Hexamter Aeneis 5, 239

Das Forum für professionelle Latinisten und Studenten der Lateinischen Philologie

Moderatoren: Zythophilus, marcus03, Tiberis, ille ego qui, consus, e-latein: Team

Re: Hexamter Aeneis 5, 239

Beitragvon Sokrates » Mi 17. Aug 2016, 18:54

Richtig, Zythophilus, praktisch macht der Unterschied Synizese/Diphthong wenig Unterschied, auch wenn erstere (deest > dest, deicere mit -ji- durch Zusammenziehung nicht zu Diphthong i.e.S. werden).
Kühner/Blass bestätigen, dass υι kein gewöhnlicher Diphthong wie die anderen war und sich zu einer langen Silbe vereinigen. Die oben genannten Entwicklungen sind natürlich nicht in der Kaiserzeit, sondern in historischer Zeit vor der Überlieferung abgelaufen.
Ich glaube, du hast richtig skaniedert, Iuris ;-)
Sokrates
Proconsul
 
Beiträge: 421
Registriert: Do 15. Jul 2010, 07:40

Re: Hexamter Aeneis 5, 239

Beitragvon iurisconsultus » Mi 17. Aug 2016, 19:04

Ach marcus, ich bin schon froh, wenn ich ohne fremde Hilfe möglichst alle klassischen Texte korrekt und stilistisch ansprechend übersetzen, Verse richtig lesen (daher auch meine metrischen Übungen), Inschriften dechiffrieren und einfache Gedanken in grammatisch korrektem Latein ausdrücken kann. Und da habe ich noch ein großes Stück Wegs vor mir. Ein Dichter - gleich welcher Sprache - werde ich nicht mehr werden. :lol:

@Sokrates: Danke, jetzt ist mir alles klar.
Qui statuit aliquid parte inaudita altera,
aequum licet statuerit, haud aequus fuit.
(Sen. Med. 199-200)
Benutzeravatar
iurisconsultus
Dictator
 
Beiträge: 1238
Registriert: Di 31. Dez 2013, 15:37
Wohnort: Lentiae, in capite provinciae Austriae Superioris

Re: Hexamter Aeneis 5, 239

Beitragvon marcus03 » Mi 17. Aug 2016, 19:59

iurisconsultus hat geschrieben: Ein Dichter - gleich welcher Sprache - werde ich nicht mehr werden.

Dann können wir uns sofort die Hände reichen.
Meine entsprechenden Versuche in unserer Muttersprache sind dir sicher nicht entgangen.
Um unseren Hexameterkönig Z. nicht aus dem Forum zu vertreiben habe ich diese eingestellt.
Zuletzt schien er sich vor Schmerz zu krümmen und war der Verzweiflung nahe wie wohl manch anderer auch.

Doch den einen wollte ich dir noch widmen:

Bist gewiss schon ein großer Richter,
noch größer aber wirst du nur als Dichter. :D

Dein nicht ganz dichter Poetenschreck :lol:
marcustertius
marcus03
Pater patriae
 
Beiträge: 11475
Registriert: Mi 30. Mai 2012, 06:57

Re: Hexamter Aeneis 5, 239

Beitragvon iurisconsultus » Mi 17. Aug 2016, 20:50

Also mir sind deine witzigen, kreativen und geistreichen Sinnsprüche gefällig optime marce, ganz ehrlich. :)
Qui statuit aliquid parte inaudita altera,
aequum licet statuerit, haud aequus fuit.
(Sen. Med. 199-200)
Benutzeravatar
iurisconsultus
Dictator
 
Beiträge: 1238
Registriert: Di 31. Dez 2013, 15:37
Wohnort: Lentiae, in capite provinciae Austriae Superioris

Beitragvon consus » Do 18. Aug 2016, 00:14

marcus03 hat geschrieben:... Wann verfasst du dein erstes Distychon? ...
Noli quaeso, Marce-III, scribere „Distychon“! :lol: Ex parte male ominatum est verbum (δίστιχος /duos versus habens, sed δυστυχής / infelix); sed omnes Iurisconsulti nostri res feliciter secundoque succedant omine!
Benutzeravatar
consus
Pater patriae
 
Beiträge: 14234
Registriert: Do 27. Jul 2006, 18:56
Wohnort: municipium cisrhenanum prope Geldubam situm

Re: Hexamter Aeneis 5, 239

Beitragvon marcus03 » Do 18. Aug 2016, 07:50

iurisconsultus hat geschrieben:Also mir sind deine witzigen, kreativen und geistreichen Sinnsprüche gefällig optime marce, ganz ehrlich.

Gratias tibi ago pro me consolando. :D Timeo autem, ne nemo nisi tu fugam non petat,immo non de morte voluntaria revera cogitet, cum versus meos legit. ;-)

consus hat geschrieben:Noli quaeso, Marce-III, scribere „Distychon“


Wie könnte mir je ein solches gelingen, wenn ich schon den Begriff falsch schreibe. :cry: Es kann also nur danebengehen. In arte poetica semper infelix manebo. Rem ergo non iam tangam.

