ὡς ἐπί - Soph. Ai. 44

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ὡς ἐπί - Soph. Ai. 44

Beitragvon publiovidius » Fr 19. Aug 2016, 15:57

Hallo miteinander,

es geht um folgenden Vers:

Ὀδυσσεύς. ἦ καὶ τὸ βούλευμ᾽ ὡς ἐπ᾽ Ἀργείοις τόδ᾽ ἦν;

Ich habe in diesem Vers Probleme, das ὡς richtig einzuordnen. Ein Schulkommentar verweist auf Krüger, Griechische Sprachlehre, I, 69,63,4. Dort heißt es: "Den (zuweilen meist erloschenen) Begriff des Anscheinenden hat ὡς auch bei Präpositionen: ὡς εἰς, ὡς ἐπὶ (unlesbar) (...). Diese Verbindung, scheint es, veranlasste auch ὡς allein als Präposition zu gebrauchen, zu, jedoch nur bei persönlichen Objecten. παρεσκευάζετο ὡς ἐς μάχην, ἀνάγεσθαι ἔμελλεν ὡς ἐπὶ ναυμαχίαν, ὐ γὰρ ἥκει πρὸς σὲ κηρύσσων ὅδε, ἀλλ' ὡς ἔμε".

Pape stellt fest:

10) Hieran reihen sich ähnliche nähere Bestimmungen, bes. durch eine Präposition; kai gar hsan oplismenoi os en oresin ikanos pros to epidramein Xen. An. 4, 3,31, für eine Gebirgsgegend hinlänglich bewaffnet; apiston to plhtos legetai apolestai os pros to megetos ths poleos Thuc. 3, 113; os ek ton dynaton, os ek ton yparxonton, nach Möglichkeit, wie es sich nach den Zeitumständen thun ließ; paraskeyasamenos os epi naymaxian ist = os naymaxnson, os eis maxhn, Xen. An. 1, 8,1; kosmos os eis polemon 1, 9,23; os eis kyklosin, = kykloson, 1, 8,23; atroizei os epi toytoys, unter dem Vorwande eines Zuges gegen diese, 1, 2,1, u. öfter; dokei strateyestai os epi Tissapernhn 7, 6,1; peygoysin os pros thn ekbasin 4, 3,21, u. öfter, wo die Bdtg des os schon oft sehr schwach erscheint (4, 3,11); – os ek kakon exarh, meinend, er sei aus der Noth entronnen, Her. 8, 101; os es Atnnas Thuc. 1, 61; plein os pros oikon Soph. Phil. 58; os epi tyrannida Thuc. 1, 126; os en eidosin ikanos eirhtai, wie sichs für Kundige gehört; toys polemioys epistamai idiotas ontas os pros hmas agonizestai, im Vergleich mit uns, wenn ich den Maaßstab nach uns nehme, Xen. Cyr. 1, 5,11; auch der einfache dat. kann oft ähnlich gefaßt werden, wie das obige makran gar os geronti proystalhs odon Soph. O. C. 20; epei per ei gennaios os idonti 76; soprosynhs, os plntei, oy ta toiade megista Plat. Rep. III, 389 d.
[Pape: Griechisch-Deutsch, S. 101431- 101432
(vgl. Pape-GDHW Bd. 2, S. 1420)
http://www.digitale-bibliothek.de/band117.htm ]

worauf er Bezug nimmt unter: (Hervorhebung von mir; 10 a E. kann ich jedoch nicht finden :nixweiss:)

