Wann muss a/ab stehen?

[formica]

Hi
In dem Beispielsatz: "... altera villa circiter quinque milia passuum urbe abest." steht kein ab vor urbe... Wann darf eine sochle Präposition stehen und wann nicht? Liegt das daran, dass das "ab" schon im "abesse" steckt?
Danke

[romane]

Steckt ja in "abesse".

Cf. RH § 143

[formica]

Also so wie ich es mir schon gedacht hab. Aber in RH § 143 heißt es auch "a patria abesse"...

[romane]

@Longipes:
weiterlesen:
... bei den mit dis- und se- zusammengesetzten Komposita

und dann abesse...

Menge § 363,1 Der Abl. sep. ...steht mit einer Präposition ... oder als bloßer Ablativ

[RM]

Es wäre ja wirklich sehr nützlich, wenn ihr endlich einmal nach solchen Wendungen in der Originalliteratur und nicht nur im Rubenbauer-Hofmann oder Menge suchen würdet - ich empfehle das ja ständig . Ihr hättet nämlich sonst sehr schnell zwei Dinge festgestellt:
1. ab urbe abest/aberat/... kommt relativ selten vor
2. est heißt überall "ab urbe abest", wo man es findet und wo der Wortlaut eindeutig bekannt ist (hauptsächlich bei Livius)
Bei Cicero heißt es ebenfalls "abesset ab urbe" (Cic Caec 28, 9), und bei Caesar und Cicero heißt es auch immer "a XXX milia passuum abest", z. B. "hic locus abest a Clupeis passuum xxii milia" (Caes, Civ, 2, 23, 2)

RM

[romane]

@longipes
Ich wollte Dich nur ergänzen! Habe es etwas unglücklich formuliert; es ging mir um den ganzen Absatz.

@RM
Natürlich ist die Originalliteratur immer ergiebiger. Aber hier war doch nach einer "Regel" gefragt.

[RM]

@RM
Natürlich ist die Originalliteratur immer ergiebiger. Aber hier war doch nach einer "Regel" gefragt.

Eben! Und da kann ich nur sagen: Hinterfragt diese Grammatiken und Syntaxlehren, prüft nach, was dort steht! Darin sind z. T. heute noch jahrhundertealte Expertenmeinungen versteckt, die nicht auf Auswertungen der gesamten lateinischen Literatur beruhen. Außerdem werden dort idiomatische Dinge im Lateinischen zu oft vernachlässigt.

RM

[RM]

Ein interaktiver Kommentar dieser Art zu den gängigen Grammatiken - das wäre doch mal ein ehrenvolles Projekt!

Ja, sicher! Solcher Art Lebensaufgaben stapeln sich schon vor mir auf dem Schreibtisch, dass ich gar nicht recht weiß, wo ich anfangen soll.

RM

[Prudentius]

RM hat geschrieben:

Hinterfragt diese Grammatiken und Syntaxlehren, prüft nach, was dort steht! Darin sind z. T. heute noch jahrhundertealte Expertenmeinungen versteckt, die nicht auf Auswertungen der gesamten lateinischen Literatur beruhen. Außerdem werden dort idiomatische Dinge im Lateinischen zu oft vernachlässigt.

Das möchte ich nur unterstreichen und noch etwas erweitern; auch noch andere veraltete Meinungen sind darin versteckt und noch anderes ist vernachlässigt.

Unser Verhältnis zu den alten Grammatiken sollte sehr differenziert sein: sie sind nützlich, unersetzbar, wir brauchen sie; aber wir sollten uns ihrer Mängel bewusst sein; sie tragen das Gepräge der Zeit um 1900; niemand könnte den Aufwand aufbringen, eine zeitgemäße Grammatik neu zu schaffen; wir können es positiv nehmen: wir benutzen sie, aber wir fragen uns auch: wie würde man das heutzutage ausdrücken? Welche modernen Mittel haben wir, um die alten Fragen zu beantworten?