Lateinische Handschrift entziffern: Ovids Metamorphosen

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Re: Lateinische Handschrift entziffern: Ovids Metamorphosen

Beitragvon Laptop » Mo 3. Aug 2015, 00:02

Penthesilea. Danke, dann stimmte ja RM's zeitliche Einschätzung. Wenn du ein Ergebnis hast, würde ich mich freuen mal drüberzuschauen.
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Re: Lateinische Handschrift entziffern: Ovids Metamorphosen

Beitragvon Penthesilea » Mo 3. Aug 2015, 00:37

Herzlichen Dank, Laptop. Ich habe den ganzen Abschnitt zu Boreas und Orithyia transkribiert, wobei noch ein paar Unsicherheiten bleiben. Falls jemand Lust hat, einen Blick darauf zu werfen, hänge ich gerne noch ein weiteres Dokument an.
Hier meine Transkription mit den Lücken, die noch verbleiben. Wenn Ihr Ideen habt, bin ich Euch sehr dankbar.

"Similiter fugo omnes alios ventos, similiter induco terremotum in terorem(?)[/i] in feris(?) qn(?) volo; Quare non utor viribus meis et non precibus. et dum hoc dixisset acceptis viribus suis cepit aflare terram et equor donec (?) fuit in Athenas (?), et in allys (?) suis cepit Orthyiam et exportavit usque ad partes citorum (?) populorum."

Unsicherheiten:
- terorem nicht mit Doppel-r?
- in feris? In den wilden Tieren? das klingt seltsam...
- allys? Das müssten doch alis sein, nicht?
- in Athenas? müsste das nicht in Athenis sein, also statt Richtungsakkusastiv ein Abl. loci nach fit?
- citorum statt Ciconum?

Vielen Dank für Eure Hilfe!
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Re: Lateinische Handschrift entziffern: Ovids Metamorphosen

Beitragvon Laptop » Mo 3. Aug 2015, 02:41

Ich kann nur kleine Hilfe leisten, aber nach und nach wird sich alles lösen lassen:

allys] hier ist ziemlich sicher aliis gemeint, und das Doppel-l wohl ein Fehler. Doppel-i wurde noch in der Renaissance oft "ij" geschrieben, einfach der Zierde wegen. Und noch früher, vor der Renaissance "y", was eben ursprünglich nichts weiter war als eine Ligatur aus "ij". Heute erscheint uns das fremd.
feris] daß da "feris" steht läßt sich kaum bezweifeln. Mit dem Satzsinn habe ich noch Probleme.
terremotum] Der Ansatz von terremotum ist derselbe wie etwas weiter der von "terram", nämlich ein abbreviierender Bogen über dem "t", so daß man zu "ter" erweitert. Dadurch fehlt das zweite r nicht, sondern ist jedesmal in der Abbreviatur versteckt.
orthiam] orthiam mit "i", ist eine Kleinigkeit aber ich erwähne es dennoch.
t...ororem? in feris] Seltsam. Der Ansatz ist hier wieder dergleiche wie in terremotum und gemeint ist wohl terrorem. Allerdings irritiert mich das zusätzliche "o", also t(er)ororem.
Aktuell nicht entziffern kann ich folgende drei Stellen:
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Re: Lateinische Handschrift entziffern: Ovids Metamorphosen

Beitragvon Penthesilea » Mo 3. Aug 2015, 07:45

Herzlichen Dank, laptop. Ich habe folgende Vorschläge für die von Dir markierten Stellen:
- qn: quando (... "in feris quando volo")
- dnc: donec
- titonum oder citorum für Ciconum (wie diese Völker bei Ovid an dieser Stelle heissen)
Vielen Dank, Laptop, für die Hinweise; ich hätte darauf kommen müssen, dass bei terrorem der Kurzüzungsbogen die Lösung für das fehlende r ist!
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Re: Lateinische Handschrift entziffern: Ovids Metamorphosen

Beitragvon RM » Mo 3. Aug 2015, 10:16

Ich wäre mir weder bei "in terrorem" noch bei "in feris" sicher. Bei "in feris" würde ich spontan an "inferis" denken, könnte also etwas mit der Unterwelt zu tun haben. Aber bei dem "in terrorem" kommt mir der Kringel bzw. das o nach "ter" ebenfalls seltsam vor. "terrorem" müsste mehr wie "terremotum" aussehen, aber vielleicht ist das ja auch ein Schreibfehler, da es sonst wohl "horrorem" oder "sororem" heißen müsste. Ich würde etwas zögern, bei "in feris jij volo" dieses jij als quando zu lesen und hätte eher einen Infinitiv vermutet.

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Re: Lateinische Handschrift entziffern: Ovids Metamorphosen

Beitragvon Penthesilea » Mo 3. Aug 2015, 20:40

quando volo würde doch noch passen, nicht? für quando habe ich bei Cappelli diese Abkürzung gefunden.
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Re: Lateinische Handschrift entziffern: Ovids Metamorphosen

Beitragvon RM » Mo 3. Aug 2015, 21:25

Wenn das eine Abkürzung für "quando" sein soll, dann muss ihm die Hand schon sehr ausgerutscht sein ... Ich glaub's erst einmal nicht. Das q sieht auch sonst mehr nach q aus (z. B. aqua / equor).
Mir ist zwar eben so ein Einfall gekommen, aber auch der erfordert jede Menge Phantasie: "terremotum inferiorem inferis quam volo" - aber ich glaube nicht, dass es das ist.

