Suche Quellen über Römische Kursivschrift

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Suche Quellen über Römische Kursivschrift

Beitragvon Medicus domesticus » Fr 24. Jul 2009, 10:49

Hallo Lateinfreunde!
Ich stelle die Frage bewußt hier, da mir vielleicht der ein oder andere Profi einen Tipp geben kann.
Ich habe in der Ausstellung "Luxus und Dekadenz" in München eine kleine Schreibtafel gesehen, auf der noch die alte römische Kursivschrift zu erkennen ist...(ich glaube die Tafel war aus dem 1.Jhd n.Chr....müßte ich aber zuhause nochmal im Begleitband nachschauen). Das hat mein Interesse für handschriftliche Aufzeichnungen aus der damaligen Zeit geweckt.
Kennt jemand Quellen, Bücher oder im Internet zugängliche Quellen, wo man auch originale Handschriften anschauen kann, ggf. wegen der manchmal schlechten Lesbarkeit mit Übertragung?

Gruß vom Medicus :)
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Re: Suche Quellen über Römische Kursivschrift

Beitragvon Procopius » Fr 24. Jul 2009, 23:09

Hallo Medicus,
ich schicke Dir morgen, allerspätestens übermorgen eine PM.
Gruß
Procopius :)
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Re: Suche Quellen über Römische Kursivschrift

Beitragvon RM » Fr 24. Jul 2009, 23:16

Viele Beispiele findet man im CIL (Corpus Inscriptionum Latinarum), und zwar im Band IV, in dem die pompejanischen Inschriften (bzw. Wandgekritzel) enthalten sind. Näheres hier: http://cil.bbaw.de/dateien/cil_baende.html.

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Re: Suche Quellen über Römische Kursivschrift

Beitragvon Medicus domesticus » Fr 24. Jul 2009, 23:53

@RM:
Ja, an den CIL habe ich auch schon gedacht....aber ich denke nicht nur an Wandinschriften, sondern auch an andere Quellen...Briefe...Aufzeichnungen auf Wachstafeln usw.
@Procopius: Ich bin gespannt, was du noch an Quellen hast :)
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Re: Suche Quellen über Römische Kursivschrift

Beitragvon RM » Sa 25. Jul 2009, 00:06

Medicus domesticus hat geschrieben:aber ich denke nicht nur an Wandinschriften

In Pompei gibt's aber sehr viele in Kursivschrift.
Ach so, da wären ja noch die englischen Briefe aus Vindolanda - hatte ich ganz vergessen: http://vindolanda.csad.ox.ac.uk/

8) RM

P.S.: Hmmm ... die Vindolanda-Seite scheint im Moment nicht richtig zu funktionieren ...
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Re: Suche Quellen über Römische Kursivschrift

Beitragvon Medicus domesticus » Sa 25. Jul 2009, 00:20

Danke RM für die Recherche!
Aber damit werde ich mich erst morgen beschäftigen...
Gute Nacht :)
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Re: Suche Quellen über Römische Kursivschrift

Beitragvon Laptop » Sa 25. Jul 2009, 04:38

Diese Vindolanda-Tabletten habe ich im Original gesehen. Sie sind winzig, oft kaum größer wie Streichholzschachteln. Mit einem Gekritzel, das meist noch eingedunkelt ist. Mit bloßem Auge konnte ich nicht einmal Umrisse von irgendwelchen Buchstaben erkennen. Selbst unter vergrößerten Scans bleibt es eine Zumutung. Es ist mir wirklich ein Rätsel, wie die Menschen so ein wildes Gekrakel damals lesen konnten. Versuche auch nur ein einziges Wort zu entziffern: Bild

Klar, auf der Vindolanda-Seite gibt es eine Anleitung, wie man sie lesen kann. Aber ebenso geeignet ist Carl Faulmann als Referenz. Er hat ein wunderbares Buch herausgegeben "Schriftzeichen und Alphabete aller Zeiten und Völker", dort ist auch die römische Kursive abgedruckt, wenn du magst kann ich dir die Seite scannen.
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Re: Suche Quellen über Römische Kursivschrift

Beitragvon Medicus domesticus » Sa 25. Jul 2009, 10:01

Habe mir gerade die Vindolanda-Seite von RM angeschaut...Gar nicht so schlecht...man kann die Schriften vergrößern und es ist auch eine Übertragung angegeben.
Ich finde die Alltagsschrift der Römer hochinteressant, auch wenn sie wahrlich schwer zu lesen ist. Zufällig habe ich heute auch eine Geburtstagseinladung von Claudia Severa an ihre Freundin Sulpicia Lepidina im Buch "Wie sie damals lebten (100 v.Chr-200 n.Chr) im Römischen Reich, Time-Life" in Kursivschrift gefunden, ebenfalls aus Vindolanda.
@Laptop: Du kannst die Seite ruhig scannen, interessiert mich.
Ich glaube zu diesem Thema werde ich noch weiter recherchieren :book:
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Re: Suche Quellen über Römische Kursivschrift

Beitragvon RM » Sa 25. Jul 2009, 10:24

Ich sehe, die Vindolanda-Seite funktioniert wieder - ich hatte denen gestern noch schnell eine Mail geschickt ...
Mit ein bißchen Übung kann man einige Täfelchen aber ganz gut entziffern, jedenfalls besser als manchen mittelalterlichen Codex, aber sicher haben sie besser ausgesehen, als sie noch frisch waren. Jedenfalls ist das echte römische Handschrift, authentischer geht's praktisch nicht.

