Beitragvon Pharmaziegeschichte » Mo 16. Jul 2012, 09:07

Salve medicus domesticus,

freue mich sehr über das positive Echo und die Unterstützung der von mir konzipierten Sonderausstellung " Zum Nutzen der Kranken ".
Das bewährte Ausstellungskonzept mit z.B. der Möglichkeit das limbische System mal wieder
zu aktivieren ( Apothekengefäße mit Heilpflanzen ) kommt offensichtlich auch in Augsburg bei
den Besuchern gut an.
Bereits vor Jahren war es möglich sowohl im größten botanischen Museum Europas in Berlin,
als auch dem Museum in Worms ( Andreasstift ) die Museumsbesucher mit Düften durch die je-
weilige Ausstellung zu (ver)führen.
Seit vielen Jahren mache ich die Erfahrung, im Umfeld der von mir konzipierten Ausstellungs-
konzepte, ergeben sich immer wieder neue positive Anstöße ( Aspekte ) und persönliche Kontakte.

Hans Christoph
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Deutsche Hieronymus Bock
Gesellschaft
Kreuthfeldstr.18
D-91608 Geslau / Mittelfr.
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Re: Zum Nutzen der Kranken - Kräuterbücher aus dem 16 Jhd.

Beitragvon Pharmaziegeschichte » Mo 16. Jul 2012, 09:27

Medicus domesticus hat geschrieben:Welchen Nutzen man daraus zieht? Es gibt Hinweise, welche Pflanzen in der langen Geschichte der Erfahrungsheilkunde angewendet wurden und für welche Diagnosen/Krankheiten. Man kann natürlich nicht immer alles für voll nehmen, aber einiges beruht auf langer Erfahrung. Daraus ergeben sich Hinweise auf wichtige Inhaltsstoffe ,auch für die Pharmakologie. Gerade die Commission E hat da einige Pflanzen monographiert. Ich bin auch deswegen daran interessiert, da ich die Zusatzbezeichnung Naturheilverfahren habe und pflanzenheilkundliche standardisierte Verfahren für die Patienten (neben der Schulmedizin) zur Verfügung stelle.




Salve medicus domesticus,

freue mich sehr über einen weiteren naturheilkundlich tätigen Mediziner.Die Commission E
hat sich zwar bemüht, die Natur jedoch läßt sich NICHT standardisieren.Gerade die Synergie-
effekte der verschiedenen Pflanzeninhaltsstoffe sind die Chance.Die Natur hat viel mehr Zeit
für die feine Abstimmung verwendet als die Menschheit existiert.
Wer die Entwicklung der Antibiotika ( Flemming 1945 ) betrachtet kann doch nur Ehrfurcht vor
der Schöpfung empfinden. Der Mensch erhebt sich über die ( seine ) Natur und ist doch NUR
ein kleiner Mosaikstein ( Bruchstein )
Erfolgreiche Woche beim Einsatz der Naturheilkunde wünscht

Hans Christoph
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Re: Zum Nutzen der Kranken - Kräuterbücher aus dem 16 Jhd.

Beitragvon Pharmaziegeschichte » Mo 16. Jul 2012, 09:46

consus hat geschrieben:"Herbarum vivae eicones..." O librum mirificum!
Qui cupis ingenitas Herbarum noscere vires
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Quaeque sit unius facies cuiusque doceri,
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Salve consus,

es ist schön zu wissen es gibt nach wie vor noch, oder wieder, Menschen die sich für Kräuterbücher
und die Väter der Botanik wie Otho Brunfels , Hieronymus Bock, Leonhart Fuchs, Tabernaemontanus,
Paracelsus u.a. interessieren.Ebenso interessant ist neben dem Inhalt der Kräuterbücher jedoch auch
das Wissen um die Herstellung dieser Bücher und die Erhaltung ( Restaurierung ) solcher Buchschätze.
Damit dieses Wissen nicht verloren geht habe ich in der Sonderausstellung " Zum Nutzen der Kranken"
im Römermuseum von Herrn Hahn einen Bildschirm mit Abspielgerät für DVD aufbauen lassen. Der
Inhalt der DVD zeigt Schritt für Schritt die Restaurierungsschritte eines Kräuterbuches aus dem 16.Jahr-
hundert. Links in der Vitrine liegt ein unrestauriertes Kräuterbuch, rechts das komplett restaurierte
Kräuterbuchexemplar. Bis vor wenigen Jahren existierte noch die Firma Wildbrett die traditionsgemäß
Pergament mit alten Techniken noch herstellte. Für die Erhaltung solcher alten Handwerksberufe findet
sich leider KEINE Lobby, schade.
Erfolgreiche Woche wünscht

