amor in Deum oder amor ad Deum?

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Re: amor in Deum oder amor ad Deum?

Beitragvon ille ego qui » Mi 24. Sep 2014, 11:56

du kennst doch diese fast schon stereotypen Wendungen, die schlichtweg den gesellschaftlichen Rang bezeichnen. die meinte ich.
Ille ego, qui quondam gracili modulatus avena
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ut quamvis avido parerent arva colono,
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Re: amor in Deum oder amor ad Deum?

Beitragvon RM » Mi 24. Sep 2014, 18:29

Ja, klar. "equestri loco ortus" und so, die üblichen Idiomatismen, allerdings liest man das wesentlich (ca. 10x) häufiger mit "natus" als mit "ortus".

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Re: amor in Deum oder amor ad Deum?

Beitragvon Prudentius » So 28. Sep 2014, 08:10

Hallo RM,

Das Wort "Attribut" scheint Dir zu gefallen. :)


Mehr noch die Sache als das Wort; ich versuche eben, von den Worthülsen wegzukommen.

...so ein Kauderwelsch mit "Attributfunktion" von sich zu geben?


Ich sehe das nicht als Kauderwelsch, das nennt man so; wenn etwas als Attribut "fungiert", kann man es "Attributfunktion" nennen.

Man könnte jetzt etwas Gelehrtes über "Präpositionalattribute" sagen.


Versuch lieber, etwas Erhellendes zu sagen!

Für das Präpositionalattribut könnte ich mir eine elegante Lösung vorstellen: Wir Lateiner brauchen gar keine Regel dafür, nur die D-L-Übersetzer müssen ihre eigene Muttersprache kennenlernen: Bei "der Mann aus Arpinum" müssen sie die "Krypto-Attributisierung des Präpositionalausdrucks" erkennen, die durch die Wortstellungsregel des D. gegeben ist (Kauderwelsch?).
Im E. gibt es ja noch sehr viel mehr: "the man I love", "the bag I lost yesterday", da kann ein vollständiger Satz zum Attribut werden; das kann man wohl "verkürzter Relativsatz" nennen.

lgr. P. :)
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Re: amor in Deum oder amor ad Deum?

Beitragvon RM » So 28. Sep 2014, 10:28

O.k., nochmal zurück zum dem Beispiel mit Arpinum:
Gehen wir davon aus, dass ein Schüler "Mann aus Arpinum" mit "homo ex Arpino" übersetzt.
Du sagst ihm dann irgendwann: "Du musst noch die im D. versteckte Attributfunktion wiedergeben".
Wo hat der Schüler jetzt eigentlich einen Fehler gemacht? Das hat nun gar nichts mit Attributen an sich zu tun, sondern damit, dass man so etwas im Lateinischen zwar bei Ländern oder Kontinenten, nicht aber bei Städten benutzt. Deine Aufforderung an den Schüler war insofern nicht so ganz zielführend, denn im Prinzip geht eine ähnliche Konstruktion im Lateinischen ja; an "vir ex Africa" wäre nicht unbedingt etwas auszusetzen. Warum geht jetzt "homo ex Arpino" nicht? Weil man es bei Städten im Lateinischen halt eben in diesem speziellen Fall nicht mit Präposition, sondern mit dem Adjektiv der Stadt ("Arpinas") oder mit einem Ausdruck wie "Arpini natus" ausdrückt, wobei "Arpini natus" eine etwas andere Information als "aus Arpinum" enthält und somit nicht in jedem Fall eine präzise Übersetzung darstellt.
Den Begriff Attribut zu sehr zu beanspruchen, finde ich keine gute Idee, denn es ist nur ein Oberbegriff für eine ganzen Reihe von Konstrukten, die einem Sachverhalt irgendwelche näheren Erklärungen hinzufügen. Natürlich können das auch ganze Relativsätze sein.

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Re: amor in Deum oder amor ad Deum?

Beitragvon ille ego qui » So 28. Sep 2014, 15:45

Attribute sind Teile von Satzgliedern - also im Gegensatz zu diesen keine selbstständigen Phrasen im Satz. Also wenn diese Kategorie überflüssig ist ...! ;-)

p.s.: haben wir (möglichst klassische ^^) beispiele für ex + Land in Attributfunktion? auch hier wäre ja im Prinzip ein Adjektiv möglich.
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Re: amor in Deum oder amor ad Deum?

Beitragvon RM » So 28. Sep 2014, 18:30

ille ego qui hat geschrieben:haben wir (möglichst klassische ^^) beispiele für ex + Land in Attributfunktion? auch hier wäre ja im Prinzip ein Adjektiv möglich.

Kannst ja mal folgende Sätze anschauen:

Audietur a populo Romano vir primarius, eques Romanus, L. Flavius, qui suum familiarem
Herennium, negotiatorem ex Africa, cum eum Syracusis amplius centum cives Romani cognoscerent lacrimantesque defenderent, pro testimonio dixit securi esse percussum

(Cic, Ver, 2, 1, 14)

T. Torquatus T. f. et doctus vir ex Rhodia disciplina Molonis et a natura ad dicendum satis solutus atque expeditus, cui si vita suppeditavisset, sublato ambitu consul factus esset, plus facultatis habuit ad dicendum quam voluntatis.
(Cic, Brut, 245)

Cetera non dissimulanda erunt agrorum cultori praecepta rusticationis, quae cum plurima tradiderint Poeni ex Africa scriptores, multa tamen ab his falso prodita coarguunt nostri coloni, sicut Tremelius, qui querens id ipsum tamen excusat, quod Italiae et Africae solum caelumque diuersae naturae nequeat eosdem prouentus habere.
(Col, RR, 1, 1, 6)

Und, wie sieht's aus? Genügt das unseren Ansprüchen?

