eingeschobene Buchstaben.

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eingeschobene Buchstaben.

Beitragvon Laptop » Sa 4. Jul 2015, 17:30

Salvete! Ich transkribiere folgenden Text von Platyna und stehe vor dem Rätsel, was hat es mit diesen eingeschobenen Buchstaben auf sich, in dem beispielhaften Abschnitt hier: i und n? Irgendwie stehe ich auf dem Schlauch.
PLATYNA. Verius hæ uoces ſexti caſus nullos alius accipiunt cauſis quibus ſimile eſt rogatu: utputa iuſſu Cæſaris.i.ut Cæſar iuſſit: & rogatu amici ut rogauit amicus. & in multitudine iuſſa Euenta. Cicero de Diuinatione. Si euenta quærimus quæ exquiruntur. Columella. Iugerum ſex modios poſtulat. Inuenitur & hoc iuger huius uigeris: utroque.n.modo Plinius utitur.


http://digital.staatsbibliothek-berlin.de/werkansicht/?PPN=PPN815337744&PHYSID=PHYS_0020&USE=800
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Re: eingeschobene Buchstaben.

Beitragvon RM » Sa 4. Jul 2015, 18:21

.n. ist eine Abkürzung = enim, glaube ich.
.i. könnte id est oder so was sein.
Jedenfalls sind das Abkürzungen.

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Re: eingeschobene Buchstaben.

Beitragvon Laptop » Sa 4. Jul 2015, 18:36

Ah, danke RM. "id est" und "enim" paßt in den Kontext!

Etwas anderes noch: Das Phänomen der die Leerzeichen ersetzenden Satzpunkten (auch oben rot markiert) kenne ich, ich nenne sie mal "Leerpunkte". Allerdings ist mir deren Zweck noch nicht ganz aufgegangen. Bibt es dazu irgendwelche Information?
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Re: eingeschobene Buchstaben.

Beitragvon RM » Sa 4. Jul 2015, 19:52

Ich kenne das hauptsächlich aus Platinas "De Honesta Voluptate" (auch Ende des 15. Jhdts. gedruckt), aber die ersetzen meiner Meinung nach die Leerzeichen nicht, sondern dort wurden Satzzeichen (zu denen auch diese Punkte zählen) manchmal ohne, manchmal mit führenden und folgenden Zwischenräumen gesetzt. Die Punkte selbst kennzeichnen meiner Meinung nach aber diese Abkürzungen. Manchmal werden aber auch Punkte hingesetzt, wo man keine erwartet, wie am Ende des Laelius-Absatzes vor desinunt, aber vielleicht ist das tatsächlich ein Fehler im Drucksatz.

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Re: eingeschobene Buchstaben.

Beitragvon Laptop » Sa 4. Jul 2015, 20:23

Diese Punkte stehen nicht immer bei Abkürzungen oder Abbreviaturen, Beispiel:

LAELIVS. Quæ ſunt appellationes uerborum in.o.& in.a.finientes.quas Probus inuentu difficiles dicit. (Quelle)



Ein weiteres, vielleicht noch deutlicheres Beispiel für diesen besagten Punkt als Leerzeichen-Ersatz ist die Marginalie:
Vt.Ita.Cicero (Quelle)


In erstem Beispiel ist mit ".o." und ".a." einfach nur die Wort-Endung -o und -a gemeint. Und mit dem Punkt vor quas ist gar nichts gemeint, er ist scheinbar(?) sinnlos, vielleicht ein Druckfehler. Vielleicht auch nicht, da ein Punkt weniger Platz in Anspruch nimmt als ein Leerzeichen. Der Zweck könnte also sein Platz zu sparen. Der Punkt vor desinunt hingegen ist mir unerklärlich, weil da mehr als genug Platz vorhanden ist.
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Re: eingeschobene Buchstaben.

Beitragvon Prudentius » Di 7. Jul 2015, 09:25

Das Phänomen der die Leerzeichen ersetzenden Satzpunkte


Ich hätte mal eine Frage: war in der Antike "Wortzwischenraum" ein bekannter Begriff? Und wie war sein Name? Sicherlich, über Getrennt- und Zusammenschreibung wurde in den Grammatiken gehandelt, aber hat man diesen Zwischenraum als einen Gegenstand wahrgenommen? Erst seit Gutenberg, zu Zeiten des Bleisatzes, also des Druckes von beweglichen Lettern, hatte man ja wirklich etwas in der Hand, "Spatium" nannten es die Setzer, space, für uns die am meisten benutzte Taste, nimmt auch mehr Platz auf der Tastatur ein als alles andere.
Heißt spatium auch schon "Wortzwischenraum"?

Ich habe den Verdacht, nein. Und wenn man ihn nicht wahrgenomen hat, dann wurde die Schreibung natürlich auch nicht geregelt, so dass der Schreiber nach Belieben verfahren konnte.

Ich sehe da eine Parallele: auch die Zahl 0 wurde nicht wahrgenommen, denn der platonisch geschulte antike Mensch blickte auf Gegenstände als Abbilder der ewigen Ideen, das Leere ist aber kein solches Abbild. Das gleiche nochmals beim geometrischen Gebilde "Punkt": er war ein dimensionsloses Nichts.

Jetzt kehre ich von der Spekulation in die Realität zurück und grüße euch,

lgr. P. :)
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Re: eingeschobene Buchstaben.

Beitragvon RM » Di 7. Jul 2015, 19:59

Da antworte ich mal mit den wohlgewählten Worten eines Terentianus Maurus :wink: :

Iam cetera non ordine quo solent loquemur,
verum ut cuique est proximitas vocis sonore,
ne dicta prius me subigat referre rursum
vicinia vocum modico dirempta puncto.

(Ter. Maurus: De Litt., de syll., de metris 182)

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Re: eingeschobene Buchstaben.

Beitragvon Prudentius » Do 9. Jul 2015, 07:36

Hallo RM,

das hast du gut ausgesucht, aber vllt. kannst du auch noch beim Verständnis weiter helfen: was heißt "modico puncto", mäßiger Punkt geht nicht; dann wohl "mäßiger Abstand", das würde passen, aber heißt punctum Abstand? Was heißt überhaupt "Wortzwischenraum" auf L.? Da bin ich ziemlich verlegen; wenn punctum auch Zwischenraum heißt, dann kann ich leicht verstehen, dass die Lateiner manchmal zwischen die Wörter Punkte setzten und manchmal nicht.

Meine Anfangsvermutung war ja, dass sie den Wortzwischenraum nicht als einen wesentlichen Bestandteil des Schreibens wahrgenommen haben; wenn sie ein Keyboard gebaut hätten, hätten sie keine Leertaste eingebaut, sondern wären einfach weitergerückt.
Hat jemand eine Idee?
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Re: eingeschobene Buchstaben.

Beitragvon RM » Do 9. Jul 2015, 19:10

Prudentius hat geschrieben:"modico puncto", mäßiger Punkt geht nicht

Meiner Meinung nach ist das der kleine Punkt zur Worttrennung, den man auf Inschriften sieht. Oder habt ihr andere Ideen?

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Re: eingeschobene Buchstaben.

Beitragvon Laptop » Fr 10. Jul 2015, 00:23

Schwer zu sagen, was sagt denn die Übersetzung von Jan-Wilhelm Beck dazu? Hat die jemand zur Hand?
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