Laptop hat geschrieben:incipere = anfangen, inchoare = beginnen.
Begründung:
1. inchoare ist genauso wie „beginnen“ hochsprachlicher.
2. inchoare steht wie „beginnen“ der Vollendung (absolvere, perficere) ggü.,
incipere wie auch „anfangen“ hingegen dem Unterlassen (desinere).
Unter diesem Aspekt ist auch einleuchtend, daß Wörter nicht mit einem Buchstaben „anfangen“, sondern „beginnen“. Denn sie haben ein Ende, kein „Unterlassen“.
Ich glaube, dass, um brauchbare Ergebnisse erlangen zu können, sauberer argumentiert werden müsste.
zu 1.: Ich denke, die Kategorisierung hochsprachlich vs. nicht-hochsprachlich von "beginnen" und "anfangen" lässt sich nicht einfach aufs Geratewohl zwei lateinischen Synonymen überstülpen. Wir müssen uns davor hüten, zwei (relativ schwer vereinbare) Systeme zu vermischen. Und woran misst sich die vermeintliche "Hochsprachlichkeit" von incohare?
Zum Problem selbst:
TLL 7,1,969,49-53 (s.v. incoho): "technice ap. Gramm. de littera in initio vocis posita (cf. p. 970, 63. 70): Vel. gramm. VII 53, 13 quae nomina cum ‘a’ sequente hanc litteram (sc. K) -ant. 64, 17 gemina enuntiatione litterae sequentem vocem -antis, ut est ‘succipere’ (81,
. Ter. Mavr. 647 nominum multa -ta litteris vocalibus."
Offensichtlich ist auch der (technische) Gebrauch sehr dünn belegt. Wenn wir dagegen die von Consus angeführten Stellen und z.B. noch Quint. 9,4,92: "optime incipitur a longis [syllabis]" bedenken, können wir wohl incohare und incipere in der konkreten Wendung "mit einem Buchstaben beginnen" wirklich als Synoyme ansehen (hierbei ist auch zu bedenken, dass in der antiken Grammatik zwischen Buchstaben und Silben kein wesenhafter, sondern eher ein gradueller Unterschied bestand: zunächst wurden Buchstaben gelehrt, dann die Buchstaben zu Silben zusammengesetzt, diese dann zu Wörtern, Wörter dann zu syntaktisch zusammenhängenden Sätzen).
Belegt ist incipere a littera mindestens dreimal in Velius Longus’ "De orthographia" und einmal bei Terentius Scaurus, "De orthographia", belegt.
Zu "enden" zudem:
litterâ finiri (Varro LL 11,15)
in litteram exire (Quint. inst. 1,5,61)