Vortrag auf Altgriechisch

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Re: Vortrag auf Altgriechisch

Beitragvon ille ego qui » Sa 22. Nov 2014, 03:34

'sentiamus' spricht er natürlich italienisch. an einigen stellen verhörst du dich grundlos.
also ich finde diese "korrekturen" wirklich sehr übertrieben. aloisius fände das - zu recht - sehr deutsch :D
Ille ego, qui quondam gracili modulatus avena
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Re: Vortrag auf Altgriechisch

Beitragvon ille ego qui » Sa 22. Nov 2014, 03:39

jetzt scrolle ich doch durch den "korrigierten" text:

Angli distingunt weather, tense and time


Hier erläuterst du, der lateiner habe dafür einzig das wort "tempus". das ist nicht richtig. "tempus" ist kaum ein Substantiv, was im lat. "Wetter" bedeuten könnte. Vielmehr geht er hier offenkundig vom Italienischen aus.
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Re: Vortrag auf Altgriechisch

Beitragvon ille ego qui » Sa 22. Nov 2014, 03:42

wenn Aloisius im "Lateinischen" "ma" sagt, dann als Interjektion ;-)
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Re: Vortrag auf Altgriechisch

Beitragvon ille ego qui » Sa 22. Nov 2014, 03:58

und ein letztes: ein echter quantitätenfehler wäre nur dann zu geben, wenn der vokal tatsächlich lang ausgesprochen wird, also etwa doppelt so lang wie ein kurzer - es reicht m.E. für einen Fehler nicht, wenn ein kurz zu sprechender Vokal geschlossen artikuliert wird. das wäre dann allenfalls ein fehler der vokalQUALität (sofern sich für die im lateinischen überhaupt etwas beweisen lässt!).
generell ist ein solches aussprache-korrigieren uferlos. z.B. müsste in "luculentus" natürlich die erste silbe genauso lang sein wie die vorletzte (eine natur-, eine positionslang), um einen von unzähligen beispielen herauszupicken. du könntest untersuchen, ob doppelkonsonanz korrekt realisiert wird (v.a. auch in der senkung), natur- und positionslänge (auch dies v.a. auch in der Senkung), ob der übergang zwischen den silben korrekt gestaltet ist (positionslängen, aphäresen, synaloephen), ob wirklich lange und kurze silben konsequent in einem längenverhältnis 1:2 stehen; ja, du könntest untersuchen, ob korrekt zwischen dem akut- und dem zirkumflex-akzent unterschieden wird etc. etc. :-P
um all das kann man sich natürlich selbst bemühen, aber seien wir bei einem redner wir miraglia nicht päpstlicher als der papst!

um einmal etwas inhaltliches - und doch sehr sprachliches - anzusprechen: Stimmt ihr Aloisius zu, dass der Ablativus Absolutus dynamischer und für hektische Abfolgen besser geeignet ist als ein Nebensatz - genauer gesagt, dass er im Lateinischen in solchen Zusammenhängen bevorzugt wird?

Inhaltlich stimme ich Aloisius so lange zu, bis ich selbst mit dem Versuch einen Lateinunterricht in diesem Sinne zu machen, grandios auf die Schnauze falle :D Bis dahin bin ich voll und ganz einer Meinung mit ihm. Tiberis schrieb mal, er habe mit dem Latinitas-viva-affinen Schulbuch "Lingua Latina per se illustrata" keine allzu guten Erfahrungen gemacht. Dies mag aber daran liegen, dass es sich eignet für einen tatsächlich lebendigen Lateinunterricht, in dem möglichst von Anfang an so viel lebendiges Latein im Klassenzimmer zu hören ist wie nur möglich. Für einen solchen scheint es mir momentan das beste, das es gibt. Ich hoffe, man hindert mich nicht, es selbst zu erproben ;-)
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Re: Vortrag auf Altgriechisch

