Hexamter Aeneis 5, 239

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Re: Hexamter Aeneis 5, 239

Beitragvon Zythophilus » Fr 26. Aug 2016, 15:37

Dass jemand - vielleicht war ich es - ähnliches hier im Forum schon geschrieben hat, ist durchaus möglich.
Es dauert seine Zeit, bis sich der "Groove" des Hexameters einstellt, aber wenn man sich intensiv damit beschäftigt, gar nicht so lange. Das Skandieren, also das Bestimmen der einzelnen Silben im Vers sollte mittlerweile klappen. Die möglichen Positionen der Zäsuren sollten ebenfalls klar sein. Hier kommen auch inhaltliche Aspekte ins Spiel, weil Zusammengehörendes, das auch nebeneinander steht, nicht getrennt wird, also Substantiv und Adjektiv, Prädikat und Subjekt oder Objekt u.ä. Dadurch ergeben sich an sinnvollen Stellen die nötigen Atempausen, die nicht zwangsläufig am Schluss des Verses sind, und außerdem wird so das Verständnis beim Zuhörer gefördert. Gewisses Verständnis beim Rezitierenden ist natürlich Voraussetzung.
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Re: Hexamter Aeneis 5, 239

Beitragvon Prudentius » Fr 26. Aug 2016, 16:00

publiovidius hat geschrieben: Im Griechischen gilt ... das "Gesetz der wachsenden Glieder". Ob das im Lateinischen auch so ist (vor allem im Hexameter), weiß ich nicht.


Bei Horaz geht es gleich am Anfang damit los:
"(1) Maecenas,
(2) atavis edite regibus,
(3)o et praesidium et dulce decus meum".

"Glottisschlag", so schockierend muss man sich nicht ausdrücken, reimt sich auf Keulenschlag; sag lieber "Stimmansatz, -absatz, oder -einsatz"!
Uns fehlt dafür ein Buchstabe, das Alphabet braucht ja nicht phonetisch vollständig zu sein; aber manchmal wüsste man schon gern, ob "Bein-haltung" oder "Be-inhaltung" gemeint ist; bei "Neckarsulm" denkt mancher an "des Neckars Ulm", bes. wenn einem das Flüsschen Sulm nicht bekannt ist. Der Mangel kommt erst zum Bewusstsein, wenn man den Buchstaben hamza im Arab. kennenlernt.
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Re: Hexamter Aeneis 5, 239

Beitragvon Zythophilus » Fr 26. Aug 2016, 16:43

Das habe ich ja übersehen:
marcus03 hat geschrieben:Zythophilisches ... als Hördatei

Für Consus und Tiberis kann ich nicht sprechen, aber in meinem Fall halte ich mich an die Empfehlung, dass Autoren nicht unbedingt ihre Werke vortragen sollten. Natürlich schaffe ich es, lateinische Verse für den Hausgebrauch ganz passabel zu lesen, aber für den Vortrag gibt's Berufenere als mich.
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Re: Hexamter Aeneis 5, 239

Beitragvon marcus03 » Fr 26. Aug 2016, 17:15

Zythophilus hat geschrieben: Natürlich schaffe ich es, lateinische Verse für den Hausgebrauch ganz passabel zu lesen,

Damit wären wir schon vollauf zufrieden. Allein deine Stimme zu hören wäre gewiss ein Genuss. :)
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Unselig wär' sterbend ich einst verloren,
ohn' dein Gedicht in Hand und Ohren.
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Re: Hexamter Aeneis 5, 239

Beitragvon publiovidius » Fr 26. Aug 2016, 18:02

Tut mir leid, lieber prudentius, aber ich bleib' beim Glottisschlag :D. (https://de.wikipedia.org/wiki/Stimmlose ... ler_Plosiv). Hat schon meine Gesanglehrerin so gesagt. Das lässt sich nicht mehr ändern.
:verfolgt:

PS: Der Verweis auf die Horazstelle ist sehr hilfreich, vielen Dank. Man müsste jetzt nur wissen, ob das durchaus eine Art Gestaltungsprinzip (oder zumindest ein Anhaltspunkt) ist.
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Beitragvon Willimox » Fr 26. Aug 2016, 18:32

marcus03 hat geschrieben:
iurisconsultus hat geschrieben:weil ich den "Groove" beim Lesen eines Hexameter (noch) nicht verspüre.

Tipp (....)


Tipps für native Groove:

(a) Metrik/Rhythmus

Ein bisschen auf die Hebungen - hier minimal in letzter Verszeile - achten und den Jambus durchhalten, die Doppelsenkung vermeiden:
;-)

Wohlan, lass etwas von dir ren!
Das eine kann ich dir schon schwören:
Nie mehr musst Gerstensaft du kaufen,
allein in (den) Bons wirst du ersaufen.

(b) Metaphorik

Allein in Bons ersaufen ist eine etwas holpernde Metapher, da "ersaufen" ja implizieren kann - ja gut, es ist eine verblasste Metapher -, der Coupon-Genuss, der doch gewiss kein rechter Genuss ist, setze den Endpunkt und das Einlösen der Bons verfalle also. Und/Aber das eigentliche Anliegen von marcus03, es sollte unbedingt gehört werden,
was da bei Zytho (Consus, Tiberis) Helles und Lichtes singt und swingt
:hail:
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Re: Hexamter Aeneis 5, 239

Beitragvon marcus03 » Fr 26. Aug 2016, 19:16

Willimox hat geschrieben:der Coupon-Genuss, der doch gewiss kein rechter Genuss


Ellipse= die eingelösten und "materialisierten" Bons.
oder:
Bon= abstractum pro concreto (Metonymie) : Bon = sofort abrufbares und konsumierbares Bier ;-)

Doch nun sei Schluss, lieber Willimox,
längst rufet schon die (Gummi)Box. :lol:

Willimox hat geschrieben:Und/Aber das eigentliche Anliegen von marcus03, es sollte unbedingt gehört werden,


Herr (Z.) erhöre das Gebet und erlöse uns durch den Klang deiner distichischen Worte!
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Re: Hexamter Aeneis 5, 239

Beitragvon Willimox » Fr 26. Aug 2016, 20:19

Die Ellipse haut nicht so recht hin. Und wenn doch, dann ist "in Bier ersaufen" nicht schön und genussreich. Bei "lieber Willimox" ersetze aus groove-grründen "lieber" durch "o". :)
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Re: Hexamter Aeneis 5, 239

Beitragvon marcus03 » Fr 26. Aug 2016, 20:45

Ich rudere im Biersee zurück und lasse unseren genialen Poeten dann doch lieber in einem Meer aus Coupons schwimmen in der Hoffnung, dass er an selbigen nicht erstickt, sondern, motiviert von der Vorstellung ihrer weltweiten Einlösbarkeit, schnell ans Ufer schwimmt und zum Poetenstammtisch aufbricht, um diesen an seinem Glück teilhaben zu lassen in Form von bon-finanzierten, zu schmeißenden Endlos-Runden. :lol:

Ist die Ellips' auch allzu sehr misslungen,
am Stammtisch wird erst recht und laut gesungen. :D
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