Vortrag auf Altgriechisch

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Re: Vortrag auf Altgriechisch

Beitragvon Medicus domesticus » Mi 19. Nov 2014, 21:06

Ich denke, dass der Übergang in die aktive Form des Lateinlernens notwendig ist, um das Fach wirklich langfristig zu erhalten, insbesondere um die Steifheit aus dem Fach herauszunehmen. Ich weiß, dass sich die jungen Lehrer, auch meiner Kinder, da wirklich manchmal bemühen. Manche sind auch mal so revolutionär und verschanzen sich nicht immer hinter Lehrplanvorgaben. Diese Praxisferne im Studium nach altem Schema mit viel zu wenig Praxis ist doch auch die Crux.
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Re: Vortrag auf Altgriechisch

Beitragvon Laptop » Do 20. Nov 2014, 01:38

Ich glaube es ist mühsam und sinnlos zu bemängeln, wie man es nicht machen sollte (die Lehrpläne und deren Umsetzung sind ein Holzweg, den man besser unkommentiert lassen sollte), sondern man muß zeigen wie man es machen sollte. “Lingua Latina per se illustrata” ist z. B. so ein Argument, das allein aus seiner Existenz heraus besteht. Ørberg hat auch nicht gepredigt, sondern einfach gemacht. Leider ist das Buch ziemlich altbacken, grossmütterlicher Inhalt (Julia und Markus laufen über eine Wiese, oh, da kommt ein Schmetterling!), kein Multimedia, keine Emotionen, Papier in Schwarz und Weiß, das soll der neueste Stand sein? Der einige Jahrhunderte ältere Comenius war mit seinem Multimedia-Prinzip schon fortschrittlicher. Das Buch von Ørberg ist gut, keine Frage, aber wenn so ein Buch die einsame Leuchtfackel der Didaktik sein soll, dann sieht man daran in welch trostloser Dunkelheit wir uns befinden.

Zudem fängt die Irrationalität schon damit an, daß folgende Fragen nicht gestellt werden:
1) will ich etwas lernen?
2) welche Motivation/Ziel treibt mich dazu an es zu lernen?
3) wie kann ich es anwenden?
4) will ich es anwenden?
5) was bin ich bereit dafür zu tun? wieviel Zeit zu opfern?
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Re: Vortrag auf Altgriechisch

Beitragvon Medicus domesticus » Do 20. Nov 2014, 20:55

Es wird ja schon gezeigt, wie es gehen könnte.. :wink:. Klar ist Lingua Latina per se illustrata schon länger präsent, aber es gibt auch eine farbige Vivarium Novum- Ausgabe (Focus Publishing) , z.B. Pars I Familia Romana (habe ich zuhause). Die neuen Medien sind doch nicht entscheidend, sondern die Lehrform. Lingua Latina per se illustrata ist nur die Grundlage. Die Ausschmückung und aktive Gestaltung erfolgt durch den Lehrer (vgl. die engagierten Veranstaltungen von Luigi Miraglia et al.). Meine Kinder finden diese Art des Lernens auf jeden Fall sehr interessant.
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Re: Vortrag auf Altgriechisch

Beitragvon Laptop » Do 20. Nov 2014, 21:32

Medicus: naja, die sprachlichen Elemente, die gelernt werden sollen, nennen wir diese Elemente einmal der Einfachheit wegen “Vokabeln”, sollten Eindruck machen, z. B. mit Eigenhandlungen oder Gemütsbewegungen verknüpft sein, zumindest aber mit Klang und Bild. Bücher können das naturgemäß nicht liefern. Man kann Texte lebendig werden lassen indem man z. B. lateinische Theaterstücke spielen läßt, das ist wunderbar. Man hat dann diese Leistung als Lehrer selbst erbracht, nicht das Lehrmedium. Ich glaube man kann so einen Einsatz nicht als Standard voraussetzen, das machen nur wenige Lehrer.