Beitragvon ille ego qui » Sa 22. Nov 2014, 04:00

Streiten könnte man über die große "Schuld" der Altertumswissenschaften am Zustand des Schulunterrichts. Sebastianus van Bommel vertritt da ja in seinem Vortrag eine - von Aloisius knapp, aber ausdrücklich in Frage gestellte - etwas abweichende Theorie.
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Re: Vortrag auf Altgriechisch

Beitragvon Laptop » Sa 22. Nov 2014, 04:32

Um Himmels willen, armer Aloisius! Das kann man ja nicht anschauen. Wem ist damit gedient, wenn Dinge, die er selbst verbessert, im Transkript stehen?
Ich habe es in erster Linie für mich selbst geschrieben, wenn es anderes hilft um so besser. Und heimliche “Glättungen” mag ich nicht :-(

Hier erläuterst du, der lateiner habe dafür einzig das wort "tempus". das ist nicht richtig. "tempus" ist kaum ein Substantiv, was im lat. "Wetter" bedeuten könnte. Vielmehr geht er hier offenkundig vom Italienischen aus.

Habe ich korrigiert.

'sentiamus' spricht er natürlich italienisch. an einigen stellen verhörst du dich grundlos.

Ja, warum spricht er dann nicht vieles andere auch italienisch? Das wäre deiner Meinung nach alles kein Problem? Dann ist es aber kein Latein mehr. Verbesserungen sind übrigens die Dienstleistung, die am übelsten bezahlt wird: meistens mit einem verbalen Tritt in den Allerwertesten :-) Iōca ist unüberhörbar falsch gelängt bei Miraglia, ich versuche einzugreifen, damit sich sowas nicht im Gedächtnis festsetzt. Das ist mir wichtig. Oder sagen wir es anders. Mein Ansatz ist, wie viele Redner im Athenaeum schon betonten, das Lernen der Sprache über das Ohr. Darüberhinaus setze ich mich für ein striktes und deutliches Unterscheiden von kurzen und langen Vokalen ein, so wie es bspw. Bas van Bommel auch tut. Das ist auch für die Zuhörer “die beste Medizin”.
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Re: Vortrag auf Altgriechisch

Beitragvon Medicus domesticus » Sa 22. Nov 2014, 11:16

So ein Transkript und einen Vortrag von Miraglia mal durchzugehen, finde ich durchaus berechtigt, da Miraglia ja ein großes Vorbild für das lebendige Latein ist. Beckmesserei, wie Tiberis angibt, wird ja von den heutigen Philologen, auch in diesem Forum, noch genügend betrieben. Da sollte man sich doch etwas zurückhalten. Wenn ich Miraglias Vortrag anhöre, gefällt mir besonders der Redefluß, der einzigartig ist. Mich stört manchmal auch die sehr stark italisierte Aussprache, aber man gewöhnt sich dran. Er benutzt eine sehr natürliche Form des Vortrags, könnte genauso gut ein italienischer sein. Er reißt einfach mit. Bas van Bommel und der Tscheche sind sicher näher an "unserer Aussprache" und an der Restituta, aber wirken viel steifer. Sicher hört man Fehler bei Miraglia mal in den Vokallängen, aber ich denke da fällt man auch manchmal in seine eigene Muttersprache zurück. Das merke ich auch, wenn ich selbst Latein spreche. Das möchte ich ihm nicht ankreiden, weil ich auch weiß, wie schwierig es ist, da durchgehend konsequent zu bleiben. Mir gefällt sein Engagement für Latein. Er will sich für die Sprache einsetzen und macht dies ja auch praktisch seit langem in Kursen. Ich denke, viele Lateinlehrer, auch Hochschullehrer, könnten von ihm lernen.

Inhaltlich stimme ich mit ihm überein, was auch diese Neolatinisierung von immer absurderen Begriffen betrifft, die keiner mehr auf Anhieb versteht. Er hat auch recht, das sich Latein ,natürlich weil die Sprache tot ist, leicht tut, dass man sich auf einen Standard berufen und verständigen kann, der sich kaum verändert hat. Und trotzdem lässt sich in dieser Sprache hervorragend diskutieren.

