u consonans.

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u consonans.

Beitragvon Laptop » Di 5. Jul 2011, 01:20

Nicht so lange her, da gab es kein "v" als Kleinbuchstaben. Irgendwann (19. Jahrhundert?) hat es sich das kleine v für das konsonantische u eingebürgert. Warum hat man dann vergessen aus "qu" "qv" zu machen? :cry:
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Re: u consonans.

Beitragvon consus » Di 5. Jul 2011, 13:44

Laptop hat geschrieben:... kleine v für das konsonantische u eingebürgert. Warum hat man dann vergessen aus "qu" "qv" zu machen?
"qu" ist keine "Verbindung des stimmlosen velaren Verschlußlautes q mit dem Halbvokal v, was schon daraus zu ersehen ist, daß es nie Positionslänge bewirkt, wie das der Fall sein müßte, wenn es sich um eine Konsonatenverbindung handelte"* (vgl. u. a. Enn. ann. 424; Verg. Aen. 1, 5 usw.).

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* M. Niedermann, Hist. Lautl. d. Lat., 3. Aufl. Heidelbg. 1953, S. 96.
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Re: u consonans.

Beitragvon Laptop » Di 5. Jul 2011, 14:00

Verstehe die Argumentation nicht ganz, was soll "u" in "qu" für einen anderen Lautwert haben als [w]? Die Positionslänge fällt deshalb aus, weil "qu" ein Digraph für ein(!) Phonem [Kw] sein soll. Hineis darauf, daß es keine zwei vollwertigen Konsonanten sind sind Übergänge wie quom > cum, sequundus > secundus.
Zuletzt geändert von Laptop am Di 5. Jul 2011, 14:12, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: u consonans.

Beitragvon consus » Di 5. Jul 2011, 14:16

Der velare Verschlusslaut q wird mit Rundung der Lippen gesprochen. Dafür wurde das Zeichen qu benutzt. Vor u wurde dieser Laut "entrundet" und zu einem k, das seinerseits durch c wiedergegeben wurde: vgl. sequor, secutus sum u. dgl.*

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* Niedermann a.a.O. S. 95.
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Re: u consonans.

Beitragvon Laptop » Di 5. Jul 2011, 14:19

Das ist unstrittig, wobei ich für den Übergang zu secutus etc. pragmatische Gründe sehe (Abschliff, vereinfachte Aussprache). Aber nochmal meine Frage: welchen Lautwert "u" in "qu", wenn nicht [w]?
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Re: u consonans.

Beitragvon consus » Di 5. Jul 2011, 14:22

Das u in qu ist als Zeichen für die Lippenrundung zu deuten. Vgl. Niedermann l. c.
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Re: u consonans.

Beitragvon consus » Di 5. Jul 2011, 14:29

Auch ein Blick in W. Sidney Allens Vox Latina (Cambridge 1978, S. 16) belehrt uns: "It is fairly certain that it [sc. qu] was not a matter of two successive consonants as in e. g. English quick, where qu represents [kw]...".
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Re: u consonans.

Beitragvon Laptop » Di 5. Jul 2011, 14:55

Gibt es weitere Stimmen zu dem Thema: pro und contra Schreibung "qv"?
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Re: u consonans.

Beitragvon consus » Di 5. Jul 2011, 15:28

Wenn man die erforderliche Geduld hat, findet man im Netz Texte, u. a. aus dem 18. Jh., in denen qvid u. dgl. geschrieben wird, aber auch solche, in denen nur v benutzt wird, also ein u überhaupt nicht vorkommt (qva, cvro u. dgl.). Wenn man aber u und v in ein und demselben Text unterscheidet, also z. B. curo und qva schreibt, könnte dies v irrtümlich als u consonans gedeutet werden, was es ja bekanntlich nicht ist. Es handelt sich überhaupt nur um ein Problem neuzeitlicher Schreibkonvention. ----
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Re: u consonans.

