Frage zur Aussprache

Das Forum für professionelle Gräzisten und Studenten der Griechischen Philologie

Moderatoren: Zythophilus, marcus03, Tiberis, ille ego qui, consus, e-latein: Team

Frage zur Aussprache

Beitragvon aap » Di 5. Mai 2009, 16:30

Hallo,
Ich habe nach etwas längerer Pause nun wieder den Ehrgeiz bekommen, Griechisch zu lernen.
Dazu benutze ich den Kantharos, aber frage mich, woher ich weiß, welche Vokale lang und welche kurz zu sprechen sind, sind die Vokallängen so unwichtig, daß sie dort nicht aufgeführt sind?

Mit dem melodischen Akzent habe ich auch noch so meine Probleme (jaja, ich will's nunmal richtig lernen)...weiß zufällig jemand, wo man Kantharos-Lektionen in *richtiger* Aussprache herbekommt?
Es gibt zwar einige Audio Beispiele, aber bei denen wird in der Regel Dichtung gelesen oder sogar gesungen...das ist nicht so ganz, was ich suche. Glaube zwar nicht, daß es da vernünftiges Material gibt, aber es kann ja sein, daß ich einfach nicht genug gesucht habe. Wäre echt schön wenn es die Kantharos-Lektionen direkt vom Verlag mit rekonstruierter Aussprache als Tondatei gäbe.

Eine Frage noch: Ich habe große Schwierigkeiten Vokalkombinarionen wie 'ευε' (das klingt einfach komisch) oder 'ευου' auszusprechen.
Spricht man das 'Ï…' dann vielleicht als 'w' oder wird das 'υου' im zweiten Fall evtl. ganz lang gesprochen? Wäre schön, wenn mir jemand da professionellen Rat geben könnte.

Schöne Grüße
Zuletzt geändert von aap am Fr 10. Jul 2009, 17:50, insgesamt 1-mal geändert.
aap
Quaestor
 
Beiträge: 42
Registriert: Sa 17. Jan 2009, 20:30

Re: Frage zur Aussprache

Beitragvon Clemens » Mi 6. Mai 2009, 21:40

Zu den Vokallängen: Die Situation ist im Griechischen etwas besser als im Lateinischen, da man erstens durch die speziellen Zeichen für Lang- und Kurzvokale (ω, η immer lang; ε, ο immer kurz) und die Akzentregeln die Längen vieler Silben leicht aus dem Schriftbild feststellen kann. Problematisch sind also nur die Vokale α, ι, Ï…, die sowohl lang als auch kurz sein können. Da wäre es gut, Längenzeichen in den Büchern zu machen, aber das ist (für mich unverständlicherweise) nicht üblich. Es gibt ja auch Lateinschulbücher ohne Längenzeichen, soweit ich weiß.

Für die Kantharoslektionen (oder überhaupt ein Schulbuch) gibt es mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit keine Vertonungen mit dem Versuch, die rekonstruierte Aussprache zu verwenden, da diese Ausspracheart in der Schule (und eigentlich auch weitgehend an der Universität) vollkommen unüblich ist.

Ein Ï… zwischen zwei Vokalen gehört meist zu einem Diphthong, also beispielsweise: ἐπαίδευε; da hat man den Diphthong ευ (e-u) und dann noch einen Vokal. In diesem Fall spricht man den Diphthong und dann noch den Halbvokal [w] (wie das englische w).
Benutzeravatar
Clemens
e-Latein Administrator
 
Beiträge: 3842
Registriert: Di 31. Dez 2002, 13:34
Wohnort: Salzburg

Re: Frage zur Aussprache

Beitragvon aap » Do 7. Mai 2009, 20:06

Also im Falle von παιδεύουσιν würde es paideuwusin ausgesprochen? So habe ich es nämlich auch immer ausgesprochen...klingt nur irgendwie komisch.

