Übersetzungsunterschiede

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Übersetzungsunterschiede

Beitragvon Latein-Fan » So 17. Jun 2007, 21:54

es geht um folgende verse in der odyssee, 9. Gesang, 387 - 388

ὣς τοῦ ἐν ὀφθαλμῷ πυριήκεα μοχλὸν ἑλόντες
δινέομεν, τὸν δ´ αἷμα περίρρεε θερμὸν ἐόντα.


Schadewaldt:

....so fassten wir den feurgespitzten Pfahl und drehten ihn in seinem Auge, und Blut quoll um ihn herum, den heißen (sc. den Pfahl).

Schadewaldt bezieht "thermon" also auf "ton" (den vorher genannten "mochlos").

Mein Kommentar (ausgehend von "ionta" !!!) und Voß beziehen "thermon" allerdings auf "haima" das heiße Blut, was ebenso logisch und morphologisch ohne Bedenken passen könnte wäre da nicht "ionta" (was der Kommentar mit "während er in Bewegung war, umlief... übersetzt).

Was ist denn nun richtig? Dass der Pflock vorher heißt war, ist einleuchtend, aber auch das Blut erhitzt sich durch die Wärme des hineingebohrten Pfahls und der Pflock kühlt sich plötzlich ab (es zischte, spharageunto)

Kommentare dazu erbeten!
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Beitragvon Soral » So 17. Jun 2007, 22:01

Meine DDRausgabe (Übersetzung Dietrich Ebener) übersetzt ähnlich wie Voß:

Ebenso drehten im Auge des Riesen die glühende Spitze kräftig wir um, und heiß umqoll sie das Blut, das hervorbrach


Leider ist kein Kommentar dabei.
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Beitragvon Platon » Mo 18. Jun 2007, 08:44

[unicode]Allein ἐόντα steht in den Handschriften, ἰόντα ist m.E. eine unnötige Konjektur, die man erst einmal sachlich begründen muss. Ich nehme an, dass die scheinbare Banalität der Aussage, irgendjemanden im 19.Jh dazu gebracht hat, seinen Homer zu verbessern.
Egal in welchem Fall, das Partizip auf αἷμα, so wie es Ebener tut, zu beziehen, ist falsch. Schadewaldt liegt m.E. mit seiner Übersetzung und Textauffassung genau richtig.

Edit:
Ahja, sehen Merry / Liddell / Monro in ihrem Kommentar von 1886 ähnlich
The reading ἰόντα, which would make θερμόν agree with αἱ̂μα, though accepted by Nitzsch and Bekk., is merely a conjecture. Nitzsch indeed compares Il.3. 61, where εἰ̂σιν is used of an axe: but εἰ̂σιν διὰ δουρός, ‘makes its way through a plank,’ gives no analogy to the use of ἰόντα, absolutely, to signify rotatory motion; though νηὸς ἰούσης might be quoted as an instance of ἰέναι used of motion in general. Nitzsch characterises θερμὸν ἐόντα as meaningless (nichtig); but, surely, it is quite the reverse; for the especial thought is the intense heat of the end of the stake, which was so hot as actually to hiss, when plunged in the blood and juices of the eyeball.


[/unicode]
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Beitragvon Latein-Fan » Mo 18. Jun 2007, 19:54

Ich bin, was Voß betrifft, anderer Meinung. Er trifft zwar den Sinn der Stelle ganz gut
allerdings bezieht er "thermon" genauso auf "haima" wie Ebner.

Hat das vl. metrische Gründe?


es grüßt,
Latein-Fan
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Beitragvon Platon » Mo 18. Jun 2007, 20:45

Hat das vl. metrische Gründe?


Nö, das liegt einfach daran, dass er [unicode]ἰόντα[/unicode] liest. Das [unicode]θερμὸν[/unicode] muss dann ja irgendwo hin und kann nicht mehr bzw. nur ungelenk auf den Pfahl bezogen werden.
Aber ehrlich gesagt leuchtet mir immer noch nicht ein, warum das Blut heiß sein soll, es geht vorher und nachher m.E. ausschließlich um die Hitze des Pfahls. Das Schmiedegleichnis hinterher zeigt ja noch einmal die Analogien heißes Eisen / Holz <=> kaltes Wasser / Auge, das zu dem Zischen führt.
Platon
 


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