Claudius Claudianus

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Claudius Claudianus

Beitragvon hellanikos » So 25. Jan 2015, 19:12

Claudius Claudianus: In Rufinum, praefatio prior

Der Dichter:
Claudian ist der letzte bedeutende Dichter des heidnischen Rom und spätantike Erneuerer der römischen Dichtung. In seiner Heimat Alexandria aufgewachsen geht er in der frühen 90er Jahren an den weströmischen Regierungssitz nach Mailand. Seit 394 findet er Gönner und Förderer bei der christlichen Adelsfamilie der Anicii. Für zwei Angehörige dieser Familie, die designierten Konsuln Olybrius und Probinus, schreibt er 395 das Festgedicht. Dadurch wird man in Mailand auf ihn aufmerksam: er wird Hofdichter des Vandalen Stilicho, dessen politische Ziele Claudian in seinen Werken unterstützt. z.B. mit zwei satirischen Invektiven gegen mit Stilicho rivalisierende Machthaber des oströmischen Reiches, Eutropius und Rufinus.

Das Gesamtwerk:
Die Invektive In Rufinum ist wahrscheinlich bald nach der Ermordung des Rufinus im November 395 am Kaiserhof in Mailand vorgetragen worden. Sie schildert den von der Furie Megaera geförderten Aufstieg des Rufinus bis zu dem Zeitpunkt seines größten Einflusses in Konstantinopel und enthält in ihren letzten Versen die Prophezeihung der Iustitia, Rufinus werde stürzen. Eingeleitet wird diese Invektive durch die folgende Praefatio:

Der Text:
Phoebo domitus Python cum decidit arcu
membraque Cirrhaeo fudit anhelo iugo,
qui spiris tegeret montes, hauriret hiatu
flumina, sanguineis tangeret astra iubis,
5 iam liber Parnasus erat, nexuque soluto
coeperat erecta surgere fronde nemus,
concussaeque diu spatiosis tractibus orni
securas ventis explicuere comas,
et qui vipereo spumavit saepe veneno
10 Cephisos nitidis purior ibat aquis.

omnis ,io Paean' regio sonat, omnia Phoebum
rura canunt, tripodas plenior aura rotat,
auditoque procul Musarum carmine dulci
ad Themidis coeunt antra severa dei.

15 nunc alio domini telis Pythone perempto
convenit ad nostram sacra caterva lyram,
qui stabilem servans Augustis fratribus orbem
iustitia pacem, viribus arma regit.

Textausgabe: Claudii Claudiani carmina ed. John Barrie Hall. Teubner,
Leipzig 1985

Die Übersetzung:
Als Python, vom Bogen Apolls gebändigt, einst zu Boden stürtzte
und atemschwer seine Glieder am Cirrhaeischen Berg ausstreckte,
er (Python), der zuvor sich um die Berge wand, die Flüsse verschlang
und mit seiner blutroten Mähne die Sterne berührte,
da war befreit der Parnass und, von der Umschlingung erlöst,
begann der Hain, nachdem Laubholz sich aufgerichtet hatte,
emporzuwachsen, die Bergeichen, in den weiten Gegenden
lange geschüttelt, entfalteten ihr Laubwerk, vor Winden geschützt,
der Cephis, der bisher oft vor Schlangengift schäumte,
floß wieder reiner mit blankem Wasser.

Die ganze Gegend erschallt vom "Heil dir, Paean",
das ganze Land besingt Phoebus, die Luft umweht freier den Dreifuß,
und, nachdem sie aus der Ferne den süßen Gesang der Musen gehört haben,
kommen die Götter herbei zur schauerlichen Grotte der Themis.

Nun kommt die heilige Schar (Hofgesellschaft zu Mailand) zu meiner Lyra zusammen,
nachdem ein neuer Python durch die Waffen des Herrn (Stilicho) getötet ist,
der mit Gerechtigkeit für Frieden sorgt, mit Waffen die Kriege führt
und damit für die kaiserlichen Brüder ein dauerhaftes Reich bewahrt.


Gliederung:
Verse 1-10: Der Mythos. Apollon besiegt den Drachen Python.
Die befreite Natur.
Verse 11-14: Preis Apollos (Stilichos) und Geburt des Delphischen Orakels
Verse 15-18: Die Gegenwart. Sieg über den zweiten Python (Rufinus) durch
Stilicho im Dienste des weströmischen Kaisers.
Anspruch auf Weltherrschaft, verkündet vom Dichter Claudian

Bedeutung dieses Pooemiums:
- wichtige Details über den Dichter, sein Werk und seine Zeit sind hier bereits erkennbar: Verherrlichung Stilichos als der berufene Retter für den Fortbestand des römischen Imperiums, womit Claudian sich zum Sprecher Roms und römischer Gesinnung macht;
- Claudians Auffassung vom Dichtertum: historische Ereignisse sind für ihn eine Inspiration, durch seine Dichtung macht er die besondere Lage Roms unter Stilichos Regentschaft zu einer Sternstunde der Geschichte. Das Dichterlob sogar aus den Kreisen des kaiserlichen Hofes ist ihm sicher.
- Claudian ist der letzte Vertreter der römischen Literatur im antiken Sinne: Anknüpfung an das Epos Vergils, an den mythologisch-allegorischen Apparat Ovids, an die Gestaltung der wunderbaren heidnischen Götterwelt.

Literatur:
Metzler Lexikon Antiker Autoren. Hg. Oliver Schütze. Metzler,
Stuttgart und Weimar 1997
Manfred Fuhrmann, Claudius Claudianus in: Der Kleine Pauly Bd. 1,
dtv 1979, p. 1202 ff.
Michael von Albrecht, Geschichte der römischen Literatur. Bd. 2,
dtv 2003, p.1060 ff.
Fritz Felgentreu, Claudians Praefationes. Bedingungen, Beschreibungen
und Wirkungen einer poetischen Kleinform. Teubner, Stuttgart 1999
Siegmar Döpp, Zeitgeschichte in Dichtungen Claudians.
Hermes Einzelschriften 43, p. 61-76






















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Re: Claudius Claudianus

Beitragvon SursumDeorsum » So 25. Jan 2015, 19:37

Quid velit hoc, quaero, quid scribas talia verba?
Quae responsa tibi sint mihi danda rogo.

:?
Pangere non potuit nisi potus scurra Cratinus;
sunt mihi fata eadem: Pierides madeant!


Mox Melitam multo mala murmure maltha migrabit.

Iuppiter est, quodcumque vides, quodcumque moveris.
Sortilegis egeant dubii semperque futuris
Casibus ancipites: me non oracula certum,
Sed mors certa facit. Pavido fortique cadendum est:
Hoc satis est dixisse Iovem.
SursumDeorsum
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