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Re: Suche Quellen über Römische Kursivschrift

Beitragvon Laptop » Mo 27. Jul 2009, 17:00

Hier ist die Seite von Faulmann:
http://files.getdropbox.com/u/880436/lat-deu-krusiv.jpg

Außerdem die Graffiti in diesem Buch, insb. Seite 109 "nihil durare potest"
http://books.google.com/books?id=Vg9h-tW4KikC&pg=PA109&dq=cottidie+cotidie&lr=&as_brr=3

Wo man sieht, wie verwechselbar ähnlich die Buchstaben sind: ]Bild

Schaue bei durare wie ähnlich R und A,
... bei potest wie ähnlich P und T,
... durare & bene wie gleich D un B.

Lustig auch, wie "venerum" zu "ventorum" gedeutet wird, so blind kann doch eigentlich keiner sein?
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Re: Suche Quellen über Römische Kursivschrift

Beitragvon Zythophilus » Mo 27. Jul 2009, 18:12

Der Text besteht offensichtlich aus Pentametern:
nihil, so wie es hier steht, muss als nil gelesen werden, damit es hineinpasst. uenerum passt auch nicht hinein, sowohl was die Metrik als auch den Sinn betrifft; vielleicht hat der Editor also gar nicht uentorum gelesen, sondern konjiziert.
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Re: Suche Quellen über Römische Kursivschrift

Beitragvon Medicus domesticus » Mo 27. Jul 2009, 18:27

Salvete,
Danke Laptop für deine Mühe, das sind auch wieder sehr schöne Beispiele und Informationen für mich....wird meine Sammlung erweitern. Ich habe momentan etwas wenig Zeit aufgrund meines Berufes, aber am Wochenende werde ich mich wieder eingehender mit der Kursivschrift auseinandersetzen.
:book:
Procopius hat geschrieben:Hallo Medicus,
ich schicke Dir morgen, allerspätestens übermorgen eine PM.
Gruß
Procopius :)


Auf diesem Wege auch nochmal Danke an Procopius, der mir einige interessante Literaturtipps über Mail geschickt hat.

Valete :)
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Re: Suche Quellen über Römische Kursivschrift

Beitragvon Marcus » Mo 27. Jul 2009, 22:10

Medicus domesticus hat geschrieben:Auf diesem Wege auch nochmal Danke an Procopius, der mir einige interessante Literaturtipps über Mail geschickt hat.


Warum auch immer nicht für die Augen aller hier als Beitrag?
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Re: Suche Quellen über Römische Kursivschrift

Beitragvon Medicus domesticus » Di 28. Jul 2009, 09:55

@Marcus:
Oh,Entschuldigung.. :-o .. da es ein etwas ausgefalleneres Thema ist, wußte ich nicht, wie es die Allgemeinheit im Forum interessiert und wollte jetzt nicht eine ellenlange Literaturliste einstellen.

Eine Hauptempfehlung von Procopius war:
Thompson, Edward Maunde: An Introduction to Greek und Latin Palaeography, [zuerst: Oxford University Press 1912], reprinted New York, Burt Franklin, 1973.

Ich habe die Ausgabe von 1912 sogar bei Google Books gefunden, wollte mir aber in der Unibibliothek für Altertumskunde/Lateinische Philologie Salzburg (ist in meiner Nähe) mal das Buch direkt anschauen.

Mich interessieren neben der Theorie der Schrift auch viele Originalbeispiele (wie sie mir RM und Laptop gezeigt haben), um zu sammeln und an Originalbeispielen auch das Lesen dieser interessanten Schrift zu üben.

Gruss vom Medicus :)
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Re: Suche Quellen über Römische Kursivschrift

Beitragvon Zythophilus » Di 28. Jul 2009, 10:24

SALVE
An der oben erwähnten Inschrift (CIL IV 9123) gibt es durchaus interessante Aspekte:
Sie scheint, auch wenn sie sonst nicht belegt ist, nicht grundsätzlich als Wandkritzelei geschaffen zu sein. Der, der sie dort anbrachte, machte zumindest einen Fehler.
Auch wenn man nihil schrieb, war es offensichtlich schon möglich, das Wort in der Aussprache zu nil zu kontrahieren.
Die ersten drei Verse sind eindeutig Pentameter, ein außergewöhnliches Versmaß, da der Pentameter normalerweise nicht alleine auftritt. Vers 4 wird nur mit Hilfe einer Konjektur zu einem korrekten Pentameter. In der obigen Ausgabe wird uen[to]rum ergänzt.
Orff, der das Gedicht in die "Catulli Carmina" aufnimmt, stören die metrischen Ungereimtheiten nicht, und er behält Venerum, weil er es unter die Liebesgedichte einordnet. In diesem Falle muss ein einsilbiges Wort vor Venerum ergänzt werden.
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