"ἕξεις" im VI. Buch der Nikom. Ethik

Diskussionen zu den antiken Philosophen, ihren Ideen und ihrer Rezeption

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"ἕξεις" im VI. Buch der Nikom. Ethik

Beitragvon Ioscius » Mi 23. Dez 2015, 18:37

Hallo,

Aristoteles bezeichnet in kap. 3 des VI. Buches Nik. Eth. die Dinge, die dort behandelt werden ("ταῦτα δ᾽ ἐστὶ τέχνη ἐπιστήμη φρόνησις σοφία νοῦς") als ἕξεις. Unabhängig von den damit verbundenen Schwierigkeiten (bspw. Wird nicht insb. der νοῦς automatisch ohne ethische Wertung vom Menschen angewendet? Zählt nicht auch eine gewisse natürliche Veranlagung zu ἐπιστήμη/ wissenschaftlicher Präzision? Lösung: Man wendet immer wieder eine wissensch. Methodik an, die sich festfährt, parallel zu den ethischen Tugenden dann durch Gewöhnung der Hang da ist, sie im Leben anzuwenden und die Anwendung zu loben ist), wird der Begriff etwa von Aristoteles verwendet, um die moralische Bewertbarkeit dieser 5 genannten Dinge zu ermöglichen? ..Damit der Mensch also somit bewusst gut handelt und zu loben ist, weil er seine Vernunft um seiner selbst willen nutzt und das kontemplative Leben erfüllt? (Man vergleiche Buch 2 u. 3, wo die προαίρεσις ins Spiel kommt. Muss sich bewusst für etwas entscheiden, das nötige Wissen darüber besitzen und die Sache ohne Zwang ausüben)

Nebenfrage dazu: Kann denn - sowohl nach Aristoteles, als auch den antiken Philosophen allgemein - Verhalten nur dann ethisch/moralisch bewertet werden, wenn Handlungen wissentlich und ohne Zwang durchgeführt werden?

Nebenfrage 2: Aristoteles stellt den ἕξεις ja "automatische", von Natur aus gegebene Verhaltensweisen entgegen, wie bspw. die Schwerkraft. Hat Aristoteles dafür auch eine Bezeichnung? Ist die Schwerkraft eine ἕξις φυτική? M. E. spricht dagegen, dass eine ἕξις immer eine moralische Komponente hat, erst eingewöhnt werden muss und somit ausschließlich dem Menschen zukommen kann und folglich Naturgesetze nicht so nicht bezeichnet werden können.

Danke :)
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Re: "ἕξεις" im VI. Buch der Nikom. Ethik

Beitragvon Prudentius » Di 29. Dez 2015, 18:02

Hallo Iosci,

es kennt sich wohl schwerlich jemand mit solchen aristotelischen Detailfragen so gut aus, um fundiert antworten zu können, da musst du schon selber irgendwie klarkommen.

"Kann denn - sowohl nach Aristoteles, als auch den antiken Philosophen allgemein - Verhalten nur dann ethisch/moralisch bewertet werden, wenn Handlungen wissentlich und ohne Zwang durchgeführt werden?"

Das gilt auch für die Moderne, es geht um Zurechnungsfähigkeit und Schuldfähigkeit, da muss man die Juristen fragen.

"Aristoteles stellt den ἕξεις ja "automatische", von Natur aus gegebene Verhaltensweisen entgegen, wie bspw. die Schwerkraft."

Ar. kannte ja die Schwerkraft noch nicht, die Gravitation gibt es erst seit Newton (glaube ich), bei den Streitfragen um Galilei, um die Bewegungsarten im Sonensystem, war man sich noch nicht bewusst, dass das Sonnensystem ein Gravitationssystem ist.
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Re: "ἕξεις" im VI. Buch der Nikom. Ethik

Beitragvon Ioscius » So 3. Jan 2016, 19:54

Danke für Deine Antwort, Prudentius!

Wenn ich mir den Anfang des 2. Buches durchlese, muss ich feststellen:
Das gute Handeln also ist weder von Natur aus angeboren, noch gegen die Natur.
wobei ich da Einwände habe: M. E. wird die Betätigung der Vernunft in den meisten Fälle dazu führen, dass man seine "Instinkte", wie sie Tiere haben, bändigt, etc. also wenn man so will, "widernatürlich" handelt nicht so, wie man als Baby handelt...

Die "Naturgesetze" als von/Natur aus Unveränderliches hingegen können nicht durch ἕξεις verändert werden. Ein Stein fällt immer nach unten, egal wie oft man ihn nach oben wirft. Aristoteles scheint übrigens, wenn ich auf den Anfang des 2. Buches schaue, für solche "Naturgesetze" keinen speziellen Begriff zu haben; er sagt wohl einfach, es sei φύσει so: http://www.perseus.tufts.edu/hopper/tex ... 0line%3D20
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