Vergil-Akrostichon?

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Vergil-Akrostichon?

Beitragvon Zythophilus » Mo 15. Apr 2013, 21:52

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Re: Vergil-Akrostichon?

Beitragvon RM » Mo 15. Apr 2013, 22:29

Wer weiss, was sich da noch alles versteckt hält?
Neee, das ist mir zu weit hergeholt. Außerdem hatte ich bisher nicht den Eindruck, als hätte Vergil über den nötigen Humor für solche Spielchen verfügt.

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Re: Vergil-Akrostichon?

Beitragvon Zythophilus » Mo 15. Apr 2013, 22:51

Ich bin etwas unsicher und halte es nicht wirklich für glaubwürdig, aber wenn Vergil das absichtlich machte, dann war es ziemlich unnötig. arma uirumque cano ist ein ausreichendes "copyright" - als solches will man ja das postulierte Akrostichon verstehen -, noch dazu kenne ich keinen Hinweis, dass Vergil so etwas verwendet hätte.
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Re: Vergil-Akrostichon?

Beitragvon ille ego qui » Do 18. Apr 2013, 16:44

Vergil und der Humor - ein ganz eigenes Erlanger Kapitel :D
Ille ego, qui quondam gracili modulatus avena
carmen et egressus silvis vicina coegi,
ut quamvis avido parerent arva colono,
gratum opus agricolis, at nunc horrentia Martis
arma virumque cano ...
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Re: Vergil-Akrostichon?

Beitragvon RM » Do 18. Apr 2013, 18:32

ille ego qui hat geschrieben:Vergil und der Humor - ein ganz eigenes Erlanger Kapitel :D

Erzähl mehr!

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Re: Vergil-Akrostichon?

Beitragvon ille ego qui » Fr 19. Apr 2013, 15:00

ein überaus (bisweilen allzu?) geistreicher und feinfühliger dozent hält bei uns semester für semester ein privatissimum, in dem er (seit jahren) die ganze aeneis buch für buch oder vielmehr vers für vers und wort für wort behandelt. vor allem daraus, dass er die einzelnen wörter in ihren bedeutungen sehr, sehr ernst zu nehmen versucht, ergeben sich oft durchaus komische, skurrile bilder und gedanken. ob man diesen humor sehe, sagt er gerne, hänge von dem vergilbild ab, mit welchem man an den text herangehe. ein beispiel, das mir spontan einfällt:

Dido, die sich nie mehr zu heiraten geschworen hat, sagt über aeneas:
"huic uni poteram succumbere culpae"

man nehme succumbere nur einmal beim wort! ja, bis das wort "culpae" ausgesprochen ist, kann man gar nicht anders als den vers eklatant sexuell zu verstehen. und dergleichen ... :D

vale.
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Re: Vergil-Akrostichon?

Beitragvon RM » Fr 19. Apr 2013, 17:48

"eklatant sexuell" hat ja noch nichts mit Humor zu tun - und die Pointe ändert den Sinn jetzt auch nicht direkt ins Gegenteil. Da die Römer aber zur Zeit des Vergil weniger puritanisch waren als wir, würde ich das eher als harmlos bezeichnen. Aber richtiger Humor bei Vergil - wie z. B. bei Martial? Da muss man doch sehr mit der Lupe suchen. Ich glaube, das Humorvollste, was er (nicht) geschrieben hat, steht in der Appendix.

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Re: Vergil-Akrostichon?

Beitragvon ille ego qui » Sa 20. Apr 2013, 14:07

also "witzig" fände ich diese lesart schon (entweder: mich unter diese schuld legen / bzw. mit auto-korrektur des lesers am ende des verses: "ach so, er meinte 'einer SCHULD erliegen') ... ;-)
vielleicht hat sursumdeorsum noch weitere beispiele in "promptu".
der vorwurf mit der lupe könnte hier und dort allerdings greifen ... ;-)
vale.
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Re: Vergil-Akrostichon?