In Miraglias Rede kommen verschiedene Namen vor, die ich nicht einordnen kann. Weiß jemand vielleicht wer gemeint ist mit
• Godofredus Monauthensis (Quotiescumque etiam media ætate homines doctrina polluerunt sicut exempli gratia Eginhardus, Paulus Diaconus, Alcuinus, Godofredus Monauthensis, & plurimi alii, statim redierunt ad illud exemplar, quod Cicero & alii eius æquales nobis proposuerunt.)
• Hermannus (Wolfium & Hermannum excipio, quia illi satis bene Latine loquuntur.) Welcher deutsche Altphilologe hieß mit Nachnamen “Hermann”?
• Menecellus (Et Jacobus Pontanus, ante hos duos dies nostra Aloisia legit locum ex dialogis Pontani in quibus Menecellus & alter grammaticus inter se disputant de illis rebus absurdis quæ iam disputabantur ætate Taciti aut ætate etiam Petronii.)
• Petrus Triconus (Petrus Triconus, Conradus Celtis & plurimi alii canebant carmina. ), vermutlich eine Latinisierung von einem Namen wie *Dreizapf oder so etwas, aber ich komme nicht drauf!
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Re: Vortrag auf Altgriechisch

Beitragvon ille ego qui » Fr 21. Nov 2014, 14:55

Das mit vulpius war ein Scherz, wenn er auch natürlich leute wie ihn meint und ihn auch persönlich sehr gut kennt! ;)
sein Latein hat vielleicht einen nachklassischen Einschlag, aber richtig grobe Schnitzer? Hast du noch andere beispiele? leider kann ich gerade nicht hören, aber das er "loquimus" halte ich für fast ganz ausgeschlossen. so etwas würde ihm, behaupte ich, nicht im Traum einfallen. Hör vielleicht noch mal hin ;)
Fehler, die man selbst verbessert, zählen nicht, die passieren auch im sermo patrius ;)
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Re: Vortrag auf Altgriechisch

Beitragvon ille ego qui » Fr 21. Nov 2014, 15:12

ich frage mich, ob der Einfluss der fachdidaktik so groß ist, im Studium kommt sie jedenfalls bei uns nur sehr am Rande vor und wird wenig ernst genommen). lebendige Beispiele bräuchte es. die dozenten gehören zu den besten lateinern. der Sprung zum sprechenkönnen wäre bei ihnen verhältnismäßig klein, zugleich ihr wirkungsradius als lehrerausbilder groß.
(könnte zumindest auf diese eine entsprechende fachdidaktik wirken? ich bin unsicher. die meisten belächeln und verachten sie so und so.)
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Re: Vortrag auf Altgriechisch

Beitragvon Laptop » Fr 21. Nov 2014, 16:58

Er sagt aber loquimus. Außerdem: Wolfius cum primum nomen dedisset universitati ... müßte da nicht “dedit” stehen?

Mein Hauptkritikpunkt ist aber, daß er von der Wichtigkeit spricht, die Aussprache korrekt zu lernen, und dann höre ich bei Miraglia folgende Kurzvokale deutlich gelängt (die weniger deutlich gelängten führe ich hier nicht auf)
incĭpere
iŏca
cŏlat
nĭsi
nŏva
ŏpus
tămen
fĕre
rĕdeat
Und beim Vorredner fällt mir auch noch die Längung auf von
hŏdie (Vorredner)
pŭtant (Vorredner)
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Re: Vortrag auf Altgriechisch

Beitragvon ille ego qui » Fr 21. Nov 2014, 18:44

"cum primum dedisset" - ja, ganz streng genommen und vor dem hintergrund der schulgrammatik ;) RM findet bestimmt irgendwo in den Tiefen der Latinitas Gegenbeispiele ;)
wo spricht er denn von der wichtigkeit der aussprache? am anfang nimmt er nur auf einen vortrag bezug, in dem es offenkundig um die aussprache ging und bittet um entschuldigung für seine eigene pronuntatio Italica. er selbst ist anhänger der italienischen kirchenaussprache, die offene silben ja längt. zumindest in sich konsequent, wenn ich es auch selbst so nicht lehren würde ;-)

p.s.: wo meinst du das mit "loquimus"? ich habe die stelle "nos loquimur semper de latinitate viva" nachgehört. zumindest hier kann ich beileibe kein "r" hören. oder meinst du eine andere stelle?
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Re: Vortrag auf Altgriechisch

Beitragvon ille ego qui » Fr 21. Nov 2014, 18:50

das S gehört zu semper! Ein solche Schnitzer würde ihm tatsächlich nie passieren - und tausend mal nicht, ohne dass er ihn bemerkte.
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Re: Vortrag auf Altgriechisch

Beitragvon Laptop » Fr 21. Nov 2014, 19:16

Ja, ich meine die Stelle nos loquimus semper de Latinitate viva, und es kann sein, daß er das r verschluckt, insofern dann kein Fehler.

