Jesus bei nichtbiblischen Autoren?

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Beitragvon Didymos » Di 29. Jan 2008, 14:21

Hmmm ich habe mir das Buch jetzt von der Bibliothek ausgeliehen und das Vorwort gelesen, finde darin aber keinen Hinweis auf Christus in den Tiberiusbüchern (nur ganz kurz zu Chrestiani im 15. Buch ). Oder habe ich etwas übersehen? :?

Grüße,
Euer Didymos
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Beitragvon Latein-Fan » Di 29. Jan 2008, 22:10

Nein, allerdings ist anzunehmen (da Köstermann ja auch einen Irrtum vermutet), dass Chr. sonst nirgendwo mehr auftaucht. Natürlich gibt's da genug andere Argumente, die mir aber gerade adhoc nicht einfallen wollen.
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Beitragvon Didymos » Do 31. Jan 2008, 20:13

Sonst irgendjemand eine Idee?

Grüße,
EUer Didymos
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Beitragvon Laptop » Fr 1. Feb 2008, 04:33

Wäre auch herb, die Existenz Jesu in Zweifel zu ziehen, wenn damit gleichzeitig die eigene (Herrn Kettelhohns) Berufung angezweifelt wird. Man möchte schließlich nicht jahrelang für ein Trugbild studiert haben. Genausogut kann man sich mit einem Metzger darüber unterhalten, daß vegetarische Koste eigentlich die gesündere ist. :cry: :)
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Beitragvon christianus » Fr 1. Feb 2008, 13:01

Im Talmud (bSANH 43a) steht noch was, hab ich von nem Arbeitsblatt, was wir in der Schule mal gemacht haben:

Am Vorabend des Pesachfestes hängte man Jesu. 40 Tage vorher hatte der Herold ausgerufen: Er wird zur Steinigung hinausgeführt, weil er Zauberei getrieben und Jisrael verführt und abtrünnig gemacht hat. Wer etwas zu seiner Verteidigung zu sagen hat, der komme und sage es. Da aber nichts zu seiner Verteidigung vorgebracht wurde, so hängte man ihn am Vorabend des Pesachfestes (...) Die Rabbanan lehrten: 5 Jünger hatte Jesu: Mathaj Naqaj, Necer, Buni und Thoda: Als man den Mathaj vorführte, sprach er zu ihnen. Sollte Mathaj hingerichtet werden, es heißt ja: Wann (Mathaj) werde ich kommen und vor dem Antlitz Gottes erscheinen? (Ps 42,3) Sie erwiderten ihm: Jawohl, Mathaj soll hingerichtet werden, denn es heißt: Wann (Mathaj) wird er getötet werden und sein Name untergehen.(Ps 41,6) (Ähnliches folgt auch für die 4 anderen Jünger)

Das Problem ist der zeitliche Abstand zu den Geschehnissen (mind. 200 Jahre, daher z.B. evtl. Vertauschung von Jünger-Namen oder Hinrichtungsart), aber geht man davon aus, dass der "Jesus" der historische ist, hat man hier wohl einen "unbeeinflussten" weil gegnerischen Beweis für die historische Existenz.
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Beitragvon consus » Fr 1. Feb 2008, 13:01

Salvete, amici!
Habe die im Jahre 2003 beginnende Diskussion noch einmal durchgelesen, teilweise über die Art der Argumentation gestaunt und mich erinnert an gewisse Worte des israelischen Rechtshistorikers Chaim Cohn. In seinem Buch "Der Prozeß und Tod Jesu aus jüdischer Sicht" (it 2730, Ffm 2001) schreibt er auf S. 414 (Hervorhebungen von mir):
Das Gesamtergebnis, zu dem die nicht-christlichen Quellen über den Prozeß und die Kreuzigung Jesu führen, ist demnach gleich null. Zufällig oder absichtlich war der Weg nun vollkommen frei für ein christliches Monopol auf alle Zeugnisse und Berichte sowie auf ihre Übermittlung mit dem Zweck, den eine christliche Politik und christliches Vorurteil vorschreiben mochten.
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Beitragvon Laptop » Mi 13. Feb 2008, 14:37

