Konstruktion von "convenire"

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Re: Konstruktion von "convenire"

Beitragvon ille ego qui » Mo 9. Feb 2015, 12:41

und noch etwas frage ich mich: was tut man, wenn zwei sich in einem Land treffen, in dem sie von Anfang an sind :?
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Re: Konstruktion von "convenire"

Beitragvon RM » Mo 9. Feb 2015, 19:42

Da steht doch unten ein Beispiel: "in Sardinia" :wink:

8) RM
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Re: Konstruktion von "convenire"

Beitragvon Zythophilus » Mo 9. Feb 2015, 19:55

Bei conuenire als trans. Verb gilt die Regel + in + Akk. eben nicht.
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Re: Konstruktion von "convenire"

Beitragvon Tiberis » Mo 9. Feb 2015, 20:05

ille ego qui hat geschrieben:enn man Person UND Ort unterbringen will, hat man vermutlich die Wahl:
- convenire aliquem in loco
- convenire cum aliquo in locum


ersteres stimmt (convenire transitiv), bei letzterem würde ich zweifeln, ob man so sagen kann.
wohl eher: Publius et Quintus in forum conveniunt (P. u. Q. kommen auf dem Forum zusammen = treffen einander dort)
Publius cum Quinto in f. convenit wäre etwas seltsam, da ja einer allein (convenit) nicht gut wohin zusammenkommen kann . jedenfalls nicht, wenn man "lateinisch denkt" : convenire i.-d. bedeutung "zusammenkommen" steht i.d.r. im plural!
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Re: Konstruktion von "convenire"

Beitragvon Laptop » Di 10. Feb 2015, 13:13

Wenn ich das richtig verstanden habe, dann kann man auf zwei Arten konstruieren, entweder transitiv oder intransitiv, je nachdem was man in den Fokus rücken möchte, Person oder Ort des Treffens:
A) pater matrem convenit (transitiv) in foro (in + Abl.). Hier wird das transitive Verb mit der Person im Akkusativ konstruiert, um ebendiese Person in den Fokus zu rücken. Der Ort ist nur eine nebensächliche Angabe und steht mit "in" + Abl.
B) pater et mater conveniunt (intransitiv) in forum (in + Akk.). Hier wird das intransitive Verb mit dem Ort im Akkusativ konstruiert, um ebensdiesen Ort in den Fokus zu rücken. Die Person steht entweder mit "et" gleichgeschaltet oder mit "cum" + Abl.

Demnach ist jedoch ...
Multi homines conveniunt in foris aliisque locis celebribus.

... falsch, denn hier hat convenire i. S. v. treffen/sich-treffen weder den Akk. der Person noch den Akk. des Ortes.
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Re: Konstruktion von "convenire"

Beitragvon Prudentius » Di 10. Feb 2015, 18:43

Es ist wohl nützlich, wenn man den Kasusgebrauch bei convenire in überlegt, sich die zugrundeliegenden unterschiedlichen Vorstellungen vor Augen zu halten.

Entweder versteht man das Verb convenire als zielgerichtete Bewegung, man fragt: wohin bewegen sie sich? In forum conveniunt; also als Vorgang; imperfektivisch, Focus auf -venire;
oder man versteht das convenire als Ereignis: wo findet die Versammlung statt? In foro conveniunt, perfektivisch, der Focus liegt auf dem Ergebnis der Handlung, auf dem con-;

Diese Erklärung erscheint mir sinnvoller als den Schülern bloß beizubringen, dass bei convenire in meist der Akk. steht: man kann auch nachvollziehen, warum.
Natürlich ist der Unterschied nicht immer so klar, aber es wenigstens eine Möglichkeit aufgezeigt.
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Re: Konstruktion von "convenire"

Beitragvon Tiberis » Di 10. Feb 2015, 19:13

Prudentius hat geschrieben:Entweder versteht man das Verb convenire als zielgerichtete Bewegung, man fragt: wohin bewegen sie sich? In forum conveniunt; also als Vorgang; imperfektivisch, Focus auf -venire;
oder man versteht das convenire als Ereignis: wo findet die Versammlung statt? In foro conveniunt, perfektivisch, der Focus liegt auf dem Ergebnis der Handlung, auf dem con-;


das sehe ich überhaupt nicht so, optime Prudenti.
der "focus" liegt in jedem fall - wenn wir von der bedeutung "zusammentreffen" ausgehen - auf venire. und daher heißt es auch nicht "in foro conveniunt", sondern "in forum conveniunt".
Klotz (Handwörterbuch der lat. Sprache) schreibt dazu: "..wohin oder wonach oder wozu man sich zur zusammenkunft bewegt, wo wir im deutschen "irgendwo zusammenkommen" sagen, der lateiner die richtung nach dem punkte entschieden festgehalten hat, mit ausnahme einiger sehr zweifelhafter stellen, wie Cic.div.2,24,52 (..) ,id.Att.15,17(...), wofür im originalbriefe Cic.fam.9,14,1 (..) in haec loca veniant steht (...)"
im übertragenen sinn bedeutet convenire "zusammenpassen" , "sich eignen für", "passen zu" (letztere mit ad+akk. bzw. dat. ) u.dgl.;
und schließlich - meist unpers. - "man kommt überein" (mit wem? > dat. ; cum aliquo; bzw. inter aliquos convenit= sie vereinbaren ; worüber? > de aliqua re bzw. ut+ konj.
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Re: Konstruktion von "convenire"

Beitragvon Ioscius » Di 10. Feb 2015, 21:59

Prudentius hat geschrieben:Es ist wohl nützlich, wenn man den Kasusgebrauch bei convenire in überlegt, sich die zugrundeliegenden unterschiedlichen Vorstellungen vor Augen zu halten.

