Liv. 39.40.7

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Liv. 39.40.7

Beitragvon Octavia » Di 9. Feb 2016, 14:11

Hallo,

ich habe eine Frage zu folgender Stelle bei Livius (Würdigung des Cato):

"nec is tantum, cuius lingua vivo eo viguerit, monumentum eloquentiae nullum exstet". (Liv. 39,40,7)

Mir geht es eigentlich nur um das "vivo eo", was ja ein abl. abs. sein müsste, doch eo scheint mir hier auch Cato zu sein, der mit dem "cuius" schon Teil des Satzgefüges ist und der abl. abs. somit nicht "losgelöst" stünde und damit kein abl. abs. sein dürfte - oder übersehe ich hier etwas?
Sonst übersetzte ich: "und nicht (war) er nur ein solcher, dessen Zunge/Sprache zu seinen Lebzeiten in Ansehen stand, ...".

Würde mich einer aufklären? :?

Vielen Dank

Octavia
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Re: Liv. 39.40.7

Beitragvon Christophorus » Di 9. Feb 2016, 14:33

hm, der Satz klingt tatsächlich ein wenig ungelenk, aber es liegt wohl daran, dass im Nebensatz lingua das Subjekt ist und cuius sich auf Cato bezieht, man hätte vielleicht auch "cuius vivi" schreiben können, aber das klingt irgendwie genauso ungewöhnlich
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Re: Liv. 39.40.7

Beitragvon marcus03 » Di 9. Feb 2016, 14:44

Octavia hat geschrieben:was ja ein abl. abs. sein müsste

Ist ea auch.
Da lingua Subjekt des Rel.satzes ist, passt der abl. abs. problemlos rein.

und nicht nur der/ so einer, dass seine Sprache/Wort zwar zu seinen Lebzeiten in Ansehen stand, aber kein
Denkmal seiner Beredsamkeit vorhanden wäre.

http://gutenberg.spiegel.de/buch/romisc ... e-2504/142
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Re: Liv. 39.40.7

Beitragvon Octavia » Di 9. Feb 2016, 15:11

Hm, ich habe es so gelernt, dass sich der abl. abs. auf kein Satzglied - also keine Beschränkung auf das Subjekt - des übrigen Satzgefüges beziehen darf und das eo bezöge sich ja hier auf das cuius. Oder zählen Relativpronomina hier nicht, sondern nur Subjekte und Objekte?

Vielen Dank schon mal :)
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Re: Liv. 39.40.7

Beitragvon marcus03 » Di 9. Feb 2016, 15:46

Im nicht klassischen Latein z.B. bei Sueton kann der abl. abs. anstelle eines PC vorkommen.

https://books.google.de/books?id=pxJbtd ... te&f=false

Aber hier hat der abl. abs. ein anderes Subjekt (eo) als er Rel.satz (lingua), auch wenn ein inhaltlicher Zusammenhang zwischen den Subjekten besteht. Rein formal ist nichts zu beanstanden.
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Re: Liv. 39.40.7

Beitragvon Octavia » Di 9. Feb 2016, 16:19

Danke :)
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Re: Liv. 39.40.7

Beitragvon ille ego qui » Di 9. Feb 2016, 17:47

Salve, Octavia :-)

beispiele für den "verbotenen" abl. abs. auch bei den klassischen autoren. und: "cuius" ist ja nicht einmal ein eigenes satzglied, sondern hängt nur von einem ab - da ist es dann noch einmal deutlich unproblematischer.

vale.
Ille ego, qui quondam gracili modulatus avena
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Re: Liv. 39.40.7

Beitragvon Octavia » Di 9. Feb 2016, 17:53

Salve :-D Und Dankeschön :)
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Re: Liv. 39.40.7

Beitragvon Octavia » Di 9. Feb 2016, 21:33

Aber schräg klingt es trotzdem und so gar nicht nach Cicero-Latein :smile:
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Re: Liv. 39.40.7

Beitragvon ille ego qui » Di 9. Feb 2016, 23:46

die unmittelbare alternative wäre ja "cuius vivi ..."
das würde ich dreimal nicht schreiben ;-)
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Re: Liv. 39.40.7

Beitragvon Prudentius » Mi 10. Feb 2016, 16:34

Octavia hat geschrieben:... ich habe es so gelernt, dass sich der abl. abs. auf kein Satzglied ... des übrigen Satzgefüges beziehen darf.


Du musst das mehr als eine Übersetzung und Erklärung von "absolutus" verstehen, es ist eigentlich nicht direkt eine Grammatikregel. Es soll den Gegensatz zu "conjunctum" von Participium conjunctum ausdrücken. Also du kannst lernen: so eine Regel hat eine gewisse Knautschzone :-D .
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Re: Liv. 39.40.7

Beitragvon Octavia » Mi 10. Feb 2016, 19:13

Vielen Dank, Prudentius.
Ich habe mir den Satz sicherheitshalber in meine Notizen zum abl. abs. niedergeschrieben unter "schräge" bzw. "knautschige" Beispiele :-D
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Re: Liv. 39.40.7

Beitragvon marcus03 » Mi 10. Feb 2016, 20:24

Octavia hat geschrieben: zum abl. abs. niedergeschrieben unter "schräge" bzw. "knautschige" Beispiele


Die Manes von Livius werden dich bald heimsuchen. Fehlt nur noch, dass du ihn selbst zum schrägen Vogel erklärst.
Dafür würde er dir sicher den Vogel zeigen und vllt. sagen: Me vivo talia numquam dicere ausus esset. ;-)
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Re: Liv. 39.40.7

Beitragvon Medicus domesticus » Mi 10. Feb 2016, 20:55

marcus03 hat geschrieben:...Dafür würde er dir sicher den Vogel zeigen und vllt. sagen: Me vivo talia numquam dicere ausus esset. ;-)

..oder die 142 Bücher zeigen, die er geschrieben hat, von denen nur ein kleiner Teil erhalten ist. Eine extreme Leistung, die man einfach anerkennen muß :!: :book:
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Re: Liv. 39.40.7

Beitragvon marcus03 » Mi 10. Feb 2016, 21:13

Medicus domesticus hat geschrieben:Eine extreme Leistung, die man einfach anerkennen muß


Vor allem auch die seines wohl großen Mitarbeiterstabes. Allein kann er das unmöglich geschafft haben. :)
Man denke nur an die riesige Schreibarbeit ohne Schreibmaschine oder Laptop. ;-)
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