Was die Vokallängen angeht, darüber möchte ich eher diskutieren. Denn er längt m. E. nicht konsequent alle offenen Silben. Er sagt vĕlim, lŏcutione, Cĭcero, alles korrekt gekürzte offene Silben. D. h. er spricht ja die meisten offenen Silben, die kurz sind, auch korrekt kurz. Aber eben nicht die, die ich oben aufgelistet habe. Die fallen deutlich aus dem Rahmen.
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Re: Vortrag auf Altgriechisch

Beitragvon Medicus domesticus » Fr 21. Nov 2014, 21:34

Ich habe mal zwei deiner Fragen genauer untersucht, Laptop:
Laptop hat geschrieben:• Menecellus (Et Jacobus Pontanus, ante hos duos dies nostra Aloisia legit locum ex dialogis Pontani in quibus Menecellus & alter grammaticus inter se disputant de illis rebus absurdis quæ iam disputabantur ætate Taciti aut ætate etiam Petronii.)

--> Es muß Menicellus heißen.

Laptop hat geschrieben:• Petrus Triconus..

--> Petrus Tritonius
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Re: Vortrag auf Altgriechisch

Beitragvon Tiberis » Fr 21. Nov 2014, 22:45

Laptop hat geschrieben: Weiß jemand vielleicht wer gemeint ist mit
• Godofredus Monauthensis

ich denke, es handelt sich um Gottfried (Geoffrey)von Monmouth, den verfasser der Historia Regum Britanniae (12.jh.); sein name wurde hier wohl falsch transskribiert.
im übrigen hielte ich eine inhaltliche auseinandersetzung mit Miraglias streitbarer rede für angebrachter als über irgendwelche nicht korrekt ausgesprochene kürzen herumzumeckern. genau diese Beckmesserei ist es ja, gegen die sich Miraglia in seiner rede wendet. wir wären also gut beraten, nicht noch wasser auf seine mühlen zu gießen.
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Re: Vortrag auf Altgriechisch

Beitragvon ille ego qui » Sa 22. Nov 2014, 01:51

bene nos mones, Tiberis :-)
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Re: Vortrag auf Altgriechisch

Beitragvon Laptop » Sa 22. Nov 2014, 02:10

Tritonius

@Medicus, Volltreffer, Danke!

Menicellus

Sehr gut! Eine Figur im “Dialogus qui Charon inscribitur” bei Ioannes Pontanus. Den hier Miraglia fälschlich “Jacobus” (recte: Ioannes) Pontanus nennt. Grober Patzer.

Jeoffrey Monmouth

@tiberis Das muß er sein! Ich kann auch die Latinisierung Monmouthensis finden, soweit korrekt, aber sein Vorname wurde zeitgenössisch Galfridus latinisiert, nicht Godofredus. Kleine Unstimmigkeit von Miraglia.

im übrigen hielte ich eine inhaltliche auseinandersetzung mit Miraglias streitbarer rede für angebrachter als über irgendwelche nicht korrekt ausgesprochene kürzen herumzumeckern. genau diese Beckmesserei ist es ja, gegen die sich Miraglia in seiner rede wendet. wir wären also gut beraten, nicht noch wasser auf seine mühlen zu gießen.
Das sehe ich etwas anders. Zum einen geht es ja darum, daß Miraglia ein Vorbild für jeden ist, der Latein sprechen lernen will. Und als solches Vorbild sollte er sich auch Kritik gefallen lassen, gerade wenn es um so etwas wichtiges wie Vokal-Quantitäten geht. Denn auf der anderen Seite wird dem Schüler erklärt wie wichtig die Kenntnis von Längen und Kürzen für die lat. Dichtung ist. Und Aufklärung ist dringend nötig, für einige der Vortragenden, und für fast alle Zuhörenden, die sich an die falsche Aussprache gewöhnen. Und nichts ist gefährlicher, als sich an etwas Falsches zu gewöhnen, denn das bekommst man nur noch sehr schwer aus dem Gedächtnis. Übrigens, derr einzige, der sich wenig Blöße gibt ist Bas van Bommel und der Tscheche.

Ich habe das Transkript mal etwas korrigiert, hier: http://tinyurl.com/aloisiusmiraglia
Zuletzt geändert von Laptop am Sa 22. Nov 2014, 04:25, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Vortrag auf Altgriechisch

Beitragvon ille ego qui » Sa 22. Nov 2014, 03:31

Um Himmels willen, armer Aloisius! Das kann man ja nicht anschauen. Wem ist damit gedient, wenn Dinge, die er selbst verbessert, im Transkript stehen? So ein Transkript will doch niemand lesen. Ich konnte nicht lang draufschauen, aber wie gesagt, sagt er definitiv "loquimur" - das apikale -r ist sogar deutlich zu hören! -, die form "ioca" ist frei von jedem Anstoß etc.
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