Ablativendung bei Partizipien

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Beitragvon Tiberis » Do 6. Dez 2007, 16:47

Dass der durchschnittliche Römer beim Sprechen bzw. Schreiben eine Regel befolgte, die dem Abl. des Präsenspartizips bei metaphor. Verwendung ein i, sonst ein e verordnete, kann ich mir kaum vorstellen.

von einer derartigen "verordnung" war ja, wenn du meinen beitrag genau liest, nirgends die rede.
und in deiner zuletzt dargestellten zusammenfassung bestätigst du eigentlich ja genau das, was ich schon sagte - nämlich, dass es auf den verbalen bzw. adjektivischen charakter ankommt, und dass der verbale charakter bei gebrauch des partizips im übertragenen sinn eben
häufig(er) zurücktritt.
also ich denke, wir meinen eigentlich dasselbe.
ego sum medio quem flumine cernis,
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Beitragvon consus » Do 6. Dez 2007, 16:48

Am Rande dieser Diskussion:
Weitere Fragen in Bezug auf e bzw. i als Endung des Abl. Sg. tauchen auf, wenn man die folgenden vornehmlich Juristen und Philosophen bekannten Formulierungen betrachtet:
a priori - a posteriori - argumentum a maiori ad minus - argumentum a minori ad maius.
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Ablativ-Endung bei Partizip Präsens

Beitragvon Willimox » Do 3. Jan 2008, 12:06

e vs i; rein formale Varianten?

Zu dieser Frage bisher folgende Thesen :

a) Das Ablativ-i eines Partizip Präsens signalisiert mit einiger Wahrscheinlichkeit ein „duratives“ Merkmal (durativ vs momentan/ad hoc) (Tiberis)

b) Das Ablativ-i ist eine statistisch seltenere Variante, grammatisch-grammatikalisch nicht unkorrekt, Bedeutungsfärbung eher neutral (Tiberis mit seinem K-St-Hinweis, man vergl dort etwa Ciceros „ea parte affluenti“)

c) Es kommt auf die Opposition „Partizipialattribut“ vs „Adjektivattribut“ an (eine petitio principii, in der bisherigen Diskussion).


Erkennbar:


Die (vorsichtig formulierte) These a) lässt sich recht gut mittels b) gegen Einwendungen verteidigen.

Ebensogut möglich, zumindest eine Neutralisierungstendenz im Partizip-i anzusetzen.

Auch dürfte eine theologische Formulierung wie „deo in aeternum regnante“ die These a) „ Merkmalsferne“ bei Ablativ-e des Partizips und Ad-hoc-Aktion bei Ablativ-i des Partizips begrenzen. Denn die Wendung signalisiert: Das Partizip mit -e bezeichnet eine Gott eigentümliche, dauernde Eigenschaft.

Der Hinweis von Consus auf das Ablativ-i des Komparativs statt regulärem Ablativ-e stützt m.E. die Variantenthese b), indem sie das Semantikfeld zurücksetzt und ein vor allem "formales" Spielfeld ansetzt.

Kurz zum Komparativ-i nach „ab“:

Das Ablativ-i des Komparativs findet sich etwa bei Cicero „a meliori parte“ (Orator 20,70¸vgl K-St Teil I, S.361f.), später dann regelmäßig in der theologisch-philosophischen Diskussion (Boethius: a prioribus; Thomas von Aquin: a priori; Occam «demonstratio a priori accipitur multipliciter».

Hier lässt sich gewiss kein Bedeutungsunterschied festmachen (a priori vs a priore ).So geht denn das Ablativ-i aus dem Adjektivsystem dritte Deklination auf den Komparativ über.

«duplex est demonstratio.
Una quae est per causam, et dicitur propter quid, et haec est per priora simpliciter.
Alia est per effectum, et dicitur demonstratio quia: et haec est per ea quae sunt priora quoad nos, cum enim effectus aliquis nobis est manifestior quam sua causa, per effectum procedimus ad cognitionem causae»
Summ. theol. I, 2, 2 c..
«Invenitur enim in scientiis demonstrativis necessarium a priori»
Phys. II, 15, n. 273 (5).


Zur Vertiefung, Marcus Favonius noster:

http://chat.yle.fi/yleradio1/latini/vie ... ght=priori
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Beitragvon Laptop » So 1. Jun 2008, 22:26

romane hat es eigentlich auf den Punkt gebracht:
Der Gebrauch des Partizip Präsens als Partizip hat die Ablativ-Endung -e. Ist es aber (auch) ein Adjektiv, dann -i.


Die Ausnahmen eines PPAs mit Ablativ-Endung auf -i (studio flagranti) beruhen anscheinend darauf, daß das entsprechende PPA (flagrans) vom Schreiber als Adjektiv betrachtet wurde. Vielleicht kann man romanes Satz erweitern:

> Der Gebrauch des Partizip Präsens als Partizip
> hat die Ablativ-Endung -e. Ist es aber (auch) ein
> Adjektiv, oder wird es als solches betrachtet,
> dann -i.

Vielleicht können wir uns darauf einigen?
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Beitragvon Willimox » Di 3. Jun 2008, 11:32

Bin nicht sicher, dear Laptop,


ob R. es auf den Punkt gebracht hat.

Die Diskussion hatte (nicht nur, aber auch)
einen interessanten Schwerpunkt:

    Gibt es in den entsprechenden "hochnormlateinischen"
    Sätzen Hinweise auf eine (mehr oder minder) feste
    Verbindung "duratives Merkmal" - Ablativ-i (wie bei Adjektiven)?

Also eine Frage nach dem Zusammenhang von Semantik und Morphologie.

Eine Antwort darauf klingt hier an, aber...

Ist es aber (auch) ein
> Adjektiv, oder wird es als solches betrachtet,
> dann -i.


... könnte vielleicht vertieft werden .
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