Römische Feldherren

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Römische Feldherren

Beitragvon RM » So 15. Mär 2015, 17:15

Es bestand ja schon lange der begründete Verdacht, dass Russland der Rechtsnachfolger des römischen Reichs ist, nachdem der Zar damals eine Nichte des letzten Kaisers von Konstantinopel geheiratet hatte. Hier endlich Neuigkeiten: http://www.spiegel.de/politik/ausland/putin-als-statue-aus-bronze-der-roemische-feldherr-a-1023632.html.

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Re: Römische Feldherren

Beitragvon Zythophilus » So 15. Mär 2015, 22:37

Hanc Tiberis iam rem derisit carmine salso:
Quo redeunte loco Caesare, Brute, lates?

viewtopic.php?f=18&t=24557&p=314386#p314386
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Re: Römische Feldherren

Beitragvon Prudentius » Mo 23. Mär 2015, 20:09

Warum sollte man nicht anerkennen, dass die Orthodoxen nach dem Fall von Konstantinopel 1453 ihre Sache nicht haben untergehen lassen wollen? Wie ernst die Übernahme der Rom-Rolle durch Moskau überhaupt war, weiß ich nicht, die Orthodoxie ist ja polyzentrisch organisiert, in vielen Patriarchaten, und auch das in Konstantinopel existiert noch. Wir im Westen können ja gar nichts sagen, wir haben ja mit der "translatio imperii" angefangen, an Karl den Großen 800. Die russische Föderation hat als Staatswappen den byzantinischen Doppeladler, der Hammer und Sichel abgelöst hat.

Der Spiegel-Artikel dient der Förderung der "richtigen Einstellung" der Leser im Ukraine-Konflikt.
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Re: Römische Feldherren

Beitragvon Zythophilus » Mo 23. Mär 2015, 20:57

Die Wandlung des KGB-Agenten zum Christen glaubt halt nicht jeder. Putin hat die russisch-orthodoxe Kirche als Stütze seiner Macht erkannt, deren Vertreter wiederum schätzen es, dass er mit harter Hand gegen ihre Gegner vorgeht. Eine etwaige Vormachtstellung des russischen Patriarchen als des Vertreters des "dritten Roms" geht über Russland kaum hinaus, vielleicht zollen ihm die Serben etwas mehr Respekt, und auch in Athen gibt's eine gewisse Sympathie für die orthodoxen Brüder, aber dreinreden lässt man sich nicht.
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Re: Römische Feldherren

Beitragvon RM » Mo 23. Mär 2015, 22:39

Putin wurde von der Mutter orthodox erzogen, bevor er zum KGB ging - er war also zuerst Christ und wurde dann erst KGB-Agent. Interessant ist, dass Russland eigentlich eine ganz ähnliche Struktur hat wie das antike römische Reich: Es gibt eine große Stadt, in der fast alles entschieden wird und eine Menge Land mit teilweise sehr großen, kaum besiedelten Gebieten, unterschiedlichen Völkern und lokalen Machtstrukturen. Ich glaube nicht, dass man erwarten kann, dass in einem solchen Land, das sich über, wenn ich mich nicht irre, 9 Zeitzonen erstreckt, eine perfekte Demokratie stattfinden kann und wird. Dafür sind die Entscheidungen zu Moskau-zentriert und die Interessen lokaler Politiker zu unterschiedlich. Allerdings ist Putin keinesfalls mit einem Tyrann wie Dionysios I von Syrakus zu vergleichen, der in das Leben seiner Untertanen willkürlich hineinregieren konnte. Der Vergleich mit einem römischen Kaiser ist da schon besser. Es ist nun anscheinend so, dass sich auch die Kirche gerne im Dunstkreis der Macht agiert, was ja auch bei uns des Öfteren zu beobachten war und ist. Ob die orthodoxe Achse nach Griechenland wieder stärker wird, ist im Zuge der Finanzkrise in der Tat eine interessante Frage.

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Re: Römische Feldherren

Beitragvon Zythophilus » Di 24. Mär 2015, 00:36

Wenn Putin zuerst Christ war, dann war er spätestens als hochrangiger Vertreter eines Unrechtsregimes, das auch Christen verfolgte, keiner mehr; ein kleiner Mitläufer war Putin sicher nicht nur. Dass er wirklich orthodox erzogen wurde, lässt sich vermutlich auch nicht nachweisen, klingt aber gut. Er kannte das Ganze von seiner Mutter, aber welchen Einfluss die hatte, oder ob es einfach als Spinnerei toleriert wurde, ist wieder etwas anderes. Es wirkt aber jedenfalls besser, als wenn er zugeben müsste, er hätte als braver Kommunist nie etwas darauf gegeben.
Nach dem Ende der Sovietunion folgte keine Aufarbeitung der Verbrechen, die alten Machtstrukturen funktionierten eben mit demokratischen Anstrich weiter. Das ist der große Unterschied zu Rom. Wie Putin kam keiner an die Macht: Das hieße j,a ein durchaus einflussreicher Mann der zweiten Reihe, der an einem Umsturz nicht beteiligt ist, wird im neuen System zum Machthaber, und auf einmal stellt sich heraus, dass er ohnedies eigentlich immer gegen das alte System gewesen wäre. Weiters brauchten römische Kaiser nicht zu behaupten, etwas mit Demokratie zu tun zu haben.
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Re: Römische Feldherren

Beitragvon RM » Di 24. Mär 2015, 01:12

Römische Kaiser haben sehr wohl den Anschein der Republik bewahrt, so trugen sie z. B. den Titel eines Volkstribunen etc. Der Unterschied ist, dass in Russland die Macht (nicht mehr bzw. noch nicht) erblich ist. Und als Kommunist konnte man Putin nur bedingt bezeichnen. Die Art, wie Putin als Präsident an die Macht kam, trägt durchaus Zeichen demokratischer Entscheidungsprozesse. Der wesentliche Unterschied zum römischen Reich ist aber, dass es Russland als Staat noch gibt. Daran wird sich wohl auch mittelfristig nichts ändern.

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Re: Römische Feldherren

Beitragvon Prudentius » Di 24. Mär 2015, 19:40

Nach dem Ende der Sovietunion folgte keine Aufarbeitung der Verbrechen


Das liegt daran, dass das zugleich die glanzvollste Epoche der russischen Geschichte war, nie sonst hat Russland eine solche Weltmachtposition innegehabt, und Stalin wurde in die Ehrenloge der Weltgeschichte gesetzt, als Sieger von Stalingrad bekam er einen Lorbeerkranz, er war Eroberer von Berlin und Gastgeber von Potsdam, bei der Regelung der Verhältnisse für das Nachkriegsdeutschland. Die Westmächte haben davon profitiert, dass Stalin unumschränkt herrschte und Hitler von 1941 bis 1944 fast allein standhalten konnte.

Die Verbindung von Kirche und Staat war für Byzanz von Anfang an gegeben, das ging schon mit der Konstantin-Legende los: "In hoc signo vinces", Kaiser Konstantin präsidierte beim Konzil; im Westen gab es die Lehre von den beiden Gewalten im Staat, Schwert und Altar; es gab das "Gottesgnadentum", auf den engl. Münzen soll immer noch daraufstehen, nach dem Namen, "D.G.", Dei gratia regina...; und die Königin ist das Oberhaupt der anglikanischen Kirche.
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