Stilmittel Anastrophe

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Stilmittel Anastrophe

Beitragvon Sternenkind » Mo 13. Mär 2017, 20:33

Guten Abend,

Hier ein Auszug aus Lukrez' Werk:
.... Ne mea dona tibi studio disposta fideli,
intellecta prius quam sint, contempta relinquas

-> intellecta prius sint ist eine Anastrophe, oder? (statt prius quam intellecta sint)

Danke
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Re: Stilmittel Anastrophe

Beitragvon Zythophilus » Mo 13. Mär 2017, 22:29

Gerade in der Dichtung ist die Wortstellung noch freier. Daher kann man hier m.E. nicht von einer Anastrophe sprechen.
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Re: Stilmittel Anastrophe

Beitragvon Sternenkind » Di 14. Mär 2017, 07:08

Hmmm, ok, aber dann könnte man ja auch in der Dichtung von keinem Hyperbaton sprechen, oder?
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Re: Stilmittel Anastrophe

Beitragvon Zythophilus » Di 14. Mär 2017, 17:24

Bei der Anastrophe geht es darum, dass zwei auf einander folgende Wörter ihre "normalen" Plätze vertauschen. priusquam leitet den Gliedsatz ein; so eine Konjunktion steht in der Prosa sehr oft, aber keineswegs immer an der ersten Stelle und kann besonders in der Dichtung an jeder Stelle bis auf die letzte stehen.
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Re: Stilmittel Anastrophe

Beitragvon Prudentius » Di 14. Mär 2017, 17:31

Der Dichter nutzt die Dynamik des Versrhythmus', indem er die beiden gewichtigen Partizipien an die Spitze der beiden Versabschnitte setzt; dazu muss er das "intellecta" vor die Konjunktion ziehen, das ist schon eine ziemliche Verletzung des gewöhnlichen usus, es bewirkt eine starke Hervorhebung des Wortes; ich würde das gelten lassen als Anastrophe; man könnte auch von Antithese der beiden Partizipien sprechen.

Der Satz lässt inhaltlich den pädagogischen Zeigefinger erkennen :-D , Lukrez schreibt ja ein Lehrgedicht.
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