Hexamter Aeneis 5, 239

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Re: Hexamter Aeneis 5, 239

Beitragvon iurisconsultus » Mi 17. Aug 2016, 16:01

romane hat geschrieben:Die EDV bietet an

Hallo romane, welche "EDV" verwendest du denn?
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Diphthong yi

Beitragvon consus » Mi 17. Aug 2016, 16:11

Salve iterum, Iurisconsulte!
Einige Angaben zum Diphthong yi im Kühner-Holzweissig, § 7, 3c, S. 48, wo yi mit frz. ui in pluie verglichen wird (Im OLD steht im Lemma Orithyia ein Bogen über yi).
Zuletzt geändert von consus am Mi 17. Aug 2016, 16:15, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Hexamter Aeneis 5, 239

Beitragvon Sokrates » Mi 17. Aug 2016, 16:15

Salvete,

gr. Ὠρείθυια schließt langes "Y" aus, wie consus jetzt zitiert, war es dann doch ein Diphthong, der offenbar vereinfacht wurde (nicht im Schriftbild).
Die EDV verstehe ich nicht ganz, wäre denn nicht Hiat möglich?

LG,
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Re: Hexamter Aeneis 5, 239

Beitragvon Zythophilus » Mi 17. Aug 2016, 16:21

Ab und zu muss eben auch ein versus spondiacus dabei sein. Interessant, dass auch Ovid (Met. VI 683) einen solchen Vers mit diesem Wort am Schluss bildet.
Hier kommt man nur weiter, wenn man die Quantitäten kennt (bzw. im Wörterbuch nachsieht) oder das griech. Wort (Ὠρείθυια) vor sich hat. Mit dem Wissen darum und der Regel, dass die vorletzte Silbe eines Hexameters lang sein muss, ergibt es sich, dass yi ein Diphthong und damit auch lang ist.
Georges kennzeichnet den Diphthong übrigens durch Unterstreichen: Ōrīthyia
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Orithyia

Beitragvon consus » Mi 17. Aug 2016, 16:26

Addendum.
Im von Medicus domesticus erwähnten Quicherat* lesen wir:
Ōrīthyīă

was wohl so zu verstehen ist, dass yī hier den Diphthong yi bezeichnen soll.
_______________________________________________________________________________________
* In meiner gedruckten Ausgabe, Hildesheim 1967 (reprographischer Nachdruck der 31. Ausgabe, Paris 1922).
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Re: Hexamter Aeneis 5, 239

Beitragvon Zythophilus » Mi 17. Aug 2016, 16:28

Die EDV scheitert übrigens generell daran, dass sie diesen speziellen Diphthong nicht als solchen erkennt. Daher kommt bei allen vier Versuchen ein Schluss heraus, der nicht zu einem Hexameter passt.
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Re: Hexamter Aeneis 5, 239

Beitragvon Sokrates » Mi 17. Aug 2016, 16:36

RIX, Hist. Gramm. des Griechischen, S.47 beschreibt den υι als Kurzdiphthong, der sekundär entstanden ist und attisch schnell monophthongiert wurde, das i urspr. wohl wirklich -jj- realisiert, da sonst Schwund des intervokalischen i als Halbvokal. LHS, S. 78 konstatieren vor der Monophthongierung auch ein antevokalisches yi als Diphthong, sie sehen z.B. in Enn. agea (lange e, langes a) das e aus oe < ui entwickelt.
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Re: Hexamter Aeneis 5, 239

Beitragvon iurisconsultus » Mi 17. Aug 2016, 16:46

Erneut herzlichen Dank euch allen. So genau hättet ihr es für mich gar nicht nachschlagen und einrücken müssen.

Ich hätte jedenfalls nicht gedacht, dass auch die lateinische Phonetik bisweilen beträchtliche artikulatorische Fähigkeiten voraussetzt. :lol:

Für mich ist im Wesentlichen folgende Schlussfolgerung wichtig:

Ein Bogen über zwei Graphemen bzw ein Strich darunter signalisiert ein Diphthong. Das gilt auch für das bereits früher erwähnte "Phēge͡us" (PONS).

Ist das so korrekt? (dann halte ich die Auszeichnung im Lewis & Short für leicht irreführend)
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Re: Hexamter Aeneis 5, 239

Beitragvon romane » Mi 17. Aug 2016, 16:53

iurisconsultus hat geschrieben:
romane hat geschrieben:Die EDV bietet an

Hallo romane, welche "EDV" verwendest du denn?

HEXAMAT - aber eben nur EDV
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Re: Hexamter Aeneis 5, 239

Beitragvon Sokrates » Mi 17. Aug 2016, 16:56

Der Bogen ( auch unten) kann auch für Synizese stehen, was nicht unbedingt dasselbe wie ein Diphth. ist.
Wenn das e lang ist (wie in deinem Beispiel der verkürzten Form Phegeus), dann wird es selbst als ä gesprochen und bildet keinen Diphth., bei Wörtern mit kurzem e+u (Kurzdiphthong) Aussprache als ("äu", nicht "oi")
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Re: Hexamter Aeneis 5, 239

Beitragvon Zythophilus » Mi 17. Aug 2016, 17:58

Ich sehe keinen zu großen Unterschied zw. Synizese und Diphthong. Jedenfalls war das nicht die Entscheidung eines Vergil oder Ovid, sondern schon in der Ilias (18,48) wird die Kombination υι als eine lange Silbe gezählt: Μαῖρα καὶ Ὠρείθυια ἐϋπλόκαμός τ' Ἀμάθεια
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Re: Hexamter Aeneis 5, 239

Beitragvon marcus03 » Mi 17. Aug 2016, 18:06

Bitte die Auflösung nicht vergessen. ;-) Mich interessiert mittlerweile brennend, wie der Vers richtig skandiert aussieht.
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Re: Hexamter Aeneis 5, 239

Beitragvon iurisconsultus » Mi 17. Aug 2016, 18:15

Da mich niemand korrigiert hat, habe ich die Hoffnung, dass meine Skandierung stimmt. :D
iurisconsultus hat geschrieben:_ V V / _ _ / _ V V / _ V V / _ _ / _ V
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Beitragvon consus » Mi 17. Aug 2016, 18:46

iurisconsultus hat geschrieben:Da mich niemand korrigiert hat, habe ich die Hoffnung, dass meine Skandierung stimmt.
_ V V / _ _ / _ V V / _ V V / _ _ / _ V

Spes te non fallit!
:thumbup:
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Re: Hexamter Aeneis 5, 239

Beitragvon marcus03 » Mi 17. Aug 2016, 18:49

Wann wechselt du den Beruf, mi iurisconsulte optime? ;-) Wann verfasst du dein erstes Distychon? :klatsch:
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