Beitragvon Laptop » Di 5. Jul 2011, 17:14

consus hat geschrieben:Wenn man ... qva schreibt, könnte dies v irrtümlich als u consonans gedeutet werden, was es ja bekanntlich nicht ist.
Das Argument kann man auch umkehren: "qua" könnte irrtümlich als u vocalis gedeutet werden. Aber selbst ein u semivocalis (worauf du offensichtlich anspielst) ziehe ich in Zweifel. Denn gerade die Tatsache, daß die Verbindung "qu" so untrennbar wie ein einziger Konsonant (Phonem) auftritt, z. B. indem keine Positionslänge gebildet wird, spricht m. E. eher für "u consonans" als für "u semivocalis". Denn u semivocalis führt zu mehr Lautsubstanz und daher zu einer gelängten Aussprache, die außerdem ganz natürlich im flüssigen Sprechen verschwindet.

Nochmal der Aufruf: weitere Stimmen zu diesem Thema sind erwünscht. Ist das Forum heute so menschenleer?

Hier steht z. B. "Some editors used to spell the above cases as gv (sangvis), qv (qvis), sv (svadeo), in the past. This makes a lot of sense and should probably be reinstated." (http://avitus.alcuinus.net/schola_latina/soni_en.php)
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Re: u consonans.

Beitragvon Medicus domesticus » Di 5. Jul 2011, 18:34

Ich bin kein Spezialist für so etwas, da würde ich Consus vertrauen. Aber Kühner/Holzweissig ...vielleicht nicht uninteressant zu lesen:
§4 B ff.:
http://www.archive.org/stream/ausfhrlic ... 8/mode/2up
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Re: u consonans.

Beitragvon consus » Di 5. Jul 2011, 18:50

Das Vertrauen vedienen M. Niedermann und W. Sidney Allen. :lol:
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Re: u consonans.

Beitragvon Laptop » Di 5. Jul 2011, 22:32

Medicus domesticus hat geschrieben:Ich bin kein Spezialist für so etwas, da würde ich Consus vertrauen. Aber Kühner/Holzweissig ...vielleicht nicht uninteressant zu lesen: §4 B ff.: http://www.archive.org/stream/ausfhrlic ... 8/mode/2up
Guter Link. Consus, du sagst, es sei bekanntermaßen kein u consonans, wie bringe ich das nun in Einklang mit dieser Stelle dort, Zitat: "Für das Gehör war kein vernehmlicher Unterschied zwischen k (c) und q, wenn man von qu den labialen Bestandteil, das konsonantische u ausschied." :?
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Re: u consonans.

Beitragvon consus » Mi 6. Jul 2011, 09:57

Ein paar Zeilen vorher lesen wir daselbst: "Die fast stetige Verbindung des Q, das ohne labialen Nebenlaut, ganz wie K ... lautete, mit dem vokalen* u...". Das sieht, wenn ich mich nicht irre, nicht gerade nach eindeutiger Terminologie aus. Es steht aber fest, dass das u hinter q nur auf den labialen Bestandteil von q hinweist und qu als éin labiovelarer Konsonant ausgesprochen wurde.

_______________________
* Unterstreichung von mir.
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Re: u consonans.

Beitragvon Laptop » Mi 6. Jul 2011, 15:34

@consus Daß das so feststeht, kann ich nicht ersehen. Kühner schreibt ganz richtig, daß q, k, und c im Prinzip den gleichen Lautwert besaßen (*). Insofern sehe ich nicht, daß q einen "labialen Bestandteil" hat. Wenn das so wäre, bräuchte es kein zusätzliches "u" zur Erinnerung. Das "u" hat vielmehr realen Lautwert. "Qu" als ein Phonem, ja. Als ein Phon, nein.

(*) Stimmen die sagen, das Qoppa wäre gutturaler als Kappa, und deshalb ein distinkt anderer Laut, mißachten die Tatsache, daß aus Gründen der Interdependenz ein [k] vor hellem Vokal heller und vor dunklem Vokal dunkler (gutturaler) wirkt. Es ist der gleiche Laut, der in anderer Lautumgebung etwas anders klingt. Die Alten Römer taten daher recht daran, daß Qoppa bis auf die Erscheinung in "qu" zu verwerfen und nur das Kappa zu übernehmen.
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