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Re: amor in Deum oder amor ad Deum?

Beitragvon Laptop » So 28. Sep 2014, 19:21

Die traditionelle Richtig-falsch-Dichotomie steckt der modernen Didaktik leider noch in den Knochen. Ich fände es auch wesentlich sensibler einem Kind zu sagen “das ist so verständlich, aber ungebräuchlich”, statt dem seelisch-erschütterndem Unwort “falsch!”.
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Re: amor in Deum oder amor ad Deum?

Beitragvon Zythophilus » So 28. Sep 2014, 19:54

Wenn etwas falsch ist, dann kann man das einem Kind schon sagen.
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Re: amor in Deum oder amor ad Deum?

Beitragvon RM » So 28. Sep 2014, 20:36

Ein Lehrer sollte aber nicht riskieren, allzu schnell von seinen Schülern widerlegt zu werden.

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Re: amor in Deum oder amor ad Deum?

Beitragvon Zythophilus » So 28. Sep 2014, 20:49

Meine Aussage bezieht weniger auf den konkreten Fall, sondern auf die generelle Tatsache, dass es einem Schüler zuzumuten sein muss, auch deutlich auf Fehler aufmerksam gemacht zu werden.
Was die Beispiele betrifft, so scheint mir es beim zweiten Satz durchaus möglich, dass ex Rhodia disciplina und a natura beide zu expeditus gehören.
Im dritten Satz hängt ex Africa doch von tradiderint ab. Natürlich sind die Poeni scriptores auch aus Afrika, aber prinzipiell bringen sie etwas aus Afrika mit.
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Re: amor in Deum oder amor ad Deum?

Beitragvon Medicus domesticus » Mo 29. Sep 2014, 13:31

Das sehe ich nicht so, Zythophile ;-) . Bei ex Rhodia disciplina z.B.(Rhodia hier Adjektiv), denke ich eher an den Zusammenhang zu doctus: ...gebildet aufgrund...
Siehe auch im Brutus unter 25 (94): fuit enim doctus ex disciplina Stoicorum.
RM hat geschrieben:Ein Lehrer sollte aber nicht riskieren, allzu schnell von seinen Schülern widerlegt zu werden

Ein Schüler heutzutage übersetzt ja gar nicht mehr Deutsch-Latein, wo dies wichtig sein könnte. Prudentius hat dies schon erwähnt. Dass Schüler Lehrer widerlegt haben, habe ich auch selbst in meiner Schulzeit erlebt, sogar Fehler in Schulaufgaben. Auch bei meinen Kindern. Aber: Wir sind alle Menschen, die Fehler machen können, genauso auch ein Lateinlehrer. Das wird immer so sein.
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Re: amor in Deum oder amor ad Deum?

Beitragvon Laptop » Mo 29. Sep 2014, 14:00

Zythophilus hat geschrieben:Wenn etwas falsch ist, dann kann man das einem Kind schon sagen.

Ich meine etwas anderes. Die Aussage “das ist falsch!” ist zu undifferenziert und zudem nicht sachlich genug. Dann könntest du genausogut sagen “das ist schlecht”, aber schlecht in welcher Hinsicht? falsch in welcher Hinsicht? Gebrauche lieber
a) “ist ungebräuchlich” / “habe ich noch nie gehört”, besser als “sagt man so nicht”
c) “ist unklassisch, kommt nur spätlat. vor”, besser als “ist schlechter Stil”
c) “ist ungrammatisch” und zwar in jeder Epoche, auch im Spätlatein.
d) “ist unverständlich, was meinst du damit?”, besser als “ist Unsinn”
e) ...
Eine differenzierte Bewertung kann man auch einem Elfjährigen zumuten, und sie bringt ihn intellektuell weiter, bringt ihn zum Nachdenken, weil es keine richterähnliche Verurteilung ist, die zur Falschheit verdammt. Schon oft wurde Ungrammatisches gezielt zum Witz, zur Kunst, zur literarischen Brillanz. “Falsch” impliziert ein Urteil, das undifferenziert und zugleich wertend ist, so wie “du bist dumm”.
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Re: amor in Deum oder amor ad Deum?

Beitragvon Medicus domesticus » Mo 29. Sep 2014, 14:37

Auch heute alles doch nicht mehr relevant, Laptop.
Medicus domesticus hat geschrieben:Ein Schüler heutzutage übersetzt ja gar nicht mehr Deutsch-Latein, wo dies wichtig sein könnte

Mir ist viel lieber ein Lehrer, der erstens mit den Schülern kann (primäre Vorraussetzung, um überhaupt als Lehrer arbeiten zu können), zweitens Latein einigermassen vermitteln kann. Bei uns noch o.k. Der Rest ist Zugabe. Die Verantwortung liegt auch in der Ausbildung der Lehrer, also Uni, und dann überträgt sich das auf den Schulbetrieb. Viel mehr Praxis bitte für die Studenten in der Ausbildung, bitte :!: Die meisten bleiben doch gar nicht auf der Uni und betreiben Forschung.. :hammer:
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Re: amor in Deum oder amor ad Deum?

Beitragvon Zythophilus » Mo 29. Sep 2014, 14:54

Medicus domesticus hat geschrieben:Das sehe ich nicht so, Zythophile ;-)

Welche meiner Aussagen, o Medice, siehst du nicht so?
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Re: amor in Deum oder amor ad Deum?

Beitragvon Medicus domesticus » Mo 29. Sep 2014, 14:57

Zusammenhang zu doctus und nicht zu expeditus...
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