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Re: Lateinische Handschrift entziffern: Ovids Metamorphosen

Beitragvon Laptop » Di 4. Aug 2015, 02:12

Ich denke mittlerweile auch, daß es ein "q" sein könnte, bei dem ein Teil der Strichführung aufgrund der qualitativ schlechten Lichtkopie verloren ging. Denn das Bein hat genau die gleiche Form der andren q's in quo, aquam, equor.

Boreas spricht, wie stark er sei:
idem ego, cum fratres caelo sum nactus aperto

entspricht etwa der Stelle: fugo omnes alios ventos ...

sollicito manes totumque tremoribus orbem.

entspricht etwa der Stelle: induco terremotum ... ¿quando? volo
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Re: Lateinische Handschrift entziffern: Ovids Metamorphosen

Beitragvon RM » Di 4. Aug 2015, 09:20

Ich habe die Abkürzung "qij" jetzt im Cappelli auf S. 311 gefunden. Dieses vermeintliche "quando" heißt "quoniam".
Also "quoniam volo"!

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Re: Lateinische Handschrift entziffern: Ovids Metamorphosen

Beitragvon Penthesilea » Di 4. Aug 2015, 10:42

Stimmt, RM! Optime, ich bin begeistert! Vielen, vielen Dank! Findest Du, RM, auch eine Lösung für dieses (vermeintliche?) donec? Ich starre stundenlang drauf und kann es doch nicht entziffern. Oder hat sonst jemand Ideen? Vielen Dank im Voraus.

PS: und ist fuit in Athenas schlicht ein Fehler? Der Schreiber denkt an eine Richtung und nimmt den Richtungsakkusativ, aber nach fuit ist doch ein Lokativ oder Ablativus Loci zu verwenden, richtig? Vielen Dank!
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Re: Lateinische Handschrift entziffern: Ovids Metamorphosen

Beitragvon Prudentius » Di 4. Aug 2015, 11:25

Ich meine, bei Petron sagt einmal einer: "Fui heri in funus", ich war gestern zum Begräbnis.
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Re: Lateinische Handschrift entziffern: Ovids Metamorphosen

Beitragvon Penthesilea » Di 4. Aug 2015, 12:14

Sehr schöner Hinweis, vielen Dank, Prundenti.
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Re: Lateinische Handschrift entziffern: Ovids Metamorphosen

Beitragvon Laptop » Di 4. Aug 2015, 12:41

Der erste Buchstabe in dem Wort nach "et equor" ist ein "d", was man sieht wenn man es mit dem "d" in "ad partes" vergleicht. Darauf müßte nach Adam Riese ein Vokal kommen, aber mir sieht das weder nach o (das ist immer schön rund und geschlossen), a, u, oder e aus. Und ein senkrechter Abkürzungsstrich steht soweit ich weiß für ein "i" was irgendwo eingeschoben werden muß.

Außerdem wüßte ich gerne ob die Sätze in der nä. Zeile weitergeführt werden oder ob da nicht jedesmal eine Seite fehlt?

Es ist außerdem ineffizient an einer Stelle länger als 30 Minuten zu grübeln, wenn man durch Durchsicht von mehr Scan-Material derselben Hand ganz schnell auf den Trichter kommen könnte.
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Re: Lateinische Handschrift entziffern: Ovids Metamorphosen

Beitragvon RM » Di 4. Aug 2015, 12:51

Penthesilea hat geschrieben:... eine Lösung für dieses (vermeintliche?) donec

Ja, könnte "donec" heißen. Etwas Ähnliches findet man im Cappelli. über dem n ist ein kleiner senkrechter Abkürzungsstrich.
Unzufrieden wäre ich aber eher noch mit dem, was zwischen "terremotum" und "quoniam volo" steht. Das scheint mir noch nicht gut gelöst zu sein, oder irre ich mich?

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Re: Lateinische Handschrift entziffern: Ovids Metamorphosen

Beitragvon Penthesilea » Mi 5. Aug 2015, 07:17

Da hast Du recht, lieber RM. Ich glaube zu lesen: "Similiter induco terremotum in (?) terrore in feris quoniam/quando volo". Klingt nach wie vor etwas gar holprig. "Auf ähnliche Weise führe ich Erdbeben in den Schrecken in Wildes, wenn ich fliege." Hm.
Was mich übrigens doch wieder verwirrt: Ich habe im Cappelli doch noch eine Abkürzung gefunden, die auf quando schliessen lässt. Sie sieht genau gleich aus, wie quoniam, also qn mit Bogen/Strich darüber. Ich erhalte heute eine weitere Handschrift - wir können dann schauen, ob diese an jener Stelle leserlicher ist. Ich plädiere deshalb wieder für quando, statt für quoniam...
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