Skandieren; Hebung und Senkung / Iktenfrage

Das Forum für professionelle Latinisten und Studenten der Lateinischen Philologie

Moderatoren: Zythophilus, marcus03, Tiberis, ille ego qui, consus, e-latein: Team

Re: Skandieren

Beitragvon ille ego qui » Fr 17. Jul 2009, 09:03

du wirst sicher recht haben -

auch wenn stroh auf seiner cd ausdrücklich sagt, jegliche vergleiche mit musikalischen schemata seien bloße analogie und der lateinische vers habe seiner ansicht nach gerade k e i n e n Takt.
Ich frage ihn mal, wenn es sich ergibt, auf der ALF ^^

valete ;-)
Ille ego, qui quondam gracili modulatus avena
carmen et egressus silvis vicina coegi,
ut quamvis avido parerent arva colono,
gratum opus agricolis, at nunc horrentia Martis
arma virumque cano ...
ille ego qui
Augustus
 
Beiträge: 6888
Registriert: Sa 3. Jan 2009, 23:01

Re: Skandieren

Beitragvon Laptop » Fr 17. Jul 2009, 09:15

Ist es nicht "naturgedrungen" so, daß ein Volk bei unterschiedlichen Längen auch unterschiedlich betont? Die Japaner scheinen zwar keinen Wortakzent zu kennen, aber eben auch keine Quantitäten. Nun, was mich wundert, ist, daß die Römer den Akzent in ungebundener Rede setzen, also kennen, nur in gebundener nicht. Ist das nicht seltsam?
SI·CICERONEM·ÆMVLARIS·VERE·NON·VIVAS (get a life!) OBITER·DICTVM·BREVITAS·DELECTAT (keep it short and simple = kiss)
Benutzeravatar
Laptop
Augustus
 
Beiträge: 5733
Registriert: Sa 12. Mai 2007, 03:38

Re: Skandieren

Beitragvon ille ego qui » Fr 17. Jul 2009, 10:30

naja, dass der wortakzent in der gebundenen rede keine rolle spielt, würde ja wohl auch kaum jemand behaupten, denke ich.
zum japanischen: ich bin da leider sehr unbewandert. aber beruht nicht etwa der haiku auf "moren", das hieße also letztlich: auf quantitäten?
Ille ego, qui quondam gracili modulatus avena
carmen et egressus silvis vicina coegi,
ut quamvis avido parerent arva colono,
gratum opus agricolis, at nunc horrentia Martis
arma virumque cano ...
ille ego qui
Augustus
 
Beiträge: 6888
Registriert: Sa 3. Jan 2009, 23:01

Re: Skandieren

Beitragvon Pyrrha » Fr 17. Jul 2009, 10:46

Salvete, Christiane Mercurique.
Ich glaube, hier werden zwei unterschiedliche Dinge mit dem Wort "Takt" bezeichnet. Wogegen Valahfridus sich wehrt, und mit Recht, sind die Viertel-Achtel-Achtel-Schemata für den Hexameter u.ä., weil diese suggerieren, dass bestimmte Stellen im Takt, hier die Viertelnote, betont sein müssten.
Andererseits besitzt die Verteilung der Quantitäten eine eigene Musikalität, die man bei gut vorgetragenen Versen auch hört, und die Mercurius noster wohl meinte, als er von "Takt" sprach. Vielleicht kann man das ganz gut mit dem Verhältnis zwischen italienischen Hendekasyllaben und deutschen fünfhebigen Jamben illustrieren: Ein Deutscher tendiert unwillürlich dazu, u ú u ú u ú u ú u ú u zu lesen (->Ikten), während die echten Hendekasyllaben deutlich variabler sind, aber dennoch einen gewissen zugrundeliegenden Rhythmus haben, wobei es natürlich fatal wäre, diesen mit dem deutschen Jambenschema gleichzusetzen.
Gruß, Pyrrha

P.S. Laptop: Soweit ich weiß, haben die Japaner Quantitäten.
Tief ist der Brunnen der Vergangenheit. Sollte man ihn nicht unergründlich nennen?
Pyrrha
Censor
 
