Dativ

[ille ego qui]

dass "quibus" gleichzeitig dativ und ablativ sein kann, war nur e i n e überlegung zur stelle. die andere - die aber die erste überlegung nicht ausschließt - bestand darin, von einer ellipse von "eis" (Dat.) bei "invidere" auszugehen. allgemeiner gesprochen: es gilt zu prüfen - und ich hatte ja angekündigt, dem mal etwas nachzugehen -, ob und in welchem umfang sich stellen finden, wo das zunächststehende verb den kasus eines substantivs bestimmt, welcher dann aber zu weiter entfernt stehenden - angereihten - verben nicht mehr passt (konstruiertes Beispiel: libros suos cottidie evolvit, legit, utitur). dass man die ellîpse eines akkusativs nach einem verbum, das einen anderen kasus regiert, dem leser leicht zumutet, ist bekannt. ob sich das in gewissem maße auf andere kasus ausweiten lässt, ist die alles entscheidende frage

[Zythophilus]

Beispiele ähnlich dem konstruierten gibt es. Ich würde von einem Zeugma sprechen, aber vielleicht passt auch der Begriff Syllepsis besser.
Wenn man also in solchen Fällen sich ein vorhandenes Wort in einem anderen Kasus gedanklich ergänzen muss, dann ist es noch einfacher, sich ein Wort in einem Kasus, der ohnedies dieselbe Form wie die, die da steht, hat, zu ergänzen.

[ille ego qui]

danke, dass du mir den begriff der sýllêpsis (ê für langes e) schenkst, der war mir neu
ich erinnere mich, dass BS irgendwo schreiben, dass Cicero in solchen Fällen es dem Leser zumutet, einen Akkusativ zu "restituieren", nicht aber einen anderen Kasus (was man als argument für RMs position nehmen könnte). Leider finde ich diese Stelle nicht mehr. Ich hatte diese Behauptung von BS auch einmal einem Dozenten referiert, der das vor dem Hintergrund seiner eigenen Erfahrungen sofort als Unsinn abgetan hat Unklassisch gibt es das gewiss, aber vielleicht finden wir ja auch was bei Cicero (gegen BS und für meinen Dozenten)
valete.

[RM]

Beispiele ähnlich dem konstruierten gibt es.

Schreib doch mal ein paar hier hin!

RM

[ille ego qui]

etwas geduld, rm
du tätest dir wahrscheinlich auch schwer, aus deutschen büchern auf die schnelle mehrere beispiele von der art des schiller-titels, den du zitiert hast, zu bringen (es sei denn, du findest eine bereits existierende sammlung), obwohl so etwas natürlich nicht so selten vorkommt. suchmaschinen versagen da weitgehend. jedenfalls wollen wir mal davon ausgehen, dass Zythophilus das nicht erfindet

[Zythophilus]

Die Konstruktion, die offenbar normalerweise als ἀπὸ κοινοῦ firmiert, gibt es u.a. genau in der Form, die ich meine (also ein Wort wird für zwei verschiedene formgleiche Kasus verwendet), z.B. bei Vergil

ulmus opaca, ingens, quam sedem somnia uulgo
uana tenere ferunt foliisque sub omnibus haerent.

Im ersten Teil des Relativsatzes noch Akkusativ, findet somnia im zweiten Teil als Nominativ Verwendung.

[RM]

"commodis invidere" mit "commodis" im Dativ gibt's bei Cicero an anderer Stelle natürlich schon - scheint er (wie so manchen anderen Ausdruck) bei der Plautuslektüre gefunden zu haben. Aber das habt ihr ja sicher durch aufmerksames Lesen des Georges herausgefunden. Allerdings passt factis commodisque als Dativ nicht so recht zu angi und dolere - jedenfalls nicht zu angi, dolere ginge mit Dativ vielleicht noch (wenn man Plautus mag). So, jetzt brauchen wir wirklich Beispiele für doppeldeutige Kasusfunktionen. Allerdings ist Vergil als Beispiel für so etwas natürlich ein bisschen grenzwertig - und dann noch mit 3 Allitterationen hintereinander...

RM

[Zythophilus]

Dass eine solche gesuchte Konstruktion eher nicht auf dem Einkaufszettel steht, den Gaius Rusticius für seinen senilen Sklaven schreibt, wenn er ihm zum forum holitorium schickt, sollte doch klar sein. Es handelt sich um ein seltenes und, wenn man so sagen will, grenzwertiges Phänomen, weil es eben nicht so leicht verständlich ist.

[Zythophilus]

Ähnlich in Aen. VI 452

quam Troius heros
ut primum iuxta stetit agnouitque per umbras

Der Akk. quam gehört zunächst zur Präp. iuxta, ist aber zugleich Obj. zu agnouit.