dubium non est in relativer Verschränkung ?

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Re: dubium non est in relativer Verschränkung ?

Beitragvon ille ego qui » Sa 10. Apr 2010, 21:18

Christianus Medico p.s.d.

ad modusattraktion:
ja, ich weiß, grammatiken nehmen sie meist an ... die beispiele im (ebenfalls durchaus umstrittenen) neuen menge habe ich auch als relativ schlagend in erinnerung ...

aber zu unserer kleinen meinungsverschiedenheit: auch didymos wird wissen, dass (und vllt auch wie) man jedes problem dieser art umgehen kann (und dann am ende ein latein ohne ablativus absolutus, verschränkungen etc. produziert :-P). die von didymos vorgeschlagene konstruktion aber ist, ob sich nun belege finden lassen oder auch nicht, wie mir scheint, zutiefst lateinisch. und umso legitimer finde ich die frage, wie, gesetzt eben den fall, es soll hier nun einmal diese eine konstruktion sein und keine andere, nach den regeln der lateinischen sprache weiter zu verfahren ist. nicht zuletzt deshalb, weil auf diese art und weise gewonnene erkenntnisse ja durchaus übertragbar sind.

vale.
Ille ego, qui quondam gracili modulatus avena
carmen et egressus silvis vicina coegi,
ut quamvis avido parerent arva colono,
gratum opus agricolis, at nunc horrentia Martis
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Re: dubium non est in relativer Verschränkung ?

Beitragvon Medicus domesticus » Sa 10. Apr 2010, 21:21

Ich habe nicht gegen solche Überlegungen, mache sie auch oft selber, nur stelle ich mir manchmal die Frage...warum?...Quellen aus Autoren..ja...aber auch Mut zum "Sprechlatein"....?
Nichts für ungut....
Zuletzt geändert von Medicus domesticus am Sa 10. Apr 2010, 21:27, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: dubium non est in relativer Verschränkung ?

Beitragvon ille ego qui » Sa 10. Apr 2010, 21:27

meine antwort wäre: um latein zu lernen ;-)
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Re: dubium non est in relativer Verschränkung ?

Beitragvon Medicus domesticus » Sa 10. Apr 2010, 21:33

Ja, o.K.
Nein....ich wollte eigentlich nur einen Anstoß geben,um Latein anders als nur als wissenschaftliche Sprache zu sehen.....war das erfolgreich, ich weiß nicht?.....dann gebe ich mein Engagement hier im gesamten Forum vielleicht doch insgesamt auf,
Valete!
und viel Spaß weiterhin.
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Re: dubium non est in relativer Verschränkung ?

Beitragvon ille ego qui » Sa 10. Apr 2010, 21:51

das fände ich denn doch übereilt. bleib mal lieber, medice! ;-)
zumal: wir haben doch hier (neben diesem philologie-bereich) auch ein forum Latine loquendi. das entspricht doch perfekt deinem anliegen, oder?
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Tempus bei adhuc

Beitragvon consus » Sa 10. Apr 2010, 23:52

Salvete, amici.
Zum Tempusgebrauch bei adhuc hier nur kurz (concubia nocte!) zwei Cicero-Sätze, aus denen klar wird, dass es auf die Zeitverhältnisse ankommt, die dem Autor jeweils vorschweben:
(1) Verr. 2, 5, 9: ego ipse haec, … quae adhuc numquam audistis, commemorabo.
audistis] vorzeitig in Bezug auf Haupttempus.
(2) ac. 1, 1, 8: quae autem nemo adhuc docuerat nec erat, unde studiosi scire possent, ea, quantum potui …, feci, ut essent nota nostris…
docuerat] vorzeitig in Bezug auf Nebentempus;
erat] gleichzeitig gedacht in Bezug auf Nebentempus.
Zur Frage erant/fuerant Kühner-Stegmann II 1 S. 140: Aus der Volkssprache stamme das Phänomen Tempusverschiebung, kraft dessen das Plqpf. bestimmter Verben im Sinne des Impf. bzw. Pf. gebraucht werde; dies sei vor allem bei fueram und habueram der Fall.
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Re: dubium non est in relativer Verschränkung ?

Beitragvon ille ego qui » So 11. Apr 2010, 10:37

salve Conse,

(1) Verr. 2, 5, 9: ego ipse haec, … quae adhuc numquam audistis, commemorabo.
audistis] vorzeitig in Bezug auf Haupttempus.

... da hätte ich eher gesagt: vorzeitig in bezug auf die gegenwart des sprechers ...

(2) ac. 1, 1, 8: quae autem nemo adhuc docuerat nec erat, unde studiosi scire possent, ea, quantum potui …, feci, ut essent nota nostris…
docuerat] vorzeitig in Bezug auf Nebentempus;

... ob "adhuc" auch noch auf "erat" zu beziehen ist, ist, würde ich meinen, keineswegs klar ...

bene vale! ;)
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Re: dubium non est in relativer Verschränkung ?

Beitragvon consus » So 11. Apr 2010, 11:20

Salve, Ille!
... da hätte ich eher gesagt: vorzeitig in bezug auf die gegenwart des sprechers ...
Deshalb sagte ich, den Sachverhalt bewusst weit fassend: Haupttempus.
... ob "adhuc" auch noch auf "erat" zu beziehen ist, ist ... keineswegs klar ...
In der Tat, aber ich neige dazu.
Noch eine Bemerkung zu der von Didymus vorgeschlagenen Verschränkung Cicero, qui dubium non est quin...: Ich halte sie für akzeptabel, aber (aus stilistischen Gründen) mit der Änderung der Wortstellung, die Zythophilus vorschlägt, wobei ich allerdings das Komma zwischen qui und quin nicht für notwendig halte. Außerdem plädiere auch ich für den Konjunktiv im quae-Satz; er ließe sich noch besser begründen, wenn er vom quin-Satz umfasst würde. Nun aber schönen Sonntag!
:)
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Re: dubium non est in relativer Verschränkung ?

Beitragvon consus » So 11. Apr 2010, 12:08

Eine Kuriosität am Rande. In einem erbärmlich digitalisierten Text* fand ich folgende Formulierung:
Jo …, filia Inachi fluvii Argivi, qui dubium non est quin aeque atque Achelous forma taurea cultus sit,…
__________________________________
* http://www.archive.org/stream/dejovecretico00henrgoog/dejovecretico00henrgoog_djvu.txt
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Re: dubium non est in relativer Verschränkung ?

Beitragvon Willimox » So 11. Apr 2010, 13:14

@medicus

das Vereinfachungspostulat bei sine dubio hat natürlich seine Berechtigung, denke ich.

Umgekehrt macht das, was man "Relativverschränkung" nennen kann, bei der Übersetzung ins Deutsche erfahrungsgemäß etliche Schwierigkeiten. Insofern scheint es legitim, auch solche Fälle komplex durchzuspielen, wo sich die einfache Formulierung anbietet.

Dann: Ein non dubito quin statt sine dubio tritt gravitätischer auf und wirkt sicher auch ornamentaler. Insofern wirkt es luxuriöser oder praepotenter als die Kurzformel. Sicher gilt aber aucH: die Langformel setzt oft mehr Gewicht auf die Aussage des Sprechers. Und all das gilt schon unterhalb der Komplexitätsstufe einer Relativverschränkung. Und da wird diese Langformel wohl akzeptiert.

Aber wem sage ich das. Einem Medicus, dessen kluge Beiträgeman immer wieder mit Vergnügen liest.
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