Platons psyche.

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Platons psyche.

Beitragvon Laptop » Fr 29. Apr 2011, 05:56

Ich bin im Altgriechischen leider nicht bewandert und wüßte gerne wie die korrekten Entsprechungen (ganz gleich ob auf lat. oder dt., am besten beides) zu Platons Dreiteilung der psyche lauten, ich habe es versucht, bin mir aber nicht sicher:

psyche: ist psyche die Seele (anima) oder allgemein der Geist (mens), wie in unserem Wort „Psyche“?

thymos: ist thymos allgemein das Gemüt (animus), oder eher die Lebensenergie (vigor), oder gar die Lebhaftigkeit/Temperament?

noos: ist noos allgemein der Geist (mens) oder der kluge Verstand (intellectus)?

menos: ist menos das emotionale Verlangen oder allgemein der Wille (voluntas) oder die Anspannung/Elan/Eifer?
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Re: Platons psyche.

Beitragvon Medicus domesticus » Fr 29. Apr 2011, 09:47

Χαῖρε Laptop,

Da machst du ein Faß von Begrifflichkeiten auf, die im Griechischen genauso vielfältig sind wie im Lateinischen. Schau dir bloß mal die Bedeutungsmöglichkeiten von ψυχή im Gemoll oder im Pape an.

Da ich keine losgelösten Bestimmungen mag, empfehle ich dir die Lektüre im Zusammenhang über die Dreiteilung der Seele im Buch IV, Der Staat von Platon und zwar von 435a-441a.
Eine deutsche Übersetzung müsste im Netz zugänglich sein.

Gruß.
:)
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Re: Platons psyche.

Beitragvon Laptop » Fr 29. Apr 2011, 11:35

@Medicus Freut mich, daß du der erste bist, der sich zu Wort meldet :-) Nun, ich las über thymos so viel wie „Grundmotivation“ und andere Umschreibungen und dachte mir dann, daß entweder … a) thymos ohne rechte Entsprechung ist, oder b) jemand thymos nicht richtig begriffen hat. Denn andernfalls kann ich mir solche, ich sage mal „Wortfindungsstörungen“ wie „Grundmotivation“ nicht erklären.

Ich habe nochmal ein bißchen recherchiert, und komme zu folgendem Ergebnis.

So wie es es sehe wird menos, thymos, noos, ins Lateinische übertragen mit voluntas, animus, mens. Was aber offensichtlich nicht ganz trifft.

Psyche wird mit „anima“ übersetzt, was es auch trifft: der Begriff des psyche ist derselbe. Er umfaßt den gesamten immateriellen Bereich des Lebewesens, wie unser „Seele“, wenn man es nicht auf den religiösen Sinn beschränkt (vgl. „Seelenklempner“ für „Psychologe“ oder „Psychater“).

Menos wird mit „voluntas“ übersetzt, was es nicht trifft. Es wird korrekter mit englisch „vitality“ beschrieben und entspricht unserer Energie, dem asiatischen „Qi“, der Aktivität, denn es heißt auch Pflanzen, die Sonne und sogar FlÍœüße haben es.

Thymos wird mit „animus“ übersetzt, was es nur ungefähr trifft. Es wird korrekter mit englisch „passion“ beschrieben und da paßt animus nicht. Thymos steht in Abgrenzung zu noos.

Noos wird mit „mens“ übersetzt, was wieder nicht trifft. Es wird mit englisch „reason“ beschrieben und ist damit enger als mens: der kluge Verstand (intellectus), denn es heißt: «Only men had it and even then only a few special men, such as Odysseus». Das schlieÍœßt auch Übertragungen wie „der planvoll-bewußt-denkende Teil des Geistes, das Bewußtsein“ aus, denn ein Bewußtsein hat jeder, nicht nur Odysseus. Noos steht in Abgrenzung zu thymos.
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Re: Platons psyche.

Beitragvon Laptop » Fr 29. Apr 2011, 13:30

So müßte es stimmen?: anima consistit in vigore, cupiditate, intellecto. So würde auch das Bild von „Eros und Thymos“ stimmig, dann entspricht es Amor et Cupido bzw. Venus et Cupido (Liebe und Leidenschaft).

vielleicht ist „ardor“ die besser Entsprechung für Leidenschaft/thymos.
Zuletzt geändert von Laptop am Do 5. Mai 2011, 09:52, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Platons psyche.

Beitragvon Laptop » Di 3. Mai 2011, 16:13

Ich bin nun auf einen exzellenten Artikel im Eisler gestoßen:
http://www.zeno.org/Eisler-1904/A/Seelenverm%C3%B6gen

und nun sehe ich dort, daß â€žmenos“ kein einziges Mal erwähnt wird, und daß Platons die Seele ganz anders eingeteilt hat: «PLATO unterscheidet drei Teile (merê, eidê) oder Formen der Seele: nous, thymoeides, epithymêtikon. Intellect, Willensenergie, Affect und Begehren (Rep. IV, 439 B, 441 E. Tim. 69 E, 77 B. Phaedr. 246)»

Hier hört sich der Eisler schon recht gut beschreibend und nachvollziehbar an. Nur wundere ich mich, ob sich Willensenergie und Begehren nicht überschneidet?

Zu dieser Einteilung würde die Übertragung mens, voluntas, animus zumindest ungefähr passen.
Zuletzt geändert von Laptop am Do 5. Mai 2011, 09:49, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Platons psyche.

Beitragvon Laptop » Do 5. Mai 2011, 09:46

Ich dachte es handelt sich um „einfache“ Grundbegriffe im Altgr., kennt deren Umfang und Abgrenzung etwa niemand?
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