Mit Lingua Latina per se illustrata Pars I habe ich mal in den Sommerferien mit meinen zwei Kindern, die momentan Latein lernen, experimentiert, nur auf lateinisch mit den Texten und Erklärungen. Ich habe in kurzer Zeit gute Erfahrungen bei meinen Kindern gemacht und auch eine Steigerung des Textverständnisses und Leseflusses festgestellt. Und was das Wichtigste war, dass es Ihnen wirklich Spaß gemacht hat so zu lernen. Meine Kleine (10 Jahre) hat noch kein Latein, interessiert sich aber dafür und will wissen, was verschiedene Dinge auf Latein heißen und schreibt sich das schon auf. Ich werde mit ihr mal in den Ferien mit Pars I Familia Romana spielerisch anfangen.
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Re: Vortrag auf Altgriechisch

Beitragvon ille ego qui » Sa 22. Nov 2014, 11:40

das ist ja wunderbar!
entschuldige laptop, ich hab's zu später Stunde etwas übertrieben ;)
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Re: Vortrag auf Altgriechisch

Beitragvon Tiberis » Sa 22. Nov 2014, 12:10

ille ego qui hat geschrieben:Tiberis schrieb mal, er habe mit dem Latinitas-viva-affinen Schulbuch "Lingua Latina per se illustrata" keine allzu guten Erfahrungen gemacht.

stimmt. aber daran war nicht Örbergs buch an sich schuld, jedenfalls nicht, soweit es den methodischen ansatz betrifft. es lag wohl hauptsächlich daran, dass die Örbergschen texte von schülern, die erst ab der 9. schulstufe mit Latein beginnen, als zu kindlich empfunden werden. außerdem sind die lektionen aufgrund ihrer erheblichen länge (die übungen gar nicht erst mitgerechnet) mit der zur verfügung stehenden stundenzahl praktisch nicht in einklang zu bringen. trotzdem bin ich von Örbergs methode nach wie vor überzeugt.


die hier geäußerte kritik an Miraglias aussprache - ich habe nicht von ungefähr von Beckmesserei gesprochen - erinnert mich in gewisser weise an den unübertrefflichen Georg Kreisler und seine satirische abrechnung mit den musikkritikern :evil: http://www.youtube.com/watch?v=6ozEA0JJiCY
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Re: Vortrag auf Altgriechisch

Beitragvon Medicus domesticus » Sa 22. Nov 2014, 12:20

Tiberis hat geschrieben:die erst ab der 9. schulstufe mit Latein beginnen

Das gibts bei uns aber kaum. Der Beginn ist momentan bei uns in der 5. als erste Fremdsprache oder in der 6. als zweite Fremdsprache. D.h. die Kinder sind auch erst 10 bis 11 Jahre alt. Die herkömmlichen Schulbücher beginnen ja auch auf ganz einfachen Niveau (vgl.Campus).
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Re: Vortrag auf Altgriechisch

Beitragvon ille ego qui » Sa 22. Nov 2014, 12:30

lustiger zufall. vor nicht einer woche habe ich kreislers musikkritiker-lied selbst erstmals entdeckt

:D
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Re: Vortrag auf Altgriechisch

Beitragvon SursumDeorsum » Sa 22. Nov 2014, 12:47

ille ego qui hat geschrieben:lustiger zufall. vor nicht einer woche habe ich kreislers musikkritiker-lied selbst erstmals entdeckt

:D


Aaaaber heute findet jede Zeitung größere Verbreitung durch Musikkritikerrrrr.. :P
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Re: Vortrag auf Altgriechisch

Beitragvon ille ego qui » Sa 22. Nov 2014, 12:51

Aaaaaberrrr ... Herrrrr ....
(ist diese meine - Erlanger - Assoziation von dir intendiert? :D)
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Re: Vortrag auf Altgriechisch

Beitragvon SursumDeorsum » So 23. Nov 2014, 01:23

Ita! :-D
Pangere non potuit nisi potus scurra Cratinus;
sunt mihi fata eadem: Pierides madeant!


Mox Melitam multo mala murmure maltha migrabit.

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