Beitragvon Zythophilus » Sa 20. Apr 2013, 16:43

Ich hätte z.B. die Begegnung des Aeneas mit Dido in der Unterwelt mit subtilem Humor gestaltet:
„Vnde uenit fumosus odor?“, miratur et umbram,
quam rogus infecit nigro flammaeque colore,
ascpicit: „Ora nigrent licet, – a! – mihi nota uideris.
Quae causa horribilis tenebris te tradidit Orci?"
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Re: Vergil-Akrostichon?

Beitragvon Zythophilus » Sa 20. Apr 2013, 17:04

Nach dem Tod des Laokoon und seiner Söhne könnte man eine der Schlangen zu Wort kommen lassen:
Serpentem comitem serpens sic uate necato
adloquitur: „Qualis tua cena? Rogo, ut mihi, amabo,
e pueris unum permittas. Viscera dura
esse senis constat, nec iam sum dente tenaci.“
Zuletzt geändert von Zythophilus am Sa 20. Apr 2013, 17:08, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Vergil-Akrostichon?

Beitragvon RM » Sa 20. Apr 2013, 17:04

Es gibt da einen - ganz witzigen - Brief von Cicero (Cic, Fam, 9, 22), in dem er sich über Obszönitäten und entsprechende Anspielungen auslässt.
Aber ja, irgendwie ist bei Vergil kein Sinn für Humor zu verspüren. Ich habe gerade mal nach "Humor bei Vergil" gegoogelt und eine Ausgabe von The Classical Weekly gefunden ("Humor in Homer and in Vergil").
Ist schon interessant. Der Autor schreibt doch tatsächlich, dass bei Vergil nur in Buch 5 eine komische Situation vorkommt, die darüber hinaus von Homer übernommen wurde.

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Re: Humor bei Vergil

Beitragvon Prudentius » So 21. Apr 2013, 09:54

irgendwie ist bei Vergil kein Sinn für Humor zu verspüren.


Vielleicht gab es ja auch nicht so viel zum Lachen, versetzt euch doch nur in die Zeit!

Aber seht ihr nicht zu sehr den Humor als Zeichen lustiger, gut aufgelegter Leute? Ich denke an den Humor von Karl Valentin, da bleibt einem manchmal das Lachen im Halse stecken. Die Psychoanalyse eröffnet da Einblicke, "Humor ist, wenn man trotzdem lacht", Humor kann eine Überlebensstrategie sein.

P. :)
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Re: Vergil-Akrostichon?

Beitragvon Zythophilus » So 21. Apr 2013, 11:25

An der Epoche würde ich die postulierte Humorlosigkeit Vergils nicht festmachen. Horaz lebt zur selben Zeit und hat durchaus Humor.
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Re: Vergil-Akrostichon?

Beitragvon RM » So 21. Apr 2013, 11:55

... und auch, wenn man die überlieferten Schriften und Sprüche des großen Idols dieser Zeit - Augustus - liest, sprudeln die nur so über von teilweise sehr obszönem Humor.

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Re: Vergil-Akrostichon?

Beitragvon SursumDeorsum » So 21. Apr 2013, 22:04

Wie sieht es denn hiermit aus?

Der auf seiner Wolke sitzende Gott Apoll, der Ascanius (Ja sauber, Bürschler!) folgendes zuruft:

Macte nova virtute puer, sic itur ad astra!

oder Neptun, der sich mit den impertinenten Winden anlegt und sich zu einer schönen Aposiopese (euch werd' ich...!) hinreißen lässt?

Tantane vos generis tenuit fiducia vestri?
Iam caelum terramque meo sine numine, venti,
miscere, et tantas audetis tollere moles?
Quos ego... sed motos praestat componere fluctus.


Ich denke, wenn man komische Elemente sucht, findet man auch welche - wenn nicht in der Aeneis, hat man ja noch zwei andere Werke unseres Dichters.
Pangere non potuit nisi potus scurra Cratinus;
sunt mihi fata eadem: Pierides madeant!


Mox Melitam multo mala murmure maltha migrabit.

Iuppiter est, quodcumque vides, quodcumque moveris.
Sortilegis egeant dubii semperque futuris
Casibus ancipites: me non oracula certum,
Sed mors certa facit. Pavido fortique cadendum est:
Hoc satis est dixisse Iovem.
SursumDeorsum
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