Danke auf jeden Fall....auch wenn es mir jetzt nich so viel geholfen hat :/
aap
Quaestor
 
Beiträge: 42
Registriert: Sa 17. Jan 2009, 20:30

Re: Frage zur Aussprache

Beitragvon consus » Do 7. Mai 2009, 21:24

παιδεύουσιν würde es paideuwusin ausgesprochen

Diese Aussprache ist keineswegs überall üblich.... Weit verbreitet ist paideú-usin. Man sollte sich dem jeweiligen Brauch in Schule oder Universität anpassen. Wichtiger ist das Erfassen von Textaussagen.
Benutzeravatar
consus
Pater patriae
 
Beiträge: 14234
Registriert: Do 27. Jul 2006, 18:56
Wohnort: municipium cisrhenanum prope Geldubam situm

Re: Frage zur Aussprache

Beitragvon Clemens » Do 7. Mai 2009, 23:06

Es ist eben eine fremde Sprache und hört sich exotisch an. Du kannst schlecht nach möglichster Annäherung an die damalige lautliche Gestalt streben und dich dann beklagen, dass es für deutsche Ohren komisch klingt. ;-)
Benutzeravatar
Clemens
e-Latein Administrator
 
Beiträge: 3842
Registriert: Di 31. Dez 2002, 13:34
Wohnort: Salzburg

Re: Frage zur Aussprache

Beitragvon consus » Fr 8. Mai 2009, 11:35

Servus. Eine Anm. am Rande.
Wer sich auf eher kurzweilige Weise mit den Ausspracheproblemen befassen möchte, der lese Hans Poeschel, Die griechische Sprache, München 1950 (später dtv Nr. 4174, ebd. 1975), und zwar den Abschnitt Aussprache und Betonung (S. 30ff.). Daraus ein lustiges Beispiel (S. 31, im Zusammenhang mit dem Streit Etazismus / Itazismus): Bei Homer lesen wir in der Odyssee (ι 124) βόσκει δέ τε μηκάδας αἶγας, also meckernde Ziegen, was die Aussprache des η wie ä und nicht wie i heute in Griechenland nahelegt; die Ziegen werden wohl kaum mi mi von sich gegeben haben. Zur Aussprache von ευ und ηυ übrigens heißt es „= ä + u, ungefähr wie oü gesprochen“.
Benutzeravatar
consus
Pater patriae
 
Beiträge: 14234
Registriert: Do 27. Jul 2006, 18:56
Wohnort: municipium cisrhenanum prope Geldubam situm

Re: Frage zur Aussprache

Beitragvon Procopius » Sa 9. Mai 2009, 00:07

Bei Olms - Weidmann ist eine CD erschienen, die auch Prosa-Texte enthält:
Thukydides, Xenophon und Platon.
Et gaudium mihi et solacium in litteris, nihilque tam laetum, quod his laetius, nihil tam triste, quod non per has minus triste.
PLINIUS MINOR
Procopius
Propraetor
 
Beiträge: 178
Registriert: Sa 14. Feb 2009, 00:43
Wohnort: Berlin

Re: Frage zur Aussprache

Beitragvon Clemens » Sa 9. Mai 2009, 13:48

Meinst du die CD von Ziegler? Die ist soweit ich mich erinnere, um bei aap keine Verwirrung aufkommen zu lassen, in einer traditionellen Aussprache gehalten.
Benutzeravatar
Clemens
e-Latein Administrator
 
Beiträge: 3842
Registriert: Di 31. Dez 2002, 13:34
Wohnort: Salzburg

Re: Frage zur Aussprache

Beitragvon Procopius » Sa 9. Mai 2009, 19:56

Ich habe soeben bei Olms nachgesehen. Sie haben nur diese eine CD:

Griechische Verse - Griechische Prosa, CD-Version
Homer - Sophokles - Aristophanes - Xenophon - Thukydides - Platon. Vorgetragen von Konrat Ziegler. Beigefügt ist ein Booklet mit Texten und Übersetzungen.
Hildesheim 2003.
ISBN: 978-3-487-11807-9


Ich hörte sie im vorigen Jahr bei Freunden und war nicht begeistert. Ob es "traditionelle Aussprache" ist, weiß ich nicht. Sie war jedenfalls anders als die, die ich auf der Schule gelernt habe - immerhin sechs Jahre lang sechs Stunden in der Woche.

Mit dieser Aussprache komme ich seitdem ganz gut durch und warne deshalb davor, auf Ausspracheprobleme allzu viel Zeit zu ver(sch)wenden. Niemand wird je wissen, wie es wirklich geklungen hat. Nach meiner Erinnerung singt Ziegler mehr, als er spricht.

