Oxford/Teubner

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Re: Oxford/Teubner

Beitragvon RM » Do 3. Sep 2009, 19:18

Die Handschriften, was sonst?

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Re: Oxford/Teubner

Beitragvon linguator » Do 3. Sep 2009, 19:19

Hi,

bei uns am Seminar werden Teuber und Oxford im Großen und Ganzen gleichwertig gesehen. Meistens hat sich aber je nach Werk eins von beiden als das "bessere" durchgesetzt. Bei Horaz war z.B. der Shackleton-Bailey von Teubner die Empfehlung der Dozentin, bei Sallust die Oxford-Ausgabe von Reynolds. Bei Cic. Laelius wiederum hat man uns zu Teubner geraten, etc.

Was das Zerfallsdatum ( :mrgreen: ) angeht, scheinen sich Teubner und Oxford auch nicht viel zu nehmen. Soll heißen, beide zerfallen irgendwie schneller als andere Bücher. Keine Ahnung, warum das so ist, oder ob das nur durch den intensiveren Gebrauch der lateinischen Bücher (man braucht deutlich länger zum lesen als bei deutschsprachigen Büchern?) begründet ist - jedenfalls ist mir mein Teubner-Cicero im ersten Semester ebenso auseinandergefallen wie mein Oxford-Sallust.

Auffälligerweise hat mein mindestens genauso stark frequentierter Reclam-Cicero das erste Semester bedeutend besser überlebt.

RM: Ich glaube, man will dich mit "Original" =/= "Abschriften/Handschriften" hereinlegen. :)
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Re: Oxford/Teubner

Beitragvon RM » Do 3. Sep 2009, 19:26

linguator hat geschrieben:RM: Ich glaube, man will dich mit "Original" =/= "Abschriften/Handschriften" hereinlegen. :)

Die Damen und Herren wissen schon, was ich meinte. Natürlich ist es inzwischen schwer, etwas wirklich "Originales" zu finden - so was geht fast nur noch in den Schatzkammern des Vatikan.

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Re: Oxford/Teubner

Beitragvon Domingo » Do 3. Sep 2009, 19:35

Handschriften sind doch genauso *original* wie der Film "Troja" original Homer ist :hammer:
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Re: Oxford/Teubner

Beitragvon RM » Do 3. Sep 2009, 19:39

... aber eine Handschrift ist auf jeden Fall originaler als eine Teubner- oder Oxford-Ausgabe. :wink:

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Re: Oxford/Teubner

Beitragvon Domingo » Do 3. Sep 2009, 19:45

Eine gestandene Ehefrau und vielfache Mutter ist zwar wohl jungfräulicher als eine Prostituierte, aber...
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Re: Oxford/Teubner

Beitragvon RM » Do 3. Sep 2009, 19:49

Muß man auf so einen Spruch noch was antworten? :|

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Re: Oxford/Teubner

Beitragvon linguator » Do 3. Sep 2009, 19:49

Na ja, RM hat schon Recht, dass es zumindest den Reiz an der Lektüre ungemein erhöht, wenn man eine "echte" mittelalterliche Handschrift hat (egal, wie echt sie nun letztlich ist). Leider ist das mit enormem Aufwand verbunden - paläographische Kenntnisse aneignen, zum Archiv düsen (das meistens nicht so ganz "um die Ecke" ist)...

In BaWü ist Paläographie nicht einmal ansatzweise Teil des Lateinstudiums. Man bekommt zwar irgendwann einmal vermittelt, was der kritische Apparat soll, aber das war dann auch fast alles, was es zum Thema Handschriften zu sagen gibt.

Das überlässt man alles sorgfältig den Mittellateinern.

Vielleicht wird das ja bei der Modularisierung berücksichtigt. :lol:
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Re: Oxford/Teubner

Beitragvon RM » Do 3. Sep 2009, 19:57

linguator hat geschrieben:Das überlässt man alles sorgfältig den Mittellateinern.

Was studieren die eigentlich?
Viele Handschriften - wenn man weiß, wo sie liegen - kann man sich inzwischen aber als Mikrofilm bzw. Digitalisat bestellen.

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Re: Oxford/Teubner

Beitragvon linguator » Do 3. Sep 2009, 20:13

Hey,

wenn man sich den Studienverlaufsplan in BaWü (Lehramt, Beifach) anguckt, studieren die Mittellateiner fast dasselbe wie die klassischen Philologen, nur eben mit mittellateinischen Autoren. Lediglich: Statt der Stilübungen (de->lat, Cicero) der klassischen Philologen stehen dort Paläographische Übungen auf dem Lehrplan; ansonsten deckt sich die Studienordnung fast 1:1.

