Potentialis (kondiz(t)ionale Periode)

Das Forum für professionelle Latinisten und Studenten der Lateinischen Philologie

Moderatoren: Zythophilus, marcus03, Tiberis, ille ego qui, consus, e-latein: Team

Re: Potentialis (kondiz(t)ionale Periode)

Beitragvon Tiberis » Sa 13. Feb 2016, 03:05

ille ego qui hat geschrieben:Hat jemand eine Stelle für eine rein potentiale oder auch eine gemischt real-potentiale Periode zur Hand?

Menge 561. aber nachschauen musst du schon selber. :wink:
ego sum medio quem flumine cernis,
stringentem ripas et pinguia culta secantem,
caeruleus Thybris, caelo gratissimus amnis
Benutzeravatar
Tiberis
Pater patriae
 
Beiträge: 11872
Registriert: Mi 25. Dez 2002, 20:03
Wohnort: Styria

Re: Potentialis (kondiz(t)ionale Periode)

Beitragvon Tiberis » Sa 13. Feb 2016, 03:20

Prudentius hat geschrieben:Aber bei "Wenn du kommst, freue ich mich", da ist dein Kommen nicht notwendige Bedingung, denn ich kann mich auch noch über das Kommen anderer Leute freuen;

:?
verzeih, aber dieser "logik" kann ich wirklich nicht mehr folgen.
das hieße also , umgelegt auf den satz : "wenn onkel Dagobert mir sein geld vermacht, bin ich der reichste mann der welt" , dass ich auch dann der reichste mann der welt sein würde/könnte, wenn mir die tante Mizzi ihren sparstrumpf hinterlässt?
:-o
ego sum medio quem flumine cernis,
stringentem ripas et pinguia culta secantem,
caeruleus Thybris, caelo gratissimus amnis
Benutzeravatar
Tiberis
Pater patriae
 
Beiträge: 11872
Registriert: Mi 25. Dez 2002, 20:03
Wohnort: Styria

Re: Potentialis (kondiz(t)ionale Periode)

Beitragvon marcus03 » Sa 13. Feb 2016, 09:46

Prudentius hat geschrieben:Hallo Marcus, bei deinem Beispiel bemäkle :-D ich, dass es die Wendung "sunt, qui" enthält, deren Konjunktiv man ja als konsekutiv rechnet, aber nicht als potential.


Nicht jedes sunt,qui/quae muss konsekutiven Konjunktiv zur Folge haben:

multa sunt quae ego nescire malo quam cum aliquo periculo fieri certior.(Cicero)
ex quibus sunt qui piscibus atque ovis avium vivere existimantur (Cäsar)

Faciatis muss also keine Modusangleichung sein. Es kann sich daher mMn durchaus um einen Potentialis bei beiden Konjunktiven handeln.

Fallorne ?
marcus03
Pater patriae
 
Beiträge: 11475
Registriert: Mi 30. Mai 2012, 06:57

Re: Potentialis (kondiz(t)ionale Periode)

Beitragvon medicus » Sa 13. Feb 2016, 15:53

Tiberis hat geschrieben: die tante Mizzi


Salve Tiberis, beim Lesen deiner Zeilen frage ich mich, warum "Tante Mizzi" wohl hauptsächlich in Österreich popuär ist. :?
medicus
Augustus
 
Beiträge: 6623
Registriert: Do 9. Dez 2010, 11:39

Re: Potentialis (kondiz(t)ionale Periode)

Beitragvon Prudentius » Sa 13. Feb 2016, 18:06

Tiberis hat geschrieben: ... das hieße also , umgelegt auf den satz : "wenn onkel Dagobert mir sein geld vermacht, bin ich der reichste mann der welt" , dass ich auch dann der reichste mann der welt sein würde/könnte, wenn mir die tante Mizzi ihren sparstrumpf hinterlässt?
:-o


Hallo Tiberis,
das Beispiel enthält schwer abgrenzbare Begriffe, ich möchte die Sache lieber an simplen, durchschaubaren Beispielen erläutern; die zwei Arten von Bedingung:

- Die landläufige Bedeutung sieht man bei dem Ausdruck "unter der Bedingung, dass", das kann man durch die Passwort-Situation veranschaulichen; stell dir vor, du willst eine Datei öffnen und es kommt eine Eingabeaufforderung: "Geben Sie das Passwort ein!"; du kommst nur unter der Bedingung weiter, dass du es eingibst; die Kenntnis des Passwortes ist also die notwendige Bedingung des Weiterkommens: kurz gesagt: anders geht es nicht.

- Jetzt schau mal unsere si-Sätze an: da haben wir so etwas wie "Si hoc dicis, erras", der Bedingungssatz nennt die Bedingung "Du sagst dieses"; nun gibt es aber außer "dieses (hoc)" noch viele andere Irrtümer; wieder kurz gesagt: es geht auch anders, d.h. du kannst auch irren, indem du etwas anderes als dieses sagst; dieses zu sagen nennt man also eine hinreichende, nicht notwendige Bedingung.

Für diese zweite Art nochmal ein einfaches Zahlenbeispiel: "Teiler von 8 zu sein ist eine hinreichende Bedingung, um Teiler von 24 zu sein", konditional ausgedrückt: "Wenn eine Zahl Teiler von 8 ist, ist sie auch Teiler von 24"; aber notwendig ist diese Bedingung nicht, denn es sind ja auch die Teiler von 6 Teiler von 24.

