Mühle im locus amoenus

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Mühle im locus amoenus

Beitragvon bis danne » Fr 8. Mai 2009, 14:27

Hallo,

ich würde mich freuen, wenn mir jemand bei meinem kniffligen Problem hilft:

In einem mittelhochdeutschen Text ist ein locus amoenus beschrieben, wo eine am Bach gelegene Mühle arbeitet.

Wahrscheinlich ist, dass es hierfür ein antikes Vorbild gibt.

Ist jemandem ein locus amoenus mit einer Mühle schon einmal im Lateinischen oder gar Griechischen begegnet?

Vielen Dank!
bis danne
 

Re: Mühle im locus amoenus

Beitragvon Merkur » Fr 8. Mai 2009, 20:06

Hallo!

Könntest du die konkrete Stelle angeben? Das würde vielleicht helfen.

lg,
M.
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Re: Mühle im locus amoenus

Beitragvon bis danne » Sa 9. Mai 2009, 19:44

Die Stelle entsammt einer kleineren Erzählung von Konrad von Würzburg
- Die Klage der Kunst.
bis danne
 

Re: Mühle im locus amoenus

Beitragvon Merkur » Sa 9. Mai 2009, 20:03

ich hatte eher an Text gedacht; damit wir uns ein Bild machen können ...
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Re: Mühle im locus amoenus

Beitragvon Didymos » So 10. Mai 2009, 11:21

Hallo,

Wahrscheinlich ist, dass es hierfür ein antikes Vorbild gibt.

Es wäre auch hilfreich wenn Du diese Vermutung noch präzisieren könntest. Gibt es einen konkreten Hinweis ( und woher, aus Sekundärliteratur oder von einem Dozenten ?), daß ein antikes Vorbild vorhanden ist und läßt sich der Zeitraum dieses antiken Vorbildes zeitlich oder regional eingrenzen ?

Grüße,
Didymos
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Re: Mühle im locus amoenus

Beitragvon romane » So 10. Mai 2009, 11:50

Die Freiheit ist ein seltsames Wesen - wenn man es gefangen hat, ist es verschwunden

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Re: Mühle im locus amoenus

Beitragvon Didymos » So 10. Mai 2009, 12:32

@Romane
Hilft dieser Artikel denn weiter -ich konnte mit dem Begriff " Mühle" keine entsprechenden Hinweise finden ?

Im "Kleinen Pauly " finde ich unter " Mühle" folgenden Hinweis:
<< Schon kurz danach (spätestens im 1.Jh. v.Chr.) wurde auch die Wasser-M. erfunden, die bei Vitr. 10,5,2 in einer Form beschrieben ist, welche im wesentlichen bis in die Neuzeit unverändert blieb, deren Gebrauch sich aber nur langsam ausdehnte und erst 2 oder 3 Jh. später auch in die ferneren Provinzen des röm. Reiches vordrang >

Ich schließe aus dieser Erläuterung daß die Wassermühle keine archaische Erfindung ist und es anscheinend wenige Belege gibt...Das antike Vorbild dürfte also eher erst in der Zeit nach Christi Geburt zu suchen sein...Was meinen denn die Gelehrten im Forum ?

An den Fragesteller ist weiterhin die Bitte zu richten seine Angaben zu präzisieren :
-die genaue mittelhochdeutsche Textstelle und besonders die
- Quelle seiner Information, daß ein antikes Vorbild vorliegt

Grüße,
Didymos
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Re: Mühle im locus amoenus

Beitragvon bis danne » So 10. Mai 2009, 13:07

"Die Klage der Kunst" Konrads von Würzburg beginnt folgendermaßen:

Frou Wildekeit für einen walt
mich fuorte bi ir zoume:
da sach ich bluomen manecvalt
mer danne zeinem soume;
ouch vant ich einen brunnen kalt
da under grüenem boume,
der eine mülen mit gewalt
wol tribe an sinem stroume.

Die Beschreibung des locus amoenus fährt noch fort.

Mir geht es aber um jene letzten Verse, die man in der Art übersetzen könnte:
Auch fand ich einen kalten Brunnen,
dort unter einem grünenden Baum,
der mit seinem Bachlauf
eine Mühle mit Kraft antrieb.

In der mittelhochdeutschen Literautur taucht bisher kein derartiger locus amoenus auf. Es ist möglich, dass es ein antikes Vorbild gibt, da der Autor nachweislich lateinische Dichter gelesen hat und da diese Mühle für den weiteren Textverlauf keine Bedeutung hat. Warum steht sie dann aber im Text? Als Lückenfüller ist äußerst unwahrscheinlich. Eher denkbar wäre ein Vorbild.

Vielen Dank für eure Mühen!!