Entweder versteht man das Verb convenire als zielgerichtete Bewegung, man fragt: wohin bewegen sie sich? In forum conveniunt; also als Vorgang; imperfektivisch, Focus auf -venire;
oder man versteht das convenire als Ereignis: wo findet die Versammlung statt? In foro conveniunt, perfektivisch, der Focus liegt auf dem Ergebnis der Handlung, auf dem con-;

Diese Erklärung erscheint mir sinnvoller als den Schülern bloß beizubringen, dass bei convenire in meist der Akk. steht: man kann auch nachvollziehen, warum.
Natürlich ist der Unterschied nicht immer so klar, aber es wenigstens eine Möglichkeit aufgezeigt.


Das ist natürlich ein Versuch, sämtliche Konstruktionen logisch zu erklären. Ich maße mir als einfacher Student kein Urteil an - bei den Verben intercludere u. donare bspw., die mehrere Konstruktionsmöglichkeiten haben, ist das sicher ein nützliches Modell, sich die verschiedenen Konstruktionen zu erklären.

Bspw. die Auffassungsweisen von intercludere: Zwei Konstruktionen/ Auffassungsweisen sind möglich: Einmal wird das verwehrte Objekt als Ziel der Verbalhandlung betrachtet, das im Akkusativ steht, und die Person, die von den Auswirkungen dieser Handlung betroffen ist, als Günstling bzw. als Person, der diese Verwehrung zuteil wird (sozusagen ein Dativus incommodi); alternativ wird die von der Absperrung betroffene Person als Ziel der Verbalhandlung im Akkusativ stehen, während der Ort/ (im übtr. Sinn) die Sache im separativen Ablativ steht, da sie angibt, wovon die Person getrennt ist.
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Re: Konstruktion von "convenire"

Beitragvon Zythophilus » Di 10. Feb 2015, 23:50

Bei manchen Verben gibt es tatsächlich die Möglichkeit, sie mit in + Abl. oder in + Akk. zu konstruieren. conuenire zählt nicht dazu. Das intr. conuenire hat stets in + Akk.; möglicherweise verliert sich das mit der Zeit, wenn Kasus-Endungen bzw. die Kasus selber etwas durcheinandergehen.
Die trans. Version hat, wenn sie noch eine Ortsangabe verwendet, in + Abl. oder etwas Entsprechendes.
Das Verb macht nur dann Schwierigkeiten, wenn man vom Deutschen ins Lateinische übersetzen will; da mag man versucht sein, in + Abl. analog zu "auf dem Forum zusammenkommen" zu verwenden.
Umgekehrt kommt jemand mit ein wenig Sprachgefühl leicht ohne weitere Erklärung darauf, dass er in forum conuenire trotz Akk. mit "auf dem Forum zusammenkommen" übersetzen soll.
Zuletzt geändert von Zythophilus am Mi 11. Feb 2015, 08:11, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Konstruktion von "convenire"

Beitragvon Tiberis » Mi 11. Feb 2015, 00:17

convenire mit intercludere zu vergleichen, das bekanntlich immer transitiv ist, heißt aber, äpfel mit birnen zu vergleichen, lieber oliver.
hingegen: conveniunt in forum > sie kommen auf dem f. zusammen (intransitiv); convenio te in foro> ich treffe dich auf dem f. (transitiv).
in beiden fällen (!) gibt convenire die richtung an, die sich entweder auf einen ort (in forum) oder eine person (te) bezieht.
daher wäre es falsch, zu sagen : conveniunt in foro, da das ziel eines verbums der bewegung naturgemäß im akkusativ steht.
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Re: Konstruktion von "convenire"

Beitragvon Laptop » Mi 11. Feb 2015, 08:28

Können wir die Brücke zurück zur Ausgangsfrage schlagen? Ist der Satz aus dem Lehrwerk “Prima” folglich falsch? Selbst wenn der Satz “nur” stilistisch fragwürdig ist, wäre das für ein Lehrbuch, was die gebräuchlichen Grundlagen lehren soll, ein No-Go.
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Re: Konstruktion von "convenire"

Beitragvon Ioscius » Mi 11. Feb 2015, 11:15

Lieber Wolf: Einen so direkten Vergleich, der unmittelbar mit der Transivität* zu tun hat, wollte ich überhaupt nicht anstreben; ich wollte bloß sagen, dass evtl. so, wie bei anderen Verben verschiedene Auffassungsweisenmöglich sein können, so auch bei diesem Verb, - mag es auch sein, dass diese alternative Auffassungsweise/ Konstruktion bei dem hier behandelten sehr ungebräuchlich ist und die andere vorherrschend ist.
Man sollte die Sprache hier als dynamisches, wandelbares Konstrukt wahrnehmen. Ähnlich wie bei "wegen" oder gar "genießen" alternative Konstruktionen aufgetaucht sind (zum ursprünglichen Genitiv), so könnte das doch auch mit "convenire" sein.

