coetus und seine Diärese.

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Re: coetus und seine Diärese.

Beitragvon Zythophilus » Do 26. Nov 2015, 17:55

Natürlich ist aen(e)us das Adjektiv zu aes, aber wenn man Georges Glauben schenken kann, dann ist es eben nicht von der Endform dieses Wortes, die wir in der Literatur finden, sondern einer früheren Stufe abgeleitet.
http://www.zeno.org/Zeno/0/Suche?q=aes&k=Bibliothek
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Re: coetus und seine Diärese.

Beitragvon Zythophilus » Do 26. Nov 2015, 18:03

Georges führt noch eine dreisilbiges aeneus für Met. VII 247 an, wo das Adjektiv gewissermaßen nachträglich an sein Grundwort angeglichen würde. Vielleicht wunderten sich ja auch manche Römer, warum man aes, aber aēnus sagte.
Ich finde an der genannten Stelle freilich alteraque (und nicht aeneaque), sodass ich annehme, dass sich die Lesart oder Konjektur nicht allgemein anerkannt ist.
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Re: coetus und seine Diärese.

Beitragvon consus » Do 26. Nov 2015, 20:39

Zythophilus hat geschrieben:Georges führt noch eine dreisilbiges aeneus für Met. VII 247 an, ...
Ob das, was der gute Georges zu Ov. met. 7, 247 sagt, stimmt, wage ich doch etwas zu bezweifeln; denn die Teubneriana von Ov. met. (Andersen 1998) spricht im textkrit. App. zur Stelle 7, 247 von aereaque; aeneaque erscheint da nicht.
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Re: coetus und seine Diärese.

Beitragvon Laptop » Do 26. Nov 2015, 21:19

Ich habe mal im ältesten Manuskript (verfaßt zw. 800 und 1200), was ich finden konnte, nachgeschaut, da steht "hereaque", was von einer mittelalterlichen Hand korrigiert wird zu "alteraque". Quelle: http://www.wdl.org/en/item/4524/view/1/87/ Linke Seite, 6. Zeile von oben. Reinzoomen nötig. Bildauschnitt: http://imgur.com/HoYkItA Der Anfangsbuchstabe mag aussehen wie ein "b", ist aber ein "h". Gemeint war wohl "aereaque".
Zuletzt geändert von Laptop am Do 26. Nov 2015, 21:49, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: coetus und seine Diärese.

Beitragvon consus » Do 26. Nov 2015, 21:38

Laptop hat geschrieben:... "hereaque"...
Wird auch im app. crit. Andersons genannt (codex Neapolitanus IV F. 3 aus dem 11./12. Jh.) und daneben noch era quoque im codex Vaticanus Urbinas 341 (11./12. Jh.), aber im 13. Jh. zu alteraque korrigiert.
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Re: coetus und seine Diärese.

Beitragvon Laptop » Do 26. Nov 2015, 21:53

@consus Guter Hinweis. Als nächsten Untersuchungsschritt würde ich versuchen nachzuvollziehen, welchen Grund die mittelalterliche Hand gehabt haben mag, diese Stelle zu "alteraque" umzudefinieren. Denn aereaque ist anscheinend metrisch wie auch inhaltlich nicht zu beanstanden.
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Re: coetus und seine Diärese.

Beitragvon Zythophilus » Do 26. Nov 2015, 23:39

Wenn es eine Änderung ist, dann ist es ist eine durchdachte. Die Verse 246 und 247 fallen durch ihre Parallelität auf. Nach dem ersten Versfuß kommt jeweils das Partizip inuergens. Dann folgt ein Adjektiv, das mit dem Genitiv (jeweils eine Flüssigkeit) am Ende des Verses übereingestimmt ist. Nach dem Adjektiv kommt in beiden Versen carchesia. In v. 247 wird auf einmal erwähnt - wenn aerea stimmt -, dass die Becher für die Milch aus Metall sind. Warum? Was tut es zur Sache? super ist m.E. eher noch als Parallele zu altera zu verstehen.
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Re: coetus und seine Diärese.

Beitragvon Laptop » Fr 27. Nov 2015, 01:52

Nachdem ich mir diesen Kommentar von Johann Christian Jahn durchgelesen habe:
» 247 Versus in Goth. 2 deest
» et in Vrat. a manu prima in
» margine tantum legitur. Erf. 1,
» Hamb. 2, Medic. 2, Neap.,
» Palat. 1, Rhen. et Urb. et edd.
» Heins., Burm., Gier., Mit.,
» Bth. et Bel.: Aeneaque. Vrat.
» et pro var. lect. Cantabr.: Ae-
» reaque. Myrt. et rell. II.: Alte-
» raque. Atque in Dresd. voc.
» carchesia addita est glossa: al-
» tera pocula. Planud.: τῇ δ’ ἑ-
» τέρᾳ. [...]

... und insbesondere das τῇ δ’ ἑτέρᾳ von Planudes, komme ich von dem Verdacht nicht los, daß ein “hetera” von seiner Lautsubstanz her betrachtet etwas mit den Schwankungen zw. altera und herea/aerea/aenea zu tun haben könnte. Es hat die Bedeutung von altera, zusätzlich hat es aber auch die lautliche Nähe zu herea/aerea/aenea.
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Re: coetus und seine Diärese.

Beitragvon ille ego qui » So 29. Nov 2015, 16:01

Q. Horatius Flaccus. Sermones (Q. Horati Flacci Opera, ed. F.
Klingner, 1959). (0893: 004)

book 2, poem 3, verse 183

in cicere atque faba bona tu perdasque lupinis,
latus ut in circo spatiere et aeneus ut stes,
nudus agris, nudus nummis, insane, paternis;
scilicet ut plausus quos fert Agrippa feras tu,
astuta ingenuum volpes imitata leonem?
Ille ego, qui quondam gracili modulatus avena
carmen et egressus silvis vicina coegi,
ut quamvis avido parerent arva colono,
gratum opus agricolis, at nunc horrentia Martis
arma virumque cano ...
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Re: coetus und seine Diärese.

Beitragvon Zythophilus » So 29. Nov 2015, 23:50

Was beweist die Horazstelle? Das Adj. aeneus wird mit seinen üblichen Quanitäten verwendet.
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Re: coetus und seine Diärese.

Beitragvon ille ego qui » So 7. Feb 2016, 20:35

ich vermute, ich hatte die schon gegebenen antworten übersehen und die anfangsfrage zu "aeneus" beantworten wollen ;-)
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