@Christianus
Wann wurde denn dieser Abschnitt des Talmud geschrieben? Wenn es 200 Jahre nach der Hinrichtung Jesu war, dann könnte es auch aus christlichen Quellen abgeschrieben sein, und keine Primärquelle mehr sein. Was interessiert sind ja nicht die "nicht-christlichen Quellen" sondern vielmehr die "nicht durch Christlichkeit beeinflußten Quellen".

Vor allem sollte man sich einmal den folgendes anschauen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Jesus_von_Nazaret#Nichtchristliche_Zeugnisse
dort steht, daß sich der Talmud nur auf christliche Überlieferung stützt:
Weitere Notizen stammen von Plinius dem Jüngeren, dem ansonsten unbekannten syrischen Stoiker Mara bar Sarapion und aus im Talmud gesammelten rabbinischen Quellen. Diese Autoren beziehen sich jedoch nur am Rande oder polemisch auf ihnen bekannt gewordene christliche Überlieferungen.


(ich würde gerne von der Historizität Jesu überzeugt werden, allein ich kann es bisher nicht.)
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Beitragvon Brakbekl » Do 14. Feb 2008, 14:45

Chrysostomus hat geschrieben:Die häufig zitierten "heidnischen" Belege für die Existenz Jesu sind mit einiger Vorsicht zu genießen.
....
Wir haben es also bei TAcitus, Sueton und Plinius NICHT mit unabhängigen heidnischen "Beweisen" für die Existenz Jesu zu tun, sondern in allen Fällen ist sehr wahrscheinlich eine christliche Quellenurheberschaft zugrunde zu legen.


Wenn es also den Christus nicht gegeben hat, und die "nichtchristlichen Belegstellen" um die es hier geht, nur christliche Redaktionen sind, dann ist nur noch zu fragen, woher denn "Christliche Redaktionen" stammen? Dann muß man den suchen, der sich den Christus als literarische Figur geschaffen hat, und der so mächtig war, dieser Figur bleibende literarische Geltung zu verschaffen. Hat Maezenas ihn sich ausgedacht....?
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Beitragvon Laptop » So 24. Feb 2008, 05:57

Ich nehme an, die Jesus-Geschichte mußten in der damaligen Zeit einen erheblichen politischen Nutzen gebracht haben, sonst hätten (die Schreiber und Verbreiter) nicht soviel Mühe dahinein investiert. Ich könnte mir vorstellen, daß es eine Art "politisches Programm" war zur "Monilisierung" oder "Vereinigung" des jüdischen Volkes durch Rädelsführer. Ich mutmaße in den folgenden Sätzen: Jesus war ein "normaler" und beliebter Herrscher der Juden, der vor den Augen seiner Leute brutal hingerichtet wurde. Dieses Faktum wurde stilisiert zu dem was wir heute "Märtyrertum" nennen. In etwa wie die Gott-Erklärung des Caesar, jedoch mit einem konkreten Ziel: der Schaffung einer fanatischen Sekte, die sich als seine Jünger und von Gott auserkoren bezeichneten. Damals war dieser Gedanke neu und führte zu einem Zusammenhalt, der wohl bewußt induziert wurde. Heute haben wir Begriffe wie "Märtyrertum, Sekte, Propaganda".
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Beitragvon juergen » So 24. Feb 2008, 09:25

Nur mal so in die Runde gefrag....

Hat wer einen historischen Beweis, daß Sokrates, Platon oder Aristoteles gelebt haben?


Oder wie wäre es damit:
http://de.wikipedia.org/wiki/Erfundenes_Mittelalter
Gruß Jürgen

Achja: meine Übersetzungen sind alle mit großer Vorsicht zu genießen
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