So, und jetzt warte ich auf die Beschimpfung hier in diesem Forum!
Et gaudium mihi et solacium in litteris, nihilque tam laetum, quod his laetius, nihil tam triste, quod non per has minus triste.
PLINIUS MINOR
Procopius
Propraetor
 
Beiträge: 178
Registriert: Sa 14. Feb 2009, 00:43
Wohnort: Berlin

Re: Frage zur Aussprache

Beitragvon consus » Sa 9. Mai 2009, 21:57

Procopius ἔγραψε / hat geschrieben:... und warne deshalb davor, auf Ausspracheprobleme allzu viel Zeit zu ver(sch)wenden. ... warte ich auf die Beschimpfung hier …
Ἐπαινῶ σοι, ὦ φίλε μου.
:D
Benutzeravatar
consus
Pater patriae
 
Beiträge: 14234
Registriert: Do 27. Jul 2006, 18:56
Wohnort: municipium cisrhenanum prope Geldubam situm

Re: Frage zur Aussprache

Beitragvon aap » So 10. Mai 2009, 10:20

Danke für die zahlreichen Antworten :)

Man sollte sich dem jeweiligen Brauch in Schule oder Universität anpassen

Das kann mir egal sein, da ich griechisch weder in der Schule noch in der Universität lerne.

Was meint ihr denn mit "traditioneller" Aussprache? Schulaussprache oder rekonstruierte Aussprache?

Noch eine Frage:
Wenn die letzte Silbe kurz ist und die vorletzte lang, muß dann die vorletzte einen Zirkumflex haben oder ist auch ein Akut möglich? Wenn nämlich der Zirkumflex gesetzt werden *muß* (wovon ich ausgehe), würde mir das schon mal etwas mit den Vokallängen helfen.
aap
Quaestor
 
Beiträge: 42
Registriert: Sa 17. Jan 2009, 20:30

Re: Frage zur Aussprache

Beitragvon Clemens » So 10. Mai 2009, 11:24

Traditionell meint, wie consus schon weiter oben angedeutet hat, die sehr weit verbreitete Schulaussprache.

Wenn der Akzent auf einer langen vorletzten Silbe steht, und die letzte kurz ist, hat sie einen Zirkumflex, ja.
Benutzeravatar
Clemens
e-Latein Administrator
 
Beiträge: 3842
Registriert: Di 31. Dez 2002, 13:34
Wohnort: Salzburg

Re: Frage zur Aussprache

Beitragvon aap » So 10. Mai 2009, 12:12

Das freut mich :)

Kennt jemand vielleicht auch griechisches Wörterbuch, in dem die Vokallängen verzeichnet sind?
Dann könnte ich die einfach in mein Buch kritzeln. Würde mir sehr helfen.

Des weiteren bin ich auf der Suche nach Seiten/Büchern, in denen die Verwandtschaften von griechischen Wörter mit lateinischen oder germanischen Wörtern erklärt oder aufgelistet sind. Falls also jemand so etwas kennt: immer her damit.
aap
Quaestor
 
Beiträge: 42
Registriert: Sa 17. Jan 2009, 20:30

Re: Frage zur Aussprache

Beitragvon consus » So 10. Mai 2009, 13:09

XAIPE.
(1) z. B. Gemoll, Menge-Güthling.
(2) Friedrich Wolff Otto Wittstock: Latein und Griechisch im deutschen Wortschatz, Lehnwörter und Fremdwörter (mein Exemplar: 5. Aufl. Berlin 1979, aber auch später erschienen).
:book:
Benutzeravatar
consus
Pater patriae
 
Beiträge: 14234
Registriert: Do 27. Jul 2006, 18:56
Wohnort: municipium cisrhenanum prope Geldubam situm

Re: Frage zur Aussprache

Beitragvon aap » So 10. Mai 2009, 14:28

Danke consus, aber ich dachte beim zweiten weniger an Lehnwörter, als an Wörter desselben indogermanischen Ursprungs, die sich sowohl im Griechischen als auch im Lateinischen als auch im Germanischen (evtl. sogar Neuhochdeutschen) wiederfinden.
Wenn es sowas gibt, werde ich das sofort kaufen.
aap
Quaestor
 
Beiträge: 42
Registriert: Sa 17. Jan 2009, 20:30

Nächste

Zurück zu Griechische Philologie



Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 2 Gäste