F.J.Strauß (1915-1988), vielen Bayern ein Heros, Kraftlackel und ein „Hund samma scho-Beleg“, den anderen zumindest unheimlich (Spezln-Wirtschaft, Spiegel-Affaire, Honecker-Kredit-Geber ....), liebte Latein, liebte es, seine Rede entsprechend zu ornamentieren („pacta sunt servanda...“), auch dort, wo er nur Schulterzucken gewärtigen konnte. Aber auch Liebe wurde ihm zuteil. Trotz und mittels dieser Sprache.
Frau Piller: Latin is love
So notiert Wilfried Stroh (Latein ist tot, es lebe Latein, 2007, S. 290ff), dass F.J. S. seiner Freundin der letzten Jahre Lateinunterricht aufnötigte. Renate Piller (im Jahre 1984 43 Jahre alt), Salzburgerin, attraktiv, geschieden, Münchner Journalisten wohlbekannt als frühere Pressedame der Mode-Woche, dann bei tv-weiß-blau, dem Privat-Fernsehsender, an dem Strauß-Sohn Franz-Georg beteiligt ist, hatte schriftliche Hausaufgaben abzuliefern, die der Witwer korrigiert. Das Lehrbuch Latein wäre zu eruieren, aber da müsste man im stern-archiv gucken. Frau Piller jedenfalls lernte aus Liebe und fand so Gefallen.
Herr Schönlein: Ein wilder Disput
Eine Quisquilie für entspannt-coole Lateiner, ein heißes Disputandum für Amantissimi Linguae Latinae ist der Diskurs zwischen F.J. S. und Peter Schönlein. Es ging um die Frage: Wie sagt man korrekt und wirkungsvoll auf Latein „lachend die Wahrheit sagen“?
Hier die entsprechende SZ-Passage (Olaf Przybilla, SZ, 14. August 2008; S.50):
Nürnberg – Er hätte das nicht tun sollen. Denn erstens gehört es sich nicht, einem Gast so öffentlich über den Mund zu fahren. Und zweitens war das nicht irgendein Gast, den die Stadt Nürnberg da zum Empfang geladen hatte. Nein, es war Franz Josef Strauß, der Nürnbergs Oberbürgermeister Andreas Urschlechter in festlicher Runde die Aufwartung machte. Während aber Strauß anhob zu einer Rede über die Vorzüge der Stadt Nürnberg, war es dem SPD-Stadtrat Peter Schönlein vorbehalten, dem Ministerpräsidenten ausgerechnet an der Stelle ins Wort zu fallen, als Strauß, um mit Horaz zu sprechen, den Nürnbergern lachend die Wahrheit sagen wollte – und hierfür die Wendung ridendo dicere verum wählte. Genau an dieser Stelle begehrte Schönlein auf. Und zwar mit dem Einwand, diese Sentenz hätte korrekterweise ridentem dicere verum heißen müssen. Worauf ein wilder Disput entbrannte über Partizipien, Gerundien, Akkusative und deren Konstruktionen – ein Streitgespräch, das sich eines fehlenden Grammatikbuchs wegen den ganzen Abend lang nicht mehr aus der Welt schaffen ließ.
Quaestio: Was denn nun also?
Zur Erinnerung, bei Horaz heißt es:
.. praeterea, ne sic ut qui iocularia ridens
percurram ? quamquam ridentem dicere verum
quid vetat? ut pueris olim dant crustula blandi
doctores, elementa velint ut discere prima ?
sed tamen amoto quaeramus seria ludo …:
Also, ridens dicere verum ? Oder ridendo dicere verum ? Oder beides - oder ander(e)s?
Links zum Rechten
Wer soziohistorische Vertiefung und levitatorische Erheiterung sucht, möge hier vorbeischauen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Peter_Sch%C3%B6nlein
(Peter Wilhelm Schönleins Curriculum Vitae)
http://www.youtube.com/watch?v=9gFSO9lr ... re=related
(Strauß teilt aus, zu Beginn mit bajuwarischem Ti-Eitsch)
http://www.youtube.com/watch?v=cXH6W5gLjiU
(Rentnerin interviewt FJS, Wahlkampfspot 1980; Exposition mit Dackel-Zamperl)
http://www.youtube.com/watch?v=jp4YVf2-tck (Mensch ärgere Dich nicht spielt die Familie: F.J.S, Marianne, Monika, Franz und Max, 1969, Wahlkampfspot 1969 )
P.S.
Verfasser war als Jungspundlehrer am Dante-Gymnasium München für ein halbes Jahr, damals zweimal im Disput über lateinische Korrektheit von Strauß-Sprößling-Arbeiten involviert. Die Zähigkeit einer Lederschildkröte reichte nicht aus.
Valete