12) eigenthümlich ist endlich der Gebrauch von os als Präposition c. accus., die Richtung zu einer Person oder einem wenigstens persönlich gedachten Object ausdrückend, welchen Gebrauch man gewöhnlich aus dem häufigen Vorkommen des os vor pros, eis, epi tina (s. 10 a E.) zu erklären pflegt; obwohl die überwiegende Mehrzahl jener Beispiele eine dem os eigenthümliche Auffassung und Absonderung von der Präposition erfordert; einfacher ist der accus. als ein Ueberbleibsel des ursprünglich im Griechischen das Ziel einer Bewegung Ausdrückenden zu nehmen, zu dem os gesetzt wird, um die Absicht des Subjects auszudrücken, os ton basilea eporeyth, um zu dem Könige zu gelangen; so ist es von Her. 2, 121. 135 u. öfter gebraucht; bei Hom. nur einmal, Od. 17, 218 os aiei ton omoion agei teos os ton omoion, zu dem Gleichen hin; öfter bei den Tragg., tyraios hlton os ymas Soph. Trach. 530; O. R. 1481;
os ton Dia eis ton oyranon Ar. Pax 104; in Prosa nicht selten bei Personen; auch bei Städten, hkonta os thn Milhton Thuc. 8, 36, os Abydon 103, u. öfter. Döderlein philol. Beiträge aus der Schweiz p. 303 – 326 hat eine Menge Beispiele für os von der Richtung auf leblose Dinge hin gesammelt und bemerkt, daß sich – a) os übh. selten im Vergleich mit den verwandten Präpositionen eis, epi, pros finde, daß es – b) häufiger bei der Richtung zu Personen hin gebraucht werde, daß – c) os, mit einer Präposition verbunden, häufiger bei Sachen, viel seltener bei Personen stehe, und – d) os und os pros bleiben auf die Verhältnisse von Raum und Handlung eingeschränkt, os toyton ton xronon findet sich nitgends. Vergleiche noch Herm. Soph. Tr. 365, der zugiebt, es könne os auch bei leblosen Gegenständen gebraucht werden, wenn diese für belebte gesetzt seien, wie bei Ländern, Städten und dergl.; os to prosten Ar. Ach. 242.
[Pape: Griechisch-Deutsch, S. 101433-101434
(vgl. Pape-GDHW Bd. 2, S. 1421)
http://www.digitale-bibliothek.de/band117.htm ]

Jebb dazu:
"ὡς here marks the intention of Ajax (which was frustrated): cp. Ph. 58 πλεῖς δ᾽ ὡς πρὸς οἶκον (n.)."

Soweit so gut. Was folgt aber jetzt daraus? Ist ὡς also hier Adverb, das hier, wie Krüger es bezeichnet, den Anschein einer Sache zum Ausdruck bringt? Jebbs Erklärung leuchtet mir ein. Aber wie bezeichnet man das? Und vor allem: Wie übersetzt man den Vers am Besten?

Vielleicht: "Und zielte dieser Anschlag eigentlich auf die Argeier?"
Lg, publiovidius

[i]"(...)die klassischen Philologen, die als einzige (neben den Theologen) noch eine wirklich internationale Gelehrtensprache haben, <sollten> sich sehr bedenken, diesen Schatz, zu dessen Hütern und Wahrern sie berufen sind, zerrinnen zu lassen."[/i]
Andreas Thierfelder, 1953 in H. Menge: Repetitorium der lateinischen Syntax und Stilistik
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Re: ὡς ἐπί - Soph. Ai. 44

Beitragvon Sokrates » Fr 19. Aug 2016, 21:58

Χαῖρε,

ich sehe in dieser Verwendung eine Funktion als vergleichende Partikel, die sich auf eine präpositionale Verbindung bezieht, nicht selbst eine bildet. Vgl. dazu Kühner/Gerth, § 432, 2, A1: (...) " In dieser Verbindung ist ὡς nicht eine Präposition, sondern eine Verleihung = wie, ut, drückt, wie beim Partizipe, eine Vorstellung aus und deutet eine nicht wirklich stattfindende, nur vorgestellte und daher auch beabsichtige Richtung an einen Ort an."

zur ἦ καί siehe Denniston, Greek Particles, 282, (6)

LG,
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Re: ὡς ἐπί - Soph. Ai. 44

Beitragvon publiovidius » Sa 20. Aug 2016, 13:52

Vielen Dank für deine Antwort! :klatsch:
Zuletzt geändert von publiovidius am Sa 20. Aug 2016, 20:15, insgesamt 1-mal geändert.
Lg, publiovidius

[i]"(...)die klassischen Philologen, die als einzige (neben den Theologen) noch eine wirklich internationale Gelehrtensprache haben, <sollten> sich sehr bedenken, diesen Schatz, zu dessen Hütern und Wahrern sie berufen sind, zerrinnen zu lassen."[/i]
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Re: ὡς ἐπί - Soph. Ai. 44

Beitragvon publiovidius » Sa 20. Aug 2016, 15:23

Hallo noch einmal,

leider habe ich erst Montag wieder Zugriff auf den Denniston. Im Supplement zum Menge steht: unter "ἦ καί" "auch wirklich". Das passt doch recht gut, nehme ich an. Ich nehme das erst einmal als Arbeitshypothese.
Lg, publiovidius

[i]"(...)die klassischen Philologen, die als einzige (neben den Theologen) noch eine wirklich internationale Gelehrtensprache haben, <sollten> sich sehr bedenken, diesen Schatz, zu dessen Hütern und Wahrern sie berufen sind, zerrinnen zu lassen."[/i]
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