Hans Christoph
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Re: Zum Nutzen der Kranken - Kräuterbücher aus dem 16 Jhd.

Beitragvon Medicus domesticus » Mo 16. Jul 2012, 10:17

Salve Herr Christoph,
Sehr schön, dass Sie sich hier als einer, der die Ausstellung konzipiert hat, zu Wort gemeldet haben. Solche Ausstellungen bewerbe ich gerne, da sie den Blick auf frühere Methoden und Wissen in der Pflanzen- und Naturheilkunde schärfen. Originale sind viel schöner direkt anzuschauen. Einige sind auch schon digitalisiert. Wir haben hier im Forum auch schon über L.Fuchs´ Kräuterbuch "De Historia Stirpium" u.a. gesprochen und über das Macer Floridus:
http://www.e-latein.de/phpBB/viewtopic. ... ch#p221825
http://www.e-latein.de/phpBB/viewtopic. ... us#p232701
Schade, dass es nur noch wenig Fachleute gibt, die solche Bücher richtig restaurieren können. Deswegen ist das gute Digitalisieren so wichtig.
Das gute an der Commission E war, dass die Pflanzenheilkunde mal wahrgenommen wurde und Pflanzen auch offiziell monographiert wurden. Eine große Leistung hat auch Wichtl mit "Teedrogen und Phytopharmaka" beigesteuert. Mit "Standardisieren" meine ich nicht die Natur, die eine nahezu unendliche Quelle liefert, sondern, dass wir auch Substanzen, z.b.Tbl. mit standardisierter Inhaltsmenge verwenden und auch Teedrogen. Ich sammle auch in der Natur. Die Original-Bücher von damals geben sehr viele Hinweise aus der Erfahrungsmedizin. Meine Oma hat mich damals vor dem Medizinstudium schon zur Pflanzenheilkunde gebracht, da wir zusammen in den Bergen sehr viel gesammelt und getrocknet haben.

Weiter schönen Erfolg mit der Ausstellung ... :-D
Gruß, Medicus
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Re: Zum Nutzen der Kranken - Kräuterbücher aus dem 16 Jhd.

Beitragvon Pharmaziegeschichte » Mo 16. Jul 2012, 12:17

Grüß Gott medicus,
danke für die interessanten Zeilen. Der Beruf des Buchrestaurators war noch nie so wichtig wie aktuell.
Es gilt neben der Digitalisierung gleichgewichtig eben auch die Originale für die Nachwelt zu erhalten.Die Leistungen der Commission E ( Wahrnehmung / offizielle Monographien ) sind unumstritten.
Neben Wichtl sollten die Leistungen von Weiss nicht zurückstehen.
Die bedeutendste Rolle spielen jedoch z.B. Omas die das bew(a)(ä)hrte Wissen an die nächste Generation noch persönlich weitergeben.Mit dem bedeutendsten Volksbotaniker der jüngeren Vergangenheit Prof.Dr.Heinrich Marzell habe ich mich schon in den 80/ 90er Jahren beschäftigt.In Gunzenhausen konnte ich auch eine Sonderausstellung ( Museum ) in Erinnerung an ihn realisieren.
Es war mir sogar gelungen alte Weggefährten von Marzell noch aufzutreiben.Bei meinem Einführungs-
vortrag im Markgräflichen Jagdschloß konnte ich das Lebenswerk von Marzell auch im Besein seiner
Verwandten ( Loos ) Revue passieren lassen. Es war mir auch danach ein Bedürfnis ein Blumengebinde
an sein Grab zu bringen.
viele erfolgreiche Therapieerfolge wünscht

Hans Christoph
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