Periodus, Colon und Comma.

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Periodus, Colon und Comma.

Beitragvon Laptop » Di 26. Apr 2016, 01:29

Salvete! Von der früheren Satzgliederung in Periodus, Colon und Comma, ist man in der Neuzeit abgekommen, warum eigentlich? Liegt es daran, daß sie zu vage und ungenau sind? Oder liegt es an der Bedeutungsverschiebung hin zu den Satzzeichen (Satzpunkt, Semikolon, Komma), so daß man Mißverständnisse vermeiden wollte und deshalb die alten Bedeutungen "ruhen" lässt und nicht mehr "anfasst"?

So ganz habe ich die alten Termini auch noch nicht begriffen. "Periodus" vermute ich als das was gewöhnlich mit einem Satzpunkt (engl. period) abgetrennt wird oder zumindest abgetrennt werden kann, letztlich nichts anderes als ein "Satz". "Colon" verstehe ich entsprechend als Teilsatz, also das was vor dem Nebensatz steht, oder der Nebensatz selbst. "Comma" verstehe ich als ein Teil vom Teilsatz. So ganz sicher bin ich mir aber nicht ... :?
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Re: Periodus, Colon und Comma.

Beitragvon Prudentius » Di 26. Apr 2016, 16:04

Salve,

über diese Fragen kann man sich bei Heinrich Lausberg schlau machen, "Elemente der literarischen Rhetorik", umfangreicher auch "Handbuch der...".

Es sind Termini aus der gr. Rhetorik, periodos, Kreis- oder Umlauf, Rückkehr an den Ausgangsort, das Subjekt erzeugt eine Spannung, und das Prädikat löst die Spannung.

Kolon und komma sind nicht genau abgegrenzt, aber das kolon ist ein "Glied" oder Organ, wie "Bein", also etwas teilweise Selbständiges, während komma ein Abgeschnittenes ist, Unterschenkel, von gr. kopto schlagen, abtrennen, wie bei Apo-kope und Syn-kope in der Linguistik.

So recht brauchbar ist diese Dreiteilung nicht, aber wir sprechen von der l. Satzperiode, und Komma haben wir als Satzzeichen, und Kolon ist halbiert worden zu einem Semi-.

Es ist ganz interessant, einmal einen Blick auf die Bewertung der Rhetorik in der Antike zu werfen, sie war ja die führende geistige Disziplin, rivalisierte in Athen mit der Philosophie, neben Platon war Isokrates berühmt, er bot ein ganzes Bildungsprogramm, mit praktischer Ausrichtung auf die Redner- und Politikerlaufbahn; Platon hat ihn nie erwähnt; die Rhetorik hat die Erforschung der Wahrheit den Göttern (und Philosophen) überlassen und sie in kleiner Münze als "Wahrscheinlichkeit" unter das Volk gebracht, und begnügte sich mit dem "Plausiblen".

Abgewertet wurde die Rhetorik v.a. in der d. Geistesgeschichte, in Klassik und Romantik, als man das "Erlebnisgedicht" und das Geniedenken kultivierte, im Gegensatz zu der bis dahin geschätzten rhetorischen Dichtung.
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Re: Periodus, Colon und Comma.

Beitragvon Laptop » Di 26. Apr 2016, 22:44

... freue mich über Deinen Beitrag Prudentius. So wie ich das verstehe gab es nie eine scharf ausformulierte Definition und Abgrenzung zw. Colon und Comma. Dann ist es auch nicht so verwunderlich, daß diese Fachtermini aufgegeben wurden. Andrerseits kann es auch sein, daß man die Unterscheidung durch Erfahrung gefühlshaft erlernt hat, und es gar nicht soviel Möglichkeiten zur Verwechslung gab, wie man denken könnte.
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