Beiträge: 705
Registriert: Sa 11. Aug 2007, 23:01

Re: Skandieren

Beitragvon consus » Fr 17. Jul 2009, 11:30

ille ego qui hat geschrieben:... quantitierend lesen könnt ich, aber mein professor will ikten hören...
Servus.
Damit hat unser Ille eine klare Vorgabe bekommen; im Übrigen vgl. § 33 im Crusius-Rubenbauer.
:book:
Benutzeravatar
consus
Pater patriae
 
Beiträge: 14234
Registriert: Do 27. Jul 2006, 18:56
Wohnort: municipium cisrhenanum prope Geldubam situm

Re: Skandieren

Beitragvon ille ego qui » Fr 17. Jul 2009, 14:31

ich habe meinem dozenten eh gesagt: in dieser prüfung und nur in dieser prüfung werde ich mich beugen; sonst lese ich immer ohne iktus, erstess aus (wenn auch leicht skeptischer) überzeugung, zweitens aufgrund meines persönlichen Geschmackes und, drittens, weil ich nicht bei jedem Versmaß genau weiß, wo der iktus, wenn man einen lesen wollte, denn hinsollte *rid*

stroh meint an besagter stelle in etwa: "es gibt keinen takt mit guten oder schlechten taktteilen" - aber eben das wirft ja oben angeführte probleme auf (die erklärung des unterschiedlichen verhaltens von "hebung" und "senkung", etwa hinsichtlich auflösung u.a.); darum ging's mir ja ^^

valete
Ille ego, qui quondam gracili modulatus avena
carmen et egressus silvis vicina coegi,
ut quamvis avido parerent arva colono,
gratum opus agricolis, at nunc horrentia Martis
arma virumque cano ...
ille ego qui
Augustus
 
Beiträge: 6888
Registriert: Sa 3. Jan 2009, 23:01

Re: Skandieren

Beitragvon Laodamas » Fr 4. Sep 2009, 04:03

Pyrrha hat geschrieben:P.S. Laptop: Soweit ich weiß, haben die Japaner Quantitäten.

Da täuscht du dich: Sie kennen in ihrer Sprache nur Moren.

ille ego qui hat geschrieben: beruht nicht etwa der haiku auf "moren", das hieße also letztlich: auf quantitäten?

Er beruht eben auf Moren, d.h. letztlich gerade nicht auf Quantitäten, die dem Japanischen gänzlich fremd sind.
Laodamas
 

Re: Skandieren

Beitragvon Laodamas » Fr 4. Sep 2009, 04:54

Laptop hat geschrieben:Ist es nicht "naturgedrungen" so, daß ein Volk bei unterschiedlichen Längen auch unterschiedlich betont? Die Japaner scheinen zwar keinen Wortakzent zu kennen, aber eben auch keine Quantitäten. Nun, was mich wundert, ist, daß die Römer den Akzent in ungebundener Rede setzen, also kennen, nur in gebundener nicht. Ist das nicht seltsam?


Interessante Überlegung, doch möchte ich die Erkenntnis entgegenstellen, dass Quantität und ('freier') Wortakzent zunächst zwei voneinander völlig unabhänigige prosodische Eigenschaften sein können; insb. bei melodischem Akzent dürften die Wechselwirkungen sich gering ausnehmen. Manfred Mayrhofer: Sanskrit-Grammatik, Berlin / NY (3) 1978, §32. Insofern wären zum mindesten quantitierende Sprachen denkbar, die keinen Wortakzent kennen.
Laodamas
 

Re: Skandieren; Hebung und Senkung / Iktenfrage

Beitragvon ille ego qui » Fr 6. Nov 2009, 17:27

Laptop, wie kommst du darauf, dass die Lateiner in gebundener Rede keinen Akzent setzen?!
Ille ego, qui quondam gracili modulatus avena
carmen et egressus silvis vicina coegi,
ut quamvis avido parerent arva colono,
gratum opus agricolis, at nunc horrentia Martis
arma virumque cano ...
ille ego qui
Augustus
 
Beiträge: 6888
Registriert: Sa 3. Jan 2009, 23:01

Vorherige

Zurück zu Lateinische Philologie



Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 8 Gäste