Modusangleichung nach kausalem quod

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Modusangleichung nach kausalem quod

Beitragvon CIS » Do 31. Jul 2008, 22:41

Guten Abend,

ich habe heute eine deutsch-lateinische Klausur zurückbekommen und einen angestrichenen Fehler, der mich doch ein bisschen wundert: In einem von einem AcI abhängigen kausalen qoud-Satz habe ich Indikativ gesetz. Der Dozent hat die Indikativform angestrichen und einen Modusfehler angestrichen.

Ich habe mal gelernt, dass von Konjunktiven oder Infinitiven abhängige Nebensätze die Modusangleichung machen können, aber nicht müssen.

Bevor ich mich jetzt beschweren gehe, wollte ich mal bei euch nachfragen. Ich hab auch ein bisschen in der elektronischen Ausgabe der Bibliotheka Teubneriana Latina geforscht und folgenden Satz gefunden:

M. Tulllius Cicero - Cato maior de senectute
par.: 77, pag.: 38, linea: 23
non enim video cur quid ipse sentiam de morte, non audeam vobis dicere, quod eo cernere mihi melius videor quo ab ea propius absum.
Ich würde das als faktisches quod auffassen, aber da sind die Übergange zum kausalen je meiner Meinung nach eh ziemlich fließend.

Für relatives quod mit Indikativ nach Konjunktiv oder Infinitiv finden sich massenhaft Belege, aber für kausales habe ich sonst noch nichts mit Indikativ gefunden.
Gibts vielleicht für kausales quod besondere Regeln der inneren Abhänigkeit?
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Beitragvon Latein-Fan » So 3. Aug 2008, 15:21

Und, was sagt der Dozent?
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Beitragvon RoSaBriLLe » So 3. Aug 2008, 15:45

ich weiß ja nicht ob dein Dozent Wert auf sowas legt, aber ich hab auch gelernt, dass man die Modusangleichung machen kann, aber nicht muss.
ich übersetzte AcI-Sätze (außer wenn es ansonsten nicht zum Kontext passt) normalerweise im Indikativ und damit eben auch einen folgenden quod-Satz.
es wäre allerdings ein fehler (glaub ich jedenfalls), wenn der AcI-Satz im Konjunktiv steht der abhängige quod-Satz aber im Indikativ.

weißt du den Satz noch?
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Beitragvon Zythophilus » So 3. Aug 2008, 16:10

Drückt der quod-Satz eine subjektive Meinung aus? Im Übrigen: In dubio pro coniunctiuo!
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Beitragvon CIS » So 3. Aug 2008, 16:47

Sorry, ich hätte den Satz eigentlich schon vorher posten können. Der relevante Teil lautet:
Pompeius sciebat Lucullum indignatum esse, qoud imperium sibi deponendum fuit.

Eben weil der qoud-Satz ja eine ganz objektive Sache ausdrückt (Lucullus musste den Oberbefehl ja tatsächlich an Pompeius abgeben), habe ich mich für den Indikativ entschieden.

Die Regel "In dubio pro coniunctiuo!" werde ich wohl in Zukunt beherzigen.

Und der Dozent sagt momentan gar nichts, weil er wohl im Urlaub ist. In jedem Falle ist die nächste Sprechstunde erst in zwei Wochen.
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Beitragvon Laptop » So 3. Aug 2008, 20:30

Es ist doch eine Erläuterung, und da erwarte ich ebenfalls den Konjunktiv. Quod mit Indikativ lese ich als "daß ..." oder "so daß ..."; quod mit Konjunktiv als "da, weil" (Erläuterung, Begründung).
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"In dubio pro coniunctiuo!"

Beitragvon Zythophilus » So 3. Aug 2008, 21:55

Die Regel habe ich in der Form erst formuliert, doch lässt sich ein obliquer Konjunktiv in einem von einem konjunktiv. Satz oder AcI abhängigen GS praktisch immer rechtfertigen.
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Beitragvon Tiberis » So 3. Aug 2008, 22:28

qoud imperium sibi deponendum fuit.


der entscheidende fehler ist die kombination
von sibi mit dem indikativ - das geht nicht.
entweder : sibi + esset oder ei + fuit
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Beitragvon CIS » Mo 4. Aug 2008, 08:33

Das ist interessant.