Bei deinem Beispiel: der Sparstrumpf verrät nichts über seinen Inhalt, es können ja Wertpapiere enthalten sein; bei "reichster Mann der Welt" ist zweifelhaft, ob das überhaupt ein eingrenzbarer Begriff ist, er enthält zu viele Unwägbarkiten.
Lieber Tiberis, der Ausdruck enthält einen Superlativ, wir könnten jetzt einen neuen thread aufmachen "Grammatik des Superlativs vs. Logik des Superlativs", wäre ebenso anregend und interessant wie dieser.

Hallo romane, kann das sein, dass in deiner Grammatik die Konditionale gar nicht vorkommen, oder habe ich sie nur übersehen?

:) P.
Prudentius
Senator
 
Beiträge: 3577
Registriert: Di 24. Mai 2011, 17:01

Re: Potentialis (kondiz(t)ionale Periode)

Beitragvon Tiberis » So 14. Feb 2016, 01:43

Prudentius hat geschrieben: es gibt ja zweierlei Bedingungen, notwendige und hinreichende; gewöhnlich versteht man unter Bedingung die notwendige Bedingung: "Wenn du meine Kandidatur unterstützt, gebe ich dir einen Kredit", notwendige Bedingung, im Sinne von "Nur wenn..."
Aber bei "Wenn du kommst, freue ich mich", da ist dein Kommen nicht notwendige Bedingung, denn ich kann mich auch noch über das Kommen anderer Leute freuen; Bedingung ist es nur, wenn es heißt: "Nur wenn du kommst,...".


geschätzter Prudentius,
ich sehe zwischen beiden sätzen keinen unterschied, was die art der bedingung betrifft. beide können, zumindest theoretisch, sowohl als notwendige als auch als hinreichende bedingung, wie du es nennst, aufgefasst werden.
"Wenn du meine kand. unterstützt, gebe ich dir einen kredit." > natürlich empfindet man dies als notwendige bedingung, aber dasselbe gilt ja auch für den zweiten satz (wenn du kommst...).
theoretisch wäre die kreditvergabe ja auch unter anderen umständen denkbar, genauso wie ich mich - ebenfalls theoretisch - über das kommen auch anderer leute freuen könnte.
du sagst es ja selbst: zwingend ist nur dann(!)von einer notwendigen bedingung auszugehen, wenn eben dieses "nur dann" teil der formulierung ist.
ego sum medio quem flumine cernis,
stringentem ripas et pinguia culta secantem,
caeruleus Thybris, caelo gratissimus amnis
Benutzeravatar
Tiberis
Pater patriae
 
Beiträge: 11872
Registriert: Mi 25. Dez 2002, 20:03
Wohnort: Styria

Re: Potentialis (kondiz(t)ionale Periode)

Beitragvon Prudentius » So 14. Feb 2016, 18:00

Tiberis hat geschrieben:geschätzter Prudentius,
ich sehe zwischen beiden sätzen keinen unterschied, was die art der bedingung betrifft. beide können, zumindest theoretisch, sowohl als notwendige als auch als hinreichende bedingung, wie du es nennst, aufgefasst werden.


Lieber Tiberis,
umstritten ist nur die Eigenschaft "notwendig", hinreichend sind ja beide; die Frage ist nicht, notwendig oder hinreichend, sondern hinreichend und notwendig, oder hinreichend und nicht notwendig.

Im allgemeinen Spachgebrauch versteht man Bedingung eigentlich immer als notwendige Bedingung: "Bedingungen stellen" heißt: nur dann, wenn...; in der Diplomatie: die Sanktionen können (nur) aufgehoben werden, wenn; die Fahrprüfung bestehst du unter der Bedingung..., Bedingungen sind Hürden, über die einer springen muss.
Anders bei dem Beispiel mit den Teilern von 24; "wenn eine Zahl Teiler von 8 ist, ...", aber nicht nur dann, sondern auch: "wenn eine Zahl Teiler von 6 ist,..."; also eine hinreichende, nicht notwendige Bedingung.

Für uns im L: wir sollten beachten, wenn wir sagen "Konditionalsatz = Bedingungssatz", dass bei "Bedingung" eine logische Fußangel steckt :-D .

wie du es nennst


Also diese Unterscheidung geht nicht auf mein Konto, das habe ich von den logischen basics bezogen :) .

Vllt. sollte man unterscheiden bei "wenn": "nur wenn" und "u. a. wenn": also eindeutig bei der Einladung: "Ich würde mich freuen, wenn u. a. du kämest" :-D

:) P.
Prudentius
Senator
 
Beiträge: 3577
Registriert: Di 24. Mai 2011, 17:01

Re: Potentialis (kondiz(t)ionale Periode)

Beitragvon Ioscius » Sa 20. Feb 2016, 09:23

Ein kleiner Kommentar dazu von mir: die Frage hab ich mir auch schon einmal gestellt (und hatte mir beim Lesen des Titel-Threads gedacht, du ille, könntest auch so eine Frage stellen.. Und du hast sie gestellt :D ). So Dinge kommen einem, wenn man sich zu viel mit griechischen Konditionalperioden, insb. den casus mixti befasst, wo bspw. auch ἐἄν + Optativ (in der Funktion als Potentialis) oder ein iterativ der Vergangenheit mit bzw. ohne ἀν steht.. Dann stellt man sich diese Frage, worüber überhaupt eine Wahrscheinlichkeitsaussage gemacht wird, auf das Eintreten der Bedingung an sich, oder das Eintreten des Kausalgefüges, also die Wahrscheinlichkeit, dass bei Eintritt der Protasis die Apododis eintritt... ^^
Ioscius
Censor
 
Beiträge: 735
Registriert: Di 6. Feb 2007, 20:02

Vorherige

Zurück zu Lateinische Philologie



Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 10 Gäste