Dt.-Gr. Übersetzung: Fut./Med. Passiv d. Verba muta

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Dt.-Gr. Übersetzung: Fut./Med. Passiv d. Verba muta

Beitragvon publiovidius » So 24. Jul 2011, 19:51

Hallo und guten Abend,
der deutsche Satz:

Die anderen Ärzte glaubten zwar nicht, dass er von der Krankheit befreit werden könne (Fut.), Philipp aber vertraute seiner <eigenen> Kunst.

sollte nach Lösung des zugrundeliegenden Übungsbuchs folgendermaßen übersetzt werden
Οἱ μὲν ἄλλοι ἰατροὶ αὐτὸν τῆς νόσου ἀπαλλαγήσεσθαι (ἀπαλλάξεσθαι) [ὅτι... ἀπαλλαγήσεται (ἀπαλλαγήσοιτο, ἀπαλλαγείη)] οὐκ ἐπεποίθεσαν (ἐπίστευον, ἐνόμιζον, ᾤοντο, ἐδόκουν), Φίλιππος δὲ τῇ ἑαυτοῦ τέχνῃ ἐπεποίθει.

Das Futur war mir ohnehin klar: hoffen, versprechen, schwören, drohen...

Zunächst wundere ich mich, dass "können" in der Übersetzung fehlt.

Dann ist mir die Form ἀπαλλάξεσθαι nicht klar. Meiner Auffassung nach ist das ein Futur des Mediums, kann mir aber nicht erklären, wie man darauf kommt, das Passiv ins Medium zu verwandeln, außer über den Gedanken, dass ja er (=Alexander der Große) sich von seiner Krankheit selbst befreit. Allerdings wüsste ich nicht, wie ich solch eine Übersetzung begründen könnte.
Dann frage ich mich, warum nicht die Form ἀπαλλαχθήσεσθαι als Variante verwendet wird. Denn in Zinsmeisters griechischer Grammatik entnehme ich auf Seite 220 die folgenden Stammformen:
ἀλλάττω: ἀλλάξω, ἢλλαξα, ἢλλαχα, ἢλλαγμαι, ήλλάχθην ich wurde geändert - ήλλάγην ich änderte mich
ἀπ-αλλάττω: ἀπαλλάξω usw.
άπαλλάττομαι: άπαλλάξομαι und άπαλλαγήσομαι, άπηλλάγην und άπηλλάχθην, άπήλλαγμαι

Irgendwo habe ich einmal gelesen, dass man das Futur Pass. nicht mitlernen müsse, weil man es regelmäßig nach dem Aorist Passiv bilden könne. Demnach gäbe es ja zu ήλλάχθην auch die Form ἀπαλλαχθήσεσθαι oder irre ich mich?

Im Kägi ist diese Form nämlich nicht gelistet, in Bornemanns Grammatik finde ich nichts…
Für eure Antworten danke ich euch wieder einmal im Voraus.
Lg, publiovidius

[i]"(...)die klassischen Philologen, die als einzige (neben den Theologen) noch eine wirklich internationale Gelehrtensprache haben, <sollten> sich sehr bedenken, diesen Schatz, zu dessen Hütern und Wahrern sie berufen sind, zerrinnen zu lassen."[/i]
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Re: Dt.-Gr. Übersetzung: Fut./Med. Passiv d. Verba muta

Beitragvon Medicus domesticus » So 24. Jul 2011, 20:54

Hallo publiovidius,

GEMOLL gibt unter ἀπαλλάσσω, att. -ττω schon einen Hinweis:
--> fut. med. auch in pass. Bedeutung.
ἀπαλλάξεσθαι ist Futur Medium Infinitiv. ἀπαλλαγήσεσθαι Futur Pass.Infinitiv.
Statt des Futur Pass. findet sich auch mal das med. Futur.
(siehe Menge Rep. §120 Anm.4 )
Zu deiner anderen Frage:
ἀπαλλαχθήσεσθαι (Infinitiv zu ἀπαλλαχθήσομαι) gibt es auch neben ἀπαλλαγήσεσθαι
Da hilft oft auch der LSJ, den es online gibt und der auch viele Nebenformen angibt.


Ich hoffe das hilft dir weiter.
:)
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Re: Dt.-Gr. Übersetzung: Fut./Med. Passiv d. Verba muta

Beitragvon publiovidius » So 24. Jul 2011, 22:39

Hallo Medicus domesticus,
vielen Dank für deine Antwort. Hätte ich mal im Gemoll nachgeschaut :suche:...
Verstehe ich dich recht, dass ἀπαλλαχθήσεσθαι die Nebenform ist? Würde sich damit decken, dass sie wieder im Kaegi noch in der Lösung aufgeführt wird.
Lg, publiovidius

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Re: Dt.-Gr. Übersetzung: Fut./Med. Passiv d. Verba muta

Beitragvon Medicus domesticus » Mo 25. Jul 2011, 08:27

Verstehe ich dich recht, dass ἀπαλλαχθήσεσθαι die Nebenform ist?


Ja. ἀπαλλαγήσεσθαι ist in Prosa häufiger (siehe LSJ).
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Re: Dt.-Gr. Übersetzung: Fut./Med. Passiv d. Verba muta

Beitragvon Sokrates » Mo 25. Jul 2011, 11:07

Da ja auch das Griechische einst eine gesprochene Sprache war, ist es nur natürlich, dass es nicht alle möglichen Formen auch wirklich gab, also ein Konjugationsparadigma aufgrund von Brauch, Ort und Zeit nicht immer voll ausgeschöpft bzw. modifiziert gebraucht wurde.

Bei ἀπάλλττω handelt es sich ja nicht um ein reines Deponens, also eines Verbs, das nur Med./Pass. bildet, sondern um ein "komplettes" Verb, das nebem dem Aktiv in vollem Umfang auch Med./Pass. bildet, vgl Zinsmeister Seite 122!!!

Es existiert sowohl ein schwacher wie ein starker Aorist und also auch ein entpsr. Futur, doch sind die starken Formen eben häufiger und die anderen z.T. Nebenformen.
Mediale und passive Formen konkurrieren im Gr. ja gerne mal, vgl Zins. S. 119ff.

Dass der Infinitv im Gr. im Futur steht, ist zwar korrekt, es liegt aber nicht unbedingt am Verb glauben, da die nicht notwendigerweise ein Furur nach sich zieht wie etwa hoffen, wie da ja selber sagst.

Dass wir im Deutschen statt eines strengen Futurs manchmal lieber ein Modalverb nehmen, dazu gut Lindemann §118, bes.§118,4 und Anm. 3

Grüße
Sokrates
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Re: Dt.-Gr. Übersetzung: Fut./Med. Passiv d. Verba muta

Beitragvon publiovidius » Mo 25. Jul 2011, 19:23

Vielen Dank euch beiden für die Antworten. Werde mir die Stellenangaben zu Lindemann und Zinsmeister gleich zu Gemüte führen. :book:
Lg, publiovidius

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