Anne
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Re: Mühle im locus amoenus

Beitragvon consus » So 10. Mai 2009, 13:56

Servus.
Vielleicht hilft ein Blick in folgendes Buch weiter:
Haß, Petra : Der locus amoenus in der antiken Literatur . - 1. Aufl. . - Bamberg : WVB, Wiss. Verl. Bamberg , 1998. Rezension im Netz.
Wünsche schönen Sonntag an einem locus amoenus!
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Re: Mühle im locus amoenus

Beitragvon Medicus domesticus » So 10. Mai 2009, 13:57

Salve, das ist jetzt nicht eine direkte Antwort auf deine Frage, aber Mühlen wurden schon bei Homer erwähnt.
Hier ein Übersetzungsauszug von Odyssee 20,105ff:
105 Plötzlich hört' er ein mahlendes Weib, das glückliche Worte
Redete, nahe bei ihm, wo die Mühlen des Königes standen.
Täglich waren allhier zwölf Müllerinnen beschäftigt,
Weizen- und Gerstenmehl, das Mark der Männer, zu mahlen.
Aber die übrigen schliefen, nachdem sie den Weizen zermalmet:
Sie nur feirte noch nicht, denn sie war von allen die schwächste.
Stehen ließ sie die Mühl', und sprach die prophetischen Worte:....


Schönen Sonntag :)
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Re: Mühle im locus amoenus

Beitragvon Didymos » So 10. Mai 2009, 15:29

Mühlen in verschiedener Form gab es natürlich schon früh, mein Beitrag bezog sich speziell auf die Wassermühle, denn an dieses Bild ist meiner Meinung nach im Bild eines locus amoenus speziell gedacht, also die Mühle die an dem Bach fließt.

Die Frage ist aber auch unabhängig von Konrad von Würzburg hochinteressant : Wann tritt ( erstmals) zu dem klassischen Element des Baches in der locus amoenus -Literatur das Element der an diesem Bach sich drehenden Wassermühle hinzu ? Konrad von Würzburg ist der terminus ante quem den uns Anne vorlegt...

Grüße,
Didymos
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Re: Mühle im locus amoenus

Beitragvon romane » So 10. Mai 2009, 15:56

Didymos hat geschrieben:@Romane
Hilft dieser Artikel denn weiter -ich konnte mit dem Begriff " Mühle" keine entsprechenden Hinweise finden ?

Grüße,
Didymos


Ich gehe davon aus, dass es nicht in 1. Linie um die Mühle geht, sondern um den TOPOS locus amoenus
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Re: Mühle im locus amoenus

Beitragvon Didymos » Mo 11. Mai 2009, 22:44

Haß, Petra : Der locus amoenus in der antiken Literatur . - 1. Aufl. . - Bamberg : WVB, Wiss. Verl. Bamberg , 1998.

Ich konnte heute in dieses Buch kucken, wurde aber leider nicht fündig...
Leider besitzt das Buch kein Sachregister sodaß eine exakte Suche unter dem Begriff Mühle nicht möglich war. Auf den ersten Blick aber konnte ich keinen Beleg finden, der für Konrad von Würzburg Vorlage sein könnte...
Dachtest Du an etwas konkretes, Consus, oder war das nur eine allgemeine Vermutung aufgrund des Buchtitels ?
Das Buch konzentriert sich anscheinend eher auf die frühere Antike, beginnend bei Homer und Sappho. Diese Autoren dürften aber der Angabe im Kleinen Pauly entsprechend für den Beleg einer Wassermühle ausscheiden...Spätantike Belege bietet das Buch nur vereinzelt und sie scheinen nicht weiterzuhelfen...
Aber ich kann wie gesagt nicht ausschließen daß ich etwas übersehen habe...

:sad:
Grüße,
Didymos
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Re: Mühle im locus amoenus

Beitragvon consus » Di 12. Mai 2009, 11:00

Salvete, amici.
Direkt weisen, wenn auch mir nichts entgangen ist, weder E. R. Curtius* noch P. Haß auf einen mit einer Mühle ausgestatteten Lustort / locus amoenus hin. Doch sind Curtius‘ Worte, dass „Natur immer bewohnte Natur“** sei, zu bedenken. So sehe ich, wenn die Mühle nur reine Staffage ist, übrigens auch keinen Widerspruch zu Isid. orig. 14, 8, 33: Amoena loca Varro dicta ait eo, quod solum amorem praestant et ad se amanda adliciant. Verrius Flaccus, quod sine munere sint nec quicquam his officia, quasi amunia, hoc est sine fructu, unde nullus fructus exsolvitur. Inde etiam nihil praestantes inmunes vocantur.
Bene valete.

__________________________________________________________________
* Europäische Literatur und lateinisches Mittelalter, 8. Aufl. Bern/München 1973.
**a.a.O. S. 194.
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Re: Mühle im locus amoenus

Beitragvon Zythophilus » Mi 13. Mai 2009, 22:09

SALVETE
Eine Wassermühle in einer antiken Beschreibung eines locus amoenus kommt meines Wissens nicht vor.
Ich denke, dass dieser Mühlentyp in den Regionen, in denen die klass. lat. Literatur entstand, praktisch nicht vorhanden war.
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