Laudatio Turiae 2, 43

Das Forum für professionelle Latinisten und Studenten der Lateinischen Philologie

Moderatoren: Zythophilus, marcus03, Tiberis, ille ego qui, consus, e-latein: Team

Laudatio Turiae 2, 43

Beitragvon Domingo » So 30. Nov 2008, 17:11

Salvete,

Der inschriftliche Nachruf auf eine römische Matrone, der als "Laudatio Turiae" bekannt ist, ist ein interessantes, aber (wie mir scheint) um so schwierigeres Sprachdenkmal aus augusteischer Zeit. Der fragmentarische Zustand des Textes erlaubt uns nicht, die ganze dort erzählte Geschichte nachzuvollziehen, was sich dann bei der Interpretation einzelner Passagen negativ auswirkt.

Der Ehemann spricht in der Inschrift zu der verstorbenen Gattin und erzählt u.a., wie sie ihm als in Ungnade Gefallenenem geholfen hat. Er musste auswandern oder sich zumindest versteckt halten (nichts Genaueres weiß man nicht) und konnte erst dank ihren Bemühungen bei den damaligen Machthaber rehabilitiert werden.

Dann erzählt er, dass irgendwann wegen des Verdachtes der Unfruchtbarkeit eine Schiedung ins Auge gefasst wurde: und da heißt es:

(40)Fatear necessest adeó (*) me exarsisse ut excesserim mente ... (41) agitari divertia inter nos [ante quam] fató dicta lex esset, posse [te] aliquid concipere mente, qua[re viva desineres] (43) esse mihi uxor, cum paene exule me vitá fidissuma perman[sisses].


Zum allerletzten Satz (cum...permansisses) gibt es zwei mögliche Übersetzungen

1. vitá geht mit exule me, das wäre dann ein (poetischer) Ausdruck für "sterben".

2. es bezieht sich auf fidissuma. Dann stellt sich aber die Frage, was ein solcher Zusatz dem Sinn der Aussage hinzufügen würde.

Kennt jemand von Euch Beispiele, wo vitâ in prägnantem Sinne in der Bed. "im/mit dem ganzen Leben" o.ä. benutzt wird?

Valete

Domingo


(*) Der Akzent ´ zeigt einen Langvokal an.
ἐγὼ μὲν ὁ αὐτός εἰμι, ὑμεῖς δὲ μεταβάλλετε.
Domingo
Censor
 
Beiträge: 653
Registriert: Fr 25. Apr 2008, 23:00

Beitragvon Princeps » So 30. Nov 2008, 19:20

Hallo, Domingo!

Der Text schaut hier etwas anders aus:

http://www.hs-augsburg.de/~Harsch/Chron ... -intr.html

Dort findest du auch eine englische Übersetzung.
Princeps
Censor
 
Beiträge: 684
Registriert: Do 17. Apr 2008, 21:39

Beitragvon consus » So 30. Nov 2008, 23:14

Servus, Domingo.
In Bezug auf die Wendung "im ganzen Leben" würde ich tota vita erwarten.
Habe in den Kommentar von Dieter Flach* geschaut und lese, dass Wistrand folgende Ergänzung vornimmt: qua[re vivo me desineres]; so stehe [me vivo] zu paene [e]xule me vítá in ebenso klarem Gegensatz wie [desineres] esse mihi uxor zu cum ... fidissuma perman[sisses].

:book:
-----------------
* Die sogenannte Laudatio Turiae. Einleitung, Text, Übersetzung und Kommentar, Darmstadt 1991, S. 106f.
Benutzeravatar
consus
Pater patriae
 
Beiträge: 14234
Registriert: Do 27. Jul 2006, 18:56
Wohnort: municipium cisrhenanum prope Geldubam situm

Beitragvon Domingo » So 30. Nov 2008, 23:55

Salvete,

Danke für die Antworten und, @conse, für den Hinweis auf diesen Kommentar. Ich besitze nur einen von 1950 (Marcel Durry, Eloge funebre d'une matrone romaine, Les belles lettres) und habe im Augenblick keinen Zugang zu anderen.

Mit meiner Formulierung "im ganzen Leben" meinte ich, ob vita (falls es doch zu fidissuma gehört) den Begriff gleichsam erweitern würde: Bei einer "treuen Ehefrau" denken wir ja vor allem an das "Nicht-Fremdgehen", und vielleicht klang es für die Römer auch so und der Autor wollte mit der Hinzufügung von "durch den gesamten Lebenswandel" das Augenmerk auf allgemeinere Aspekte lenken (zB eben die Hilfe in der Zeit der Proskriptionen).

Akzeptiert man aber die Ergänzung von Wistrand, dann ist es klar, dass man Interpretation 1. folgen muss.

Ciao,
Domingo
ἐγὼ μὲν ὁ αὐτός εἰμι, ὑμεῖς δὲ μεταβάλλετε.
Domingo
Censor
 
Beiträge: 653
Registriert: Fr 25. Apr 2008, 23:00


Zurück zu Lateinische Philologie



Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 11 Gäste