Einen jedoch hätte ich noch für unseren iurisconsulto:

Wer selbst keinen Vers bringt auf die Füße,
erfreue sich an fremder Versfüß' Analyse.
Statt einen Vers verkrampft zu dichten,
ist's besser, entspannt andere zu richten,
oder deren erregten Streit zu schlichten.
Indes gilt oft in des Rechtes Sachen,
schwer fällt's, sich einen Reim darauf zu machen. :lol:
marcus03
Pater patriae
 
Beiträge: 11475
Registriert: Mi 30. Mai 2012, 06:57

Re: Hexamter Aeneis 5, 239

Beitragvon Zythophilus » Do 18. Aug 2016, 13:40

„Distychon“ – heu! – scribis, sed falso est nomine peius,
quod metra plura facis quam duo, Marce miser.
Zythophilus
Divi filius
 
Beiträge: 16914
Registriert: So 22. Jul 2007, 23:10
Wohnort: ad Vindobonam

Re: Hexamter Aeneis 5, 239

Beitragvon marcus03 » Do 18. Aug 2016, 13:46

Cui qualitas deest, ad quantitatem confugere solet. ;-)

Ne in sermone patrio quidem mihi unum distichon contingeret. "Poeta" vere miser sum, ut recte dicis. :(

PS:
Spero te ob versus meos fugam iterum non petiturum.
marcus03
Pater patriae
 
Beiträge: 11475
Registriert: Mi 30. Mai 2012, 06:57

Re: Hexamter Aeneis 5, 239

Beitragvon publiovidius » Mo 22. Aug 2016, 16:43

Audivin dystychon? :D
PS: Suntne Ovidii Tristia dystycha? :lol:
Lg, publiovidius

[i]"(...)die klassischen Philologen, die als einzige (neben den Theologen) noch eine wirklich internationale Gelehrtensprache haben, <sollten> sich sehr bedenken, diesen Schatz, zu dessen Hütern und Wahrern sie berufen sind, zerrinnen zu lassen."[/i]
Andreas Thierfelder, 1953 in H. Menge: Repetitorium der lateinischen Syntax und Stilistik
publiovidius
Propraetor
 
Beiträge: 194
Registriert: Do 24. Feb 2011, 02:59

Re: Hexamter Aeneis 5, 239

Beitragvon iurisconsultus » Mi 24. Aug 2016, 15:47

Hallo, ich melde mich erneut. Diesmal habe ich eine Verständnisfrage zu Zäsuren bzw. Dihäresen. Wie kann ich in einem Vers zweifelsfrei feststellen, ob eine Penthemimeres, Trithemimeres und Hephthemimeres oder Bukolische Dihärese vorliegt (oder noch etwas anderes), wenn theoretisch alles in Frage kommt? Ich bin im angeschlossenen Vers wohl zutreffend von der häufigsten Zäsur, der Penthemimeres ausgegangen. Zumindest theoretisch denkbar wäre aber auch eine Bukolische Dihärese oder Trithemimeres und Hephthemimeres. Ich nehme an, man muss auf den Versinhalt bzw. -sinn abstellen, oder?

maximas gratias!
Dateianhänge
Unbenannt.PNG
Unbenannt.PNG (11.18 KiB) 41000-mal betrachtet
Qui statuit aliquid parte inaudita altera,
aequum licet statuerit, haud aequus fuit.
(Sen. Med. 199-200)
Benutzeravatar
iurisconsultus
Dictator
 
Beiträge: 1238
Registriert: Di 31. Dez 2013, 15:37
Wohnort: Lentiae, in capite provinciae Austriae Superioris

Re: Hexamter Aeneis 5, 239

Beitragvon Sokrates » Mi 24. Aug 2016, 16:52

Salve o iurisconsulte,

das Thematik ist nicht einfach und nicht einfach zu lösen. Im Grunde dienen Einschnitte jeder Art im langen Hexameter der praktischen Realisierbarkeit des rhythmischen Artikulationsakts aller Elemente innerhalb dieser Einheit. Zwar ist, analytisch betrachtet, ein jedes Wortende an fast jeder Stelle möglich, und doch sind aus Gewohnheit und Bequemlichkeit nur einige Haupttypen herausgebildet, die überdies in gewissen Kombinationen etwa (s.u. TH+ HH, PH+ BD) aufzutreten pflegen. Es sind dies die Trith., Penth., Hephth., die bei z.B. Homer beliebte κατὰ τρίτον τροχαῖον und als Dihärese die Buk. Dih. Neben einigen Besonderheiten (brevis in longo ante caesuram, Hiatmeidung) gelten also nur diese genannten als berechtigt, wenngleich andere Typen existieren. Deine eigentlich Frage, nämlich ob jeder"physische" Einschnitt auch als solcher empfunden wird, ist strittig. Bei einem Vers mit zwei oder gar drei technisch möglichen Pausen, also Wortenden an entsprechender Stelle, kann kaum davon gesprochen werden, dass diese zum Vortragen unabdingbar gewesen seien, wenn es auch Verse mit nur einer Zäsur gibt. Ebenso wenig wahrscheinlich ist es, deutlich und eng zusammengehörige Phrasen mutwillig und rein mechanisch mit einer Pause zu zerreißen. Es wird also so gewesen sein, dass Pausen grundsätzlich der Performanz dienten, also durchaus erstmal anzunehmen sind, sobald ein Wortende sichtbar ist (i.d.R. (zumindest im Hex.) auch bei Elision/Synalöphe), dass ferner aber ein nicht unerhebliches "psychologisches" Moment spürbar ist (wie bei der Einteilung der Sätze nach Kola in der Prosa), welches sich am ehesten durch einen prägenden Einfluss der Syntax und Semantik des Satzes (Verses) auf die tatsächliche Wertung einer solchen "Lücke" als Pause manifestiert.