Verschiedene "Auffasungsweisen", die letztlich auf dasselbe, wie du ja dargelegt hast, auf dasselbe hinauflaufen..

@Latop: Als falsch kann die Konstruktion m. E. nicht bezeichnet werden. Aber wie du schon gesagt hast, pädagogisch ist diese vereinzelt auftretende Konstruktion auf jeden Fall fragwürdig, da ein Lehrbuch die gebräuchlichen Regeln vermitteln soll.

_______
*Der Begriff scheint auch nicht so eindeutig zu sein, wie er scheint. Man vergleiche den Eintrag von "incipere" im Lexicon Georgisanum: http://www.zeno.org/Georges-1913/A/inci ... io+tr+intr
Dort wird Transivität wohl als rein semantischer Begriff verstanden (Z. B.: Der Winter beginnt (intr.) vs. Ich beginne mit der Rede(tr.)) : Mit diesem Ausdruck ist eine wie auch immer geartete Aktion eines Agens (Subjekt) auf eine anderes Objekt gemeint; es wird also eine entsprechende Wirkung ausgeübt. Es geht etwas von einer Person(/Sache) auf eine andere über.
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Re: Konstruktion von "convenire"

Beitragvon Tiberis » Mi 11. Feb 2015, 11:39

Laptop hat geschrieben:t der Satz aus dem Lehrwerk “Prima” folglich falsch? Selbst wenn der Satz “nur” stilistisch fragwürdig ist, wäre das für ein Lehrbuch, was die gebräuchlichen Grundlagen lehren soll, ein No-Go.

ich kenne zwar "Prima" nur dem namen nach und kann daher bezüglich seiner qualität nichts aussagen. aber was den konkreten fall betrifft, so glaube ich nicht, dass man sich dort viele gedanken gemacht hat und den ablativ (in foro) im hinblick auf die eine o.g. Cicerostelle bewusst gesetzt hat. vielmehr glaube ich, dass den verfassern ein schlichter germanismus unterlaufen ist, denn die regel ist jedenfalls - und das wird ja auch von niemandem bestritten - der akkusativ.
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Re: Konstruktion von "convenire"

Beitragvon Laptop » Mi 11. Feb 2015, 14:18

@Ioscius Von welcher Definition von Transitivität gehst du aus? Ich denke Georges geht von transitivem bzw. intransitivem Gebrauch aus. Sehr viele Verben können sowohl transitiv als auch intransitiv gebraucht werden, Verben können daher schlecht in transitive oder intransitive eingeteilt werden. Vielmehr ist die konkrete Konstruktion gemeint, in der ein Verb sich trans. oder intrans. verhält, d. h. entweder ein oder kein direktes Objekt annimmt. Sieh es als Akzidenz, nicht Potenz, eines Verbs.

@Tiberis Gut gesagt.
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Re: Konstruktion von "convenire"

Beitragvon Prudentius » Do 12. Feb 2015, 17:44

Von welcher Definition von Transitivität gehst du aus?


"Verben können daher schlecht in transitive oder intransitive eingeteilt werden."

Schema "A bewirkt B", ich würde das "zweistellige Relation" nennen, Bsp. "Routenplaner", du musst zwei Orte eingeben, sonst plant er keine Route.
Beim transitiven Verb liegt eine Relation zwischen dem Subjekt und dem Objekt vor, es ist eine abgegrenzte Gruppe von Verben mit dieser Eigenschaft; ihr Charakteristikum: sie können ein persönliches Passiv bilden.

Allerdings muss die zweite Stelle der Relation nicht immer besetzt sein; beim Routenplaner: manche Kurorte bieten für interessierte Kunden einen Routenplaner, bei dem man nur den Ausgangsort eingeben muss; so gibt es eben auch transitive Verben, die intransitiv gebraucht sind; "er liest" und "er liest ein Buch".
Es gibt eine gut abgegrenzte Gruppe von "intransitiven Verben", z.B. uti oder dormire; diese können kein persönliches Passiv bilden; auch convenire gehört dazu; Sprache ist flexibel, bei manchen Verben wird nachträglich eine Transitivitätsverzweigung eingebaut :-D .

"Sieh es als Akzidenz, nicht Potenz, eines Verbs", nun gut, man kann ja auf diese mittelalterlich-scholastische Terminologie zurückgreifen, das passt ja für unseren Kreis, und ich versuche es eben mit einer heutigen Terminologie :-D .
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