Ich hab nämlich ei + fuit dastehen, aber da der Korrektor auch das ei angestrichen und sibi darübergeschrieben hat, habe ich das mal nicht hinterfragt und hier so geschrieben, um euch nicht mehr zu verwirren.
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Beitragvon Didymos » Mo 4. Aug 2008, 10:43

Eben weil der qoud-Satz ja eine ganz objektive Sache ausdrückt (Lucullus musste den Oberbefehl ja tatsächlich an Pompeius abgeben), habe ich mich für den Indikativ entschieden.


Nur meine unmaßgebliche und fehlbare Meinung : Ich empfinde das auch als ein schlagendes Argument für den Indikativ.
Wenn Lucullus nur vermutet hätte daß er den Oberbefehl abgeben muß, wäre Konjunktiv notwendig.
Aber weil es sich eben um ein tatsächliches Faktum handelt, hätte ich auch eher Indikativ verwendet...
Möglich daß Konjunktiv auch nicht falsch wäre...Aber warum Indikativ falsch sein soll, verstehe ich jetzt nicht...

Grüße,
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Beitragvon CIS » Mo 4. Aug 2008, 12:05

Erstmal Danke für eure hilfreichen bisherigen Antworten!

Ich sehe schon, dass ich nicht umhin komme, zum Dozenten zu gehen, da die Sache doch recht uneindeutig zu sein scheint.
Außerdem hab ich noch ein paar andere Punkte, also werd ich sowieso hin müssen.
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Beitragvon Domingo » Mo 4. Aug 2008, 13:03

Mich stört nicht der Indikativ, sondern die Zeitform. Sollte da nicht erat (Gleichzeitigkeit) oder fuerat (Vorzeitigkeit) stehen?
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Beitragvon CIS » Mo 4. Aug 2008, 13:08

Das Perfekt habe ich hier gesetzt, weil das Abgeben des Oberbefehls ja eine einmalige und nicht durative Handlung ist.

Ich bin gerade in der Bibliothek und habe gerade zwei Dinge, die mich eher bestärken, gefunden.

1.
Laptop hat geschrieben:Es ist doch eine Erläuterung, und da erwarte ich ebenfalls den Konjunktiv. Quod mit Indikativ lese ich als "daß ..." oder "so daß ..."; quod mit Konjunktiv als "da, weil" (Erläuterung, Begründung).


Das steht bei Leumann-Hofmann-Szantyr anders:
(Zweiter Band, Seite 575):
"b) Modus im kausalen qoud-Satz: Während die klass. und mit gelegentlichen Ausnahmen (....) auch die nachklass. Periode nach kausalem qoud-Satz den Konj. nur als Modus obliquus gebraucht (...), finden wir im Spätlatein, ebenso wie nach quia (...) auch u n b e g r ü n d e t e Konj. an Stelle des Indik. (wohl im Anschluss an cum causale)."

(Sperrdruck im Original)

2. Ein Textbeleg. (ich zitiere wiederrum nach der Bibliotheka Teubneriana Latina)
M. Tullius Cicero - In C. Verrem orationes sex
LLA 268,OR, actio secunda, liber: 4, par.: 125, pag.:68b, linea: 4
Etiam ne gramineas hastas - vidi enim vos in hoc nomine, cum testis diceret, commoveri, quod erant eiusmodi ut semel vidisse satis esset -, in quibus neque manu factum quicquam neque pulchritudo erat ulla, sed tantum magnitudo incredibilis, de qua vel audire satis esset, nimium videre plus quam semel - etiam id concupisti.

Der Satz ist ein bisschen komplizierter, aber der Kern, um den es geht, lautet:
"vidi enim vos (...) commoveri, quod erant"
Manfred Fuhrmann (Cicero - sätmliche Reden) übersetzt das auch kausal und so fasse ich das auch auf.
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Beitragvon Tiberis » Mo 4. Aug 2008, 13:48

Pompeius sciebat Lucullum indignatum esse, qoud imperium sibi deponendum fuit.

noch einmal:
es kann sowohl indikativ als auch konjunktiv stehen , je nachdem, ob der inhalt des quod-satzes als objektive tatsache oder als subjektive begründung für den ärger des Lukullus gesehen wird.

im fall 1 > quod imperium ei deponendum fuit
im fall 2 > quod imperium sibi deponendum esset.
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Beitragvon Domingo » Mo 4. Aug 2008, 13:52

CIS hat geschrieben:Das Perfekt habe ich hier gesetzt, weil das Abgeben des Oberbefehls ja eine einmalige und nicht durative Handlung ist.


Aber die Notwendigkeit des Abgebens ist sehr wohl ein Dauerzustand.

Außerdem ist es kein Griechisch, also spielen Zeitstufen doch die übergeordnete Rolle.
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