Literatur, e-Deklination, urbs und oppidum

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Literatur, e-Deklination, urbs und oppidum

Beitragvon callipho » Do 17. Jan 2008, 14:54

Guten Tag liebe Lateinfreunde


Ich studiere Latein und leite einen kleinen Kurs von Leuten, die freiwillig Latein lernen, weil Sie es von früher auffrischen wollen oder einfach nur Spaß am Lateinischen empfinden.

Und wie so oft kommen durschaus interessante Fragen von diesen interessierten Leuten, auf die man nicht immer ad hoc eine Antwort weiß ;)

1. Enden alle Substantive der e-Deklination auf -es ? fides, res. usw. Da ich keine Widerlegung nach Überlegen gefunden habe, sagte ich unter Vorbehalt ja. Dann wären also Nominativ Singular und Plural immer gleich.

2. Was ist der Unterschied zwischen urbs und oppidum ?

3. Kann mir jemand bitte ein Werk nennen, dass sich mit der militärischen Ausrüstung, vor allem Waffen, der römischen Armee befasst ? Ich bin in dem Bereich nicht bewandert und würde nur auf Rat empfehlen.

4. Zudem suche ich nach Methoden und Materialien, um den Unterhaltungsaspekt des Kurses zu berücksichtigen. Vielleicht ein leichtes Kreuzworträtsel auf Latein ? leichte Anekdoten oder Fabeln auf Latein, die vielleicht auch gewissen grammatischen Stoff berücksichtigen. Wir arbeiten mit Latinum B. Das ist an sich ganz gut, nur kommt der Unterhaltungswert kurz. Alles, was Lernenden Spaß bereiten könnte, um nicht in reine trockene Didaktik zu verfallen.


Für alle Vorschläge vor allem betreffs Punkt 4 bin ich sehr dankbar.

Viele Grüße
callipho
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Beitragvon Apollonios » Do 17. Jan 2008, 15:08

Salve Callipho,

zu 2.: urbs ist immer eine größere (ummauerte) Stadt, auch Festung (ähnlich arx); oppidum ist fast immer eine Kleinstadt.
zu 4.: Bruno Snell, Neun Tage Latein. Plaudereien; Vandenhoek & Ruprecht. (Nicht unbedingt als Schullektüre, aber könnte als Vorbereitungsbuch nützlich sein.) Außerdem (leider nur antiquarisch zu haben) Georg Capellanus, Sprechen Sie Lateinisch? Moderne Konversation in lateinischer Sprache; Ferd. Dümmler Verlag 1939. Da stehen Sätze wie
demiror, quo fato in hunc incideris chorum! - Ich begreife nicht, wie Sie in diese Gesellschaft geraten konnten!
oder
in crastinum igitur te ad cenam voco. - Ich lade Sie also auf morgen zu Tische ein.
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Beitragvon consus » Do 17. Jan 2008, 20:13

Salve, callipho!

ad 1) ja.

ad 2) Ergänzung: Es ist nicht einfach, ganz exakt urbs und oppidum voneinander abzugrenzen. So wird auch der Begriff oppidum von Rom und Athen gebraucht (Belege u.a. im Lewis-Short s.v. oppidum).

ad 3) Vegetius, epitoma rei militaris (steht im Netz, dort auch engl. Übersetzung zugänglich; meine Teubneriana: rec. Carolus Lang, Stuttgart 1967).
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Beitragvon Laptop » Fr 18. Jan 2008, 04:28

Der Engländer sagt "city" (urbs, mit moenia) und "town" (oppidum), wobei wir eben "town" so im Deutschen nicht kennen, vielleicht "Kleinstadt".
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Beitragvon Martinus » Fr 18. Jan 2008, 09:23

Laptop hat geschrieben:Der Engländer sagt "city" (urbs, mit moenia) und "town" (oppidum), wobei wir eben "town" so im Deutschen nicht kennen, vielleicht "Kleinstadt".


Die oppida, die Caesar in Gallien belagert hat, waren meines Erachtens für damalige Verhältnisse keine Kleinstädte - in ganz Gallien gab es keine größeren.

Wenn Rom oder Athen als oppida bezeichnet werden, interessiert mich, für welche Zeit das gesagt wurde.
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Beitragvon consus » Fr 18. Jan 2008, 11:34

Salvete, amici!

Für die Verwendung von oppidum im Zusammenhang mit Athen und Rom u.a. folgende Belege (nach Lewis-Short, s.v. oppidum; leider habe ich hier zu Hause nicht den Forcellini):

Athen als oppidum:
Nep. Milt. 4, 2:
Inde ad Atticam accesserunt ac suas copias in campum Marathona deduxerunt [490 v. Chr.]. Is est ab oppido circiter milia passuum decem.

Rom als oppidum bezeichnet:
Varro ling. 6, 14:
Liberalia, dicta, quod per totum oppidum eo die sedent...

Liv. 42, 36:
Per idem tempus [171 v. Chr.] legati ab rege Perseo venerunt. eos in oppidum intromitti non placuit

Mart. 10, 30, 2:
oppidum Martis
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Beitragvon Prodikos » Fr 18. Jan 2008, 14:07

Bild

Lexicon Totius Latinitatis ab Aegidio Forcellini, Secunda impressio anastatice confecta quartae editionis aa. 1864-1926 Patavii typis mandatae cum appendicibus quibus aucta est prima anastatica impressio a. 1940 edita
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Beitragvon callipho » Fr 18. Jan 2008, 16:34

Apollonios hat geschrieben:Salve Callipho,

zu 2.: urbs ist immer eine größere (ummauerte) Stadt, auch Festung (ähnlich arx); oppidum ist fast immer eine Kleinstadt.
zu 4.: Bruno Snell, Neun Tage Latein. Plaudereien; Vandenhoek & Ruprecht. (Nicht unbedingt als Schullektüre, aber könnte als Vorbereitungsbuch nützlich sein.) Außerdem (leider nur antiquarisch zu haben) Georg Capellanus, Sprechen Sie Lateinisch? Moderne Konversation in lateinischer Sprache; Ferd. Dümmler Verlag 1939. Da stehen Sätze wie
demiror, quo fato in hunc incideris chorum! - Ich begreife nicht, wie Sie in diese Gesellschaft geraten konnten!
oder
in crastinum igitur te ad cenam voco. - Ich lade Sie also auf morgen zu Tische ein.


Vielen Dank erstmal an alle für sie zahlreichen Anworten, vor allem der Literaturbelege.

@Apollionos: Geht es in den gennanten Werken um "Latein sprechen" ? In dem Kurs übersetzen wir vom Deutschen in Lateinische und machen auch keine lateinischen Stilübungen, obwohl ich selbst das interessant finde. Aber dazu reicht die Zeit im Kurs leider nicht , dann müsste man einen eigenen Kurs anbieten. Ziel des Kurses ist es, lateinische Lektüre zu lesen, vielleicht Phaedrus Fabeln. Davon sind wir aber noch weit enfernt, weil es noch viel Grammatik zu lernen gibt... Aber dennoch streue ich zwichendurch unterhaltende Materialen ein, weil es den Teilnehmern Spaß macht.

Lg
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Beitragvon Apollonios » Fr 18. Jan 2008, 16:56

Bei Snell geht es um die Freude an der lateinischen Sprache, die er vermittelt, indem er auf intelligente und fröhliche Weise Dichtung vorstellt. Das tut er am Beispiel antiker und mittelalterlicher Dichtungen, die er (da er sich nicht nur an Lateinkundige wendet) in Original und Übersetzung vorstellt, und anhand einiger Erklärungen zu ihrer Wirkungsgeschichte.
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Es ist kurios, daß das Lateinische eine volkstümliche Poesie erst hervorgebracht hat, als es nicht mehr Volkssprache, sondern nur noch Sprache der Gebildeten war. Denn die alte römische Poesie, jedenfalls soweit sie auf uns gekommen ist, hat viel mehr literarisch-gebildeten Charakter als das, was wir aus dem Mittelalter an lateinischen Gedichten besitzen, also aus einer Zeit, als das Latein eine Sondersprache der Schriftkundigen war. (…)
Ich sollte meinen, daß es unserem Latein-Unterricht auf der Schule nur zugute käme, wenn man diese mittelalterlliche Poesie mehr heranzöge, nicht nur, weil sich Latein daran so leicht lernen läßt, sondern auch deswegen, weil schon wenige Proben den Blick für eine Welt öffnen, die uns auf der Schule unbekannt geblieben ist.
In den Carmina Burana finden sich so bezaubernde Stücke wie das Frühlingslied, das mit zu denen gehört, die Orff vertont hat:

Ecce gratum
et optatum
ver reducit gaudia.
Purpuratum
floret pratum,
sol serenat omnia.
iamiam cedant tristia!
æstas redit,
nunc recedit
hiemis sævitia.

Auf, zu grüßen
Lenz, den süßen!
Freude hat er wiederbracht.
Blumen sprießen
auf den Wiesen
und die liebe Sonne lacht.
Nimmer sei des Leids gedacht!
Von dem jungen
Lenz bezwungen
weicht des Winters grimme Macht.

(Übertragen von L. Laistner)

Klingt das nicht wie ein Volkslied? Aber so volkstümlich es wirklich ist, - schon das Lateinische schloß es aus, daß das Volk es wirklich sang oder daß es gar aus einem Milieu, das wir heute volkstümlich nennen würden, stammt.

Der Capellanus ist eher ein Scherz; hier wird sozusagen Smalltalk (Consus, bitte verzeih dies Wort!) auf Latein betrieben - nicht für Dauerlektüre geeignet, aber zur Auflockerung des Unterrichts.
Zuletzt geändert von Apollonios am Fr 18. Jan 2008, 18:45, insgesamt 1-mal geändert.
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Beitragvon al-iksir » Fr 18. Jan 2008, 18:14

Wir hatten in der Schule ab und zu Kreuzworträtsel und ähnliche Scherze. Waren alle aus einem Buch kopiert, das es bei uns in der Hauptbücherei neben anderen Latein-Lehrbüchern gibt, kann mich nicht mehr an den Namen erinnern (vielleicht finde ich es noch heraus). So etwas (Kreuzworträtsel, spielerische Einsetzübungen usw.) sollte es häufiger und in jedem besser sortierten Buchhandel (zumindest auf Bestellung) geben.

Was noch ganz nett ist:
- lateinische Rezepte übersetzen (man über den Infinitiv II ;) ) oder
- lateinische Zauber- und Hexensprüche. Habe zuhause ein dünnes Reclam-Heft mit Verhexungs-, Verwandlungs-, Liebessprüchen usw. - kann auf Wunsch gerne mal nachsehen, wie das genau heißt.

Grüße
al-iksir
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Beitragvon consus » Fr 18. Jan 2008, 21:02

Maximas gratias tibi ago, o Prodice, pro excerpto Forcelliniano benigne ad nos misso.
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Beitragvon Prodikos » Fr 18. Jan 2008, 22:41

Meum officium est.
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Beitragvon Merkur » Sa 19. Jan 2008, 00:11

In einem etwas fortgeschritteneren Kurs könnten auch lat. Nachrichten in Betracht gezogen werden.

Links dürften hinlänglich bekannt sein, dennoch:

http://www.radiobremen.de/nachrichten/latein/

http://www.radio1.fi/nuntii/


Für Latein-Interessierte, die sich mit Hilfe einer Übersetzung bereits am lat. Satz entlanghangeln können, kann ich auch auch Grasshoffs "ins Deutsche gerückt[en]" Martial empfehlen.

Evtl. leichtere Passagen aus den Asterix-Heftchen, Piper Salve (wenn auch sprachlich manchmal mit Vorsicht zu genießen ...), oder alles, was sich auf http://www.voxlatina.uni-saarland.de/ herumtreibt ... der sprachlichen Qualität wegen jedoch sollten die Saarbrückener Beiträge von vornherein als Spielerei vorgestellt werden. Ganz im Gegensatz übrigens zu Capellanus, dessen Latein ausgesprochen gut ist.

Aus Fehlern lernt man (auf recht amüsante Weise) bei Lektüre folgender Büchlein:

http://www.antike-zum-begreifen.de/prod ... atein.html

http://www.antike-zum-begreifen.de/prod ... htung.html
Merkur
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Beitragvon callipho » Mo 21. Jan 2008, 16:00

al-iksir hat geschrieben:Wir hatten in der Schule ab und zu Kreuzworträtsel und ähnliche Scherze. Waren alle aus einem Buch kopiert, das es bei uns in der Hauptbücherei neben anderen Latein-Lehrbüchern gibt, kann mich nicht mehr an den Namen erinnern (vielleicht finde ich es noch heraus). So etwas (Kreuzworträtsel, spielerische Einsetzübungen usw.) sollte es häufiger und in jedem besser sortierten Buchhandel (zumindest auf Bestellung) geben.

Was noch ganz nett ist:
- lateinische Rezepte übersetzen (man über den Infinitiv II ;) ) oder
- lateinische Zauber- und Hexensprüche. Habe zuhause ein dünnes Reclam-Heft mit Verhexungs-, Verwandlungs-, Liebessprüchen usw. - kann auf Wunsch gerne mal nachsehen, wie das genau heißt.

Grüße
al-iksir


Über einen link oder Titel über lateinische Kreuzworträtsel würde ich freuen ...

Vielen Dank im Voraus
callipho
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Beitragvon Picus » Mo 21. Jan 2008, 17:55

Salve

wenn du dich genauer mit dem römischen Militär und deren Bewaffnung auseinandersetzen willst, kann ich dir wärmstens Junkelmanns Werke empfehlen. Marcus Junkelmann hat im archäologischen Experiment Bewaffnung, Rüstungen, Lager und zugehöriges Material etc. rekonstruiert. In "Die Legionen des Augustus" wird ein großartiger und detaillierter Überblick (natürlich mit vielen Abbildungen ;)) gegeben.
In dieser Hinsicht bin ich mir zwar nicht 100% sicher, aber ich glaube, dass auch durchweg die lateinischen Bezeichnungen aufgeführt werden.

Grüße
Picus
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