Dein Beispiel würde ich unverändert lassen, aber das müssen die Experten entscheiden!
:nixweiss:

LG, Sokrates
Sokrates
Proconsul
 
Beiträge: 421
Registriert: Do 15. Jul 2010, 07:40

Re: Hexamter Aeneis 5, 239

Beitragvon Prudentius » Do 25. Aug 2016, 08:24

iurisconsultus hat geschrieben:Hallo, ich melde mich erneut. Diesmal habe ich eine Verständnisfrage zu Zäsuren bzw. Dihäresen.... Ich nehme an, man muss auf den Versinhalt bzw. -sinn abstellen, oder?


Hallo, die Verseinschnitte bezeichnen das Trennende, du musst auch das Komplementäre dazu ins Auge fassen, das Verbindende, denn der Vers ist ein harmonisches Kunstgebilde, er lebt von dem Zusammenspiel der Gegensätze, von zusammen und auseinander; die Zäsur zerlegt zunächst den Vers in zwei Segmente, "semotum a curis" und "adhibe ..."; das erste besteht aus 5 langen Silben, hat etwas Schweres und Monotones, wie Hammerschläge, wuchtig; also rein von den Quantitäten her gesehen; aber wenn du die Vokalqualitäten betrachtest, entdeckst du die ganze Skala der Vokale, e - o - a - u - i, also kontrastieren hier Quantitäten und Qualitäten, das Konstante und das Variable sind in harmonischem Ausgleich.

Die zweite Vershälfte bietet Abwechslung von Längen und Kürzen, sie hat etwas Leichtfüßiges, Flüssiges im Unterschied zum starren Schema vorne. Wenn du jetzt die beiden von der Zäsur verbundenen Teile zusammensiehst, erkennst die Harmonie des dumpfen Anfangs, der von den curae beherrscht wird, von dem es zu dem erwünschten Ziel der wahren Einsicht geht.

Also Empfehlung: wo von Trennung die Rede ist, die Einheit suchen :) !
Prudentius
Senator
 
Beiträge: 3577
Registriert: Di 24. Mai 2011, 17:01

Re: Hexamter Aeneis 5, 239

Beitragvon iurisconsultus » Do 25. Aug 2016, 08:55

Salve optimi Socrate Prudentique!

Ich danke euch für die ausführlichen Stellungnahmen. Sie haben mein Verständnis erhöht.

Schöne Grüße aus Linz!
Qui statuit aliquid parte inaudita altera,
aequum licet statuerit, haud aequus fuit.
(Sen. Med. 199-200)
Benutzeravatar
iurisconsultus
Dictator
 
Beiträge: 1238
Registriert: Di 31. Dez 2013, 15:37
Wohnort: Lentiae, in capite provinciae Austriae Superioris

Addendum.

Beitragvon consus » Do 25. Aug 2016, 09:29

Semot(um) a TH curis PH adhibe HH ver(am) BD ad rationem

Servus, Iurisconsultus!

Zur Ergänzung: Bei der Klärung der Frage, ob Einschnitte im Vers erkennbar sind und um welche es sich ggf. handelt, kann es hilfreich sein daran zu denken, dass es einen Haupteinschnitt in Verbindung mit einem oder mehreren Nebeneinschnitten geben kann.
Im obgenannten Vers ist die Penthemimeres (PH) wohl unbestritten Hauptzäsur, umgeben von den Nebenzäsuren Trithemimeres (TH) und Hephthemimeres (HH), wozu am Ende die bukolische Dihärese (BD) tritt.
Dass bei der Wertung der Zäsuren bzw. der Dihärese die im Vers enthaltene Aussage entscheidendes Kriterium sein muss, liegt auf der Hand.
Benutzeravatar
consus
Pater patriae
 
Beiträge: 14234
Registriert: Do 27. Jul 2006, 18:56
Wohnort: municipium cisrhenanum prope Geldubam situm

Re: Hexamter Aeneis 5, 239

Beitragvon Sokrates » Do 25. Aug 2016, 10:15

Salvete,

meinst du denn, conse, dass alle 4 Einschnitte, die hier möglich sind, auch als solche zu werten sind? Die PH (und wohl auch die HH) sind, wie du sagst, evident, aber sind auch die anderen beiden nicht nur möglich, sondern auch "richtig"?

LG,
Sokrates
Sokrates
Proconsul
 
Beiträge: 421
Registriert: Do 15. Jul 2010, 07:40

VorherigeNächste

Zurück zu Lateinische Philologie



Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 10 Gäste