Mittellateinische Literatur gibt es wie Sand am Meer (und, autoren-fähigkeitsbedingt, in den unterschiedlichsten Schwierigkeitsstufen von extrem leicht bis völlig unverständlich); bei denen gibt es sogar vereinzelt echt-echte Handschriften (ganz selten, aber es gibt Fälle, in denen man glaubt, dass man welche hat - aber woher sollte man es genau wissen...).
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Re: Oxford/Teubner

Beitragvon RM » Do 3. Sep 2009, 20:30

Ich persönlich finde es sowieso schade, daß das Mittelalter - immer noch - weitgehend unbeackert ist. Konservative Schätzungen sagen, daß es aus dem Mittelalter mindestens 10x so viel Literatur gibt wie aus der Antike, würde sich also lohnen - vieles davon wurde noch nie transskribiert. Ich kann da nur wieder auf unseren Münchner Mediävistenstammtisch hinweisen ... Aber dann kann man ja mal versuchen, solche Texte bei Teubner oder Oxford unterzubringen - ist praktisch aussichtslos.

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Re: Oxford/Teubner

Beitragvon linguator » Do 3. Sep 2009, 20:56

Huhu,

och es gibt schon ein paar (zugegeben wenige) Mittellatein-Ausgaben aus der Teubneriana. Weiß garnicht mehr, was das war - aber ich hatte sowas vor nicht so langer Zeit mal in der Hand. Andreas Cappelanus?

Vermutlich verdanken wir die extreme Konzentration auf die Antike dem Humanismus und seinen Spätfolgen für den schulischen Lesekanon, der dann auch das Interesse der späteren "Berufslatinisten" prägt; dabei sind mittellateinische Texte der einfacheren Autoren auch für die Schule problemlos geeignet (solange man nicht von christlichem Vokabular durchsetzte Texte nimmt).

Mittellatein wird auch "juristisch" (wenn man so sagen kann) massiv benachteiligt. Dafür, dass das Mittellatein-Beifachstudium (Lehramt) dieselbe Scheinanzahl verlangt wie das KlassPhil-Beifachstudium (Lehramt), ist es ziemlich ungerecht, dass man nur mit dem letzteren Abschluss offiziell "Latein" unterrichten darf. Mit dem Mittellatein-Beifach kann man eine Mittellatein-AG aufmachen, aber mehr auch nicht.
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Re: Oxford/Teubner

Beitragvon Domingo » Do 3. Sep 2009, 23:09

RM hat geschrieben:Muß man auf so einen Spruch noch was antworten? :|


Sorry, ich wollte niemandes Sensibilität verletzen 8) Es fiel mir auf die Schnelle kein besseres Beispiel ein. Wie wäre es mit diesem: Die Alpen sind nicht so hoch wie der Himalaya, doch als Flachland würde ich sie nicht bezeichnen.

Und vor allem: Die kritischen Ausgaben haben schon den Anspruch, uns näher an den Autor heranzuführen, als der Handschriftentext ist. Entweder sie erfüllen diesen Anspruch nicht (das müsstest Du aber begründen), oder aber sie sind doch eigentlich "origineller" als die Hss.
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Re: Oxford/Teubner

Beitragvon RM » Do 3. Sep 2009, 23:25

Domingo hat geschrieben:..., oder aber sie sind doch eigentlich "origineller" als die Hss.

Ehhm, wie soll denn das gehen? Also, originell bestimmt, zugegeben :wink:
An sich findet man auch in guten kritischen Ausgaben nur das, was der Herausgeber bzw. die meisten für die beste Lesart halten und daneben, was in (hoffentlich) allen anderen wichtigen Ausgaben zu finden ist - und man hofft, daß wenigstens der Herausgeber auch die Handschriften angeschaut und den Text nicht aus einer früheren Ausgabe abgeschrieben hat.

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Re: Oxford/Teubner

Beitragvon Domingo » Do 3. Sep 2009, 23:35

Nur dürfte die Meinung des Herausgebers darüber, was die beste Lesart ist, meistens auf einer größeren Kenntnis des Stils des Autors, der zeitgenössischen Sprache, der kulturellen Voraussetzungen usw. usf. beruhen, als sie der ottonormale Kopist besaß. Meine ich zumindest 8) Dann dürfte der kritische